Donnerstag, 21. November 2013

Waldig







Diesem Grünspecht ging es im Wald ganz schlecht! 
Unter anderem fielen ihm Fichtennadeln auf den Kopf! 
Verzweifelt stochert er jetzt im Rasen herum.



Der neue  Waldschadensbericht ist da, vermeldet der Deutschlandfunk. Heute heißt er weniger dramatisch “Waldzustandserhebung”. Aber sonst ist alles beim alten:

“Klimawandel bedroht die deutschen Wälder” (DLF 21.11.13)

Offenbar voller Vorahnung und zu einem Artikel zum “Waldsterben” in den 80ern, „Die Natur der Hysterie“ von Marcus Jauer (F.A.Z. vom 18.10.13), schrieb Landwirt Fritz Führ, Mitglied der Akademie der Wissenschaften NRW, einen schönen Leserbrief:

Der Wald präsentierte sich in herrlichem Grün

… Ich erinnere mich noch gut an die Auftaktveranstaltung 1983 zur BMFT-Förderung (Bundesministerium für Forschung und Technologie) in Karlsruhe und die anschließende Exkursion in den Schwarzwald: Anstelle der schwarzen Stangen präsentierte sich der Wald in herrlichem Grün. Trotzdem drangen besonnene Stimmen wie die der Professoren Otto Kandler und Karl-Eugen Rehfuess aus München und Hermann Kick aus Bonn nur sehr verhalten an die Öffentlichkeit. Zu laut und apodiktisch wurde der sterbende Wald, dargestellt mit entsprechenden Bildern, präsentiert und damit die „German Angst“ bedient. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt honorierte diese Stimmung auch noch mit dem Umweltpreis.

Ab 1983 finanzierte das BMFT eine umfangreiche Forschung an ausgewählten Standorten von den Alpen bis an die Küste, und bereits 1984 wurden auf dem ersten Statusseminar in Göttingen herausgestellt, dass nicht der Schwefel, sondern der Stickstoff eine der wesentlichen Ursachen für Nährstoffungleichgewichte an den verschiedenen Standorten ist. Darüber hinaus ergeben sich sehr verschiedene Nährstoffsituationen mit zum Beispiel Kalimangel oder Magnesiummangel, wie an Standorten im Schwarzwald oder im Fichtelgebirge festgestellt wurde. 

In der Landwirtschaft werden Nährstoffungleichgewichte in den Böden durch gezielte Düngung ausgeglichen. Im Wald war Stickstoff als Hauptnährstoff immer der begrenzende Faktor. Durch Stickstoffeinträge in die Waldökosysteme hat sich aber die Situation seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts deutlich verbessert, so dass sich der Holzertrag je Hektar Fläche bis Ende der achtziger Jahre um etwa dreißig Prozent erhöht hat. Dazu hat nicht nur der Ammoniakeintrag aus der Landwirtschaft in angrenzende Waldgebiete, sondern auch der Stickoxideintrag aus fernen Quellen beigetragen. Drei meiner Doktoranden haben in interdisziplinären Forschungsansätzen überzeugend nachgewiesen, dass Pflanzen Stickoxide direkt aufnehmen und verwerten.

Der Baum, so habe ich es in einer Pressediskussion mit Minister Riesenhuber erklärt, muss mit den Ressourcen auskommen, die er am Standort vorfindet. Bei anhaltender Trockenheit kann zum Beispiel die Fichte nicht wie der Staat bei Haushaltsdefiziten „neue Schulden“ machen. Sie signalisiert ihren „Rentnern“, den sieben Jahre alten Nadeln, dass sie von der Wasserzufuhr abgeschaltet werden und ihre gespeicherten Nährstoffe mit Ausnahme von Bor und Kalzium remobilisiert im lebenden Transportsystem der Pflanzen, dem Phloem, als „Bafög“ in die „Jugend“, sprich: Blätter und Neuaustriebe, geschickt werden. Daraufhin vergilbt dieser 7. Nadeljahrgang, fällt ab und erfüllt damit die Schadensstufe 1 (10 bis 25 Prozent Nadelverlust). 

Der Waldschadensbeirat der Bundesregierung hat stets betont, dass dieses Gelbe-Blätter-Zählen keine Bestimmung von Schadensstufen, sondern nur eine blitzlichtartige Beschreibung des Zustands ist. In gleicher Weise hat dieser Beirat in seinem Gutachten 1989 festgestellt, dass ein großer Teil der Waldschäden durch natürliche Ereignisse wie beispielsweise Wildschäden und durch Pflanzenkrankheiten verursacht wird. Interessanterweise gab es an den Forstfakultäten bis in die achtziger Jahre keinen Lehrstuhl für Phytomedizin.

Als wissenschaftlicher Leiter der Projektträgerschaft Ökologie des BMFT habe ich am Ende der umfangreichen Förderprogramme mit weit über hundert Einzelvorhaben festgestellt, dass speziell durch die Einbindung vieler benachbarter Disziplinen unser Wissen über die Ökosysteme des Waldes deutlich erweitert wurde. Dazu beigetragen hat besonders ein Gutachterkreis, der den Projektträger und die Projektnehmer durch seine kompetente Beratung begleitet hat.”
Professor Dr. Fritz Führ, Jülich / LB 6.11.13 FAZ