Freitag, 1. März 2019

Sehr richtig, Herr Hebel!

Summa, es ist besser, wenn am St. Stephanstag (26.12.) die Bäume treiben, als wenn am St. Johannistag (24.6.) Eiszapfen daran hängen.
"Warme Winter (1808)
Der warme Winter von dem Jahr 1806 auf das Jahr 1807 hat viel Verwunderung erregt, und den armen Leuten wohlgetan; und der und jener, der jetzt noch fröhlich in den Knabenschuhen herumspringt, wird in sechzig Jahren einmal als alter Mann auf den Ofenbank sitzen, und seinen Enkeln erzählen, daß er auch einmal gewesen sei, wie sie, und daß man Anno 6, als der Franzos in Polen war, zwischen Weihnacht und Neujahr Erdbeeren gegessen und Veielein gebrochen habe. Solche Zeiten sind selten, aber nicht unerhört, und man zählt in den alten Chroniken seit 700 Jahren 28 dergleichen Jahrgänge.
Im Jahr 1289, wo man von uns noch nichts wußte, war es so warm, daß die Jungfrauen um Weihnacht und am Dreikönigtag Kränze von Veilchen, Kornblumen und andern trugen.
Im Jahr 1420 war der Winter und das Frühjahr so gelind, daß im März die Bäume schon verblüheten. Im April hatte man schon zeitige Kirschen, und der Weinstock blühte. Im Mai gab es schon ziemliche Traubenbeerlein. Davon konnten wir im Frühjahr 1807 nichts rühmen.
Im Winter 1538 konnten sich auch die Mädchen und Knaben im Grünen küssen, wenn's nur mit Ehren geschehen ist; denn die Wärme war so außerordentlich, daß um Weihnacht alle Blumen blühten.
Im ersten Monat des Jahrs 1572 schlugen die Bäume aus, und im Februar brüteten die Vögel.
Im Jahr 1585 stand am Ostertag das Korn in den Ähren.
Im Jahr 1617 und 1659 waren schon im Jänner die Lerchen und die Trosteln lustig.
Im Jahr 1722 hörte man im Jänner schon wieder auf, die Stuben einzuheizen.
Der letzte, ungewöhnlich warme Winter, war im Jahr 1748.
Summa, es ist besser, wenn am St. Stephanstag die Bäume treiben, als wenn am
St. Johannistag Eiszapfen daran hängen."
Johann Peter Hebel (1760-1826), Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes, S. 271f.

St. Stephan: 26.12. St. Johannis: 24.6.




















Christliche Zerstörungswut


Spätantike Buchillustration: Der christliche Barbar Theophilos triumphiert auf der von ihm zerstörten Bibliothek SERAPEION, einer Tochter der großen Bibliothek von Alexandria. (Quelle: Wikip.)




Wer schreibt, der bleibt. Daher schreibt so mancher. Aber was dann tatsächlich mit dem Geschriebenen passiert, liegt allein in der Hand der Späteren. Allerdings spielt auch der Zufall eine Rolle, etwa Brände. Die große Bibliothek von Alexandria wurde allerdings nicht von Caesar zerstört, wie später vermutet wurde, sondern verfiel wahrscheinlich mit der griechischen Kultur. Eine Tochterbibliothek allerdings wurde offenbar von den Christen zerstört:
Im Jahr 391 ordnete der damalige Patriarch von Alexandria, Theophilos, die Zerstörung des Serapeions an, das zu einem Zentrum der paganen Kulte und Gelehrsamkeit geworden war. Der vorhergehende Konflikt und vermutlich auch die Zerstörung selbst wurden von blutigen Ausschreitungen und Plünderungen begleitet. An der Stelle des Tempels ließ Theophilos eine christliche Kirche erbauen.”
Die totalitäre Gesinnung wirkte sich auch auf die Weitergabe durch Kopieren aus, indem die Mönche nur die Texte kopierten, die ihnen zusagten, weswegen Platon heute in zahlreichen Abschriften präsent ist, ein Archimedes, Epikur oder Protagoras aber nicht.
Sehr bedauerlich.









SCHUBERT - Impromptu n°3 (Horowitz)