Mittwoch, 24. April 2019
Noch ein römischer Kaiser neben Ostrom
Lobschrift auf Karl in Mittellatein: Einhard, Vita Karoli aus der Handschrift Paris, BnF, Latin 5927 fol. 280v, Abbaye Saint-Martial de Limoges, ca. 1050 (Wikip.)
Zwei Dinge vor allem trieben Karl d. Gr.: die Anmaßung von Wissen über die Endzeit, und natürlich seine Machtausweitung. In Rom überlappte sich beides, als sich Karl in Rom vom Papst zum Kaiser, zum römischen Kaiser krönen ließ. Damit machte er nominell Anspruch auf das Erbe des antiken Roms, ohne diesen Anspruch einlösen zu können. Vielmehr trieb ihn hauptsächlich der Ehrgeiz, ein Großer der Geschichte zu sein, ein Cäsar und Augustus im Dienste einer legitimierenden höheren Macht. Geschichtliches Denken in der Nachfolge von Herodot und Thukydides lag dem Christentum fern, allzeit winkte das Ende der Zeit. Geschichtsschreibung im Mittelalter war Herrscherlob, wie Einhards “Leben Karls des Großen”. Wie das römische Reich untergegangen war, beschäftigte erst spätere Historiographen in der Aufklärung wie Edward Gibbons mit seiner “Geschichte des Niedergangs und des Falls des römischen Reiches”. Karl hätte Stoff zur Reflektion gehabt über die Instabilität seines Reiches, aber die fixe Idee vom nahen Ende der Welt überschattete sein Denken.
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