Der Gastgeber von Dschidda
Ali al Naimi ist der wichtigste Ölminister in der Geschichte Saudi-Arabiens
Für die Energiewirtschaft ist der kleine drahtige Mann das, was der Vorsitzende der amerikanischen Notenbank für die Finanzmärkte ist: Das Wort von jedem der beiden hat mehr Gewicht als das von allen anderen Wirtschaftslenkern. Ali al Naimi ist sich dieser großen Verantwortung bewusst, und aufgrund seines Umgangs mit dieser Last wurde er zum wichtigsten saudischen Ölminister überhaupt. Die Legende Zaki Yamani ist neben dem Talent Naimis längst verblasst. Bei jedem Wort muss er die Reaktionen von Tokio bis New York antizipieren, und er weiß, was er zu sagen hat, damit sich die Märkte so verhalten, wie er es sich wünscht.
Als er 1995 Ölminister wurde, war die Opec von fiebrigen Krisen geschüttelt. Keiner der Mitglieder des Kartells hielt sich an die Förderquoten, Politik war den Mitgliedsstaaten wichtiger als Sachkenntnis. Da machte Naimi sein Gesellenstück. Er disziplinierte die Opec und schloss kategorisch aus, Öl je wieder als Waffe einzusetzen. Dann purzelte nach der Asienkrise der Ölpreis unter 10 Dollar. Naimi schuf bei Verbrauchern wie Produzenten nun die Einsicht, dass ein Ölpreis zwischen 22 und 28 Dollar allen nutze. Viele Jahre gelang ihm die Stabilisierung innerhalb dieses Preisbands, beispielsweise mit Hilfe des von ihm eingefädelten Dialogs zwischen Verbrauchern und Produzenten. Stabilisierung des Markts lautet bis heute sein Ceterum censeo, und bei jeder Krise gab er bekannt, dass Saudi-Arabien seine Ölförderung zur Stabilisierung des Ölpreises ausweite.
Nun erwartet die Welt von ihm weit mehr als ein Meisterstück: eine Senkung des Ölpreises auf ein Niveau, das der Weltwirtschaft nicht schadet. Das kann auch er nicht leisten. Bei der Konferenz von Dschidda aber wollte er Optimismus verbreiten. Eher enttäuscht hatten die Teilnehmer auf die Rede von König Abdullah reagiert, der sich nicht auf Zahlen festlegen lassen wollte. Der Psychologe Naimi griff ein und lieferte Zahlen. Saudi-Arabien baue seine Förderkapazitäten bis Anfang 2010 mit Investitionen in fünf Ölfelder um 2,5 Millionen Fass am Tag aus, verkündete er. Da bis zu jenem Termin die Produktion in einigen Feldern aber nachlassen wird, steigt die Förderkapazität nur von 11,3 Millionen auf 12,5 Millionen Barrel. Aktuell produziert die Aramco 9,5 Millionen Barrel. Als Ölminister ist Naimi auch ihr Vorstandvorsitzender.
Wer ihm begegnet, der legt Dünkel ab. Naimi wurde 1935, als noch kein Öl sprudelte, im Osten Saudi-Arabiens als Sohn einer einfachen schiitischen Hirtenfamilie geboren. Arbeit fand der Hirtensohn bei der neu gegründeten "Arabian American Oil Company" (Aramco), die erst amerikanischen Ölmultis gehörte und später nationalisiert wurde. Naimi verdiente mit zwölf Jahren als Laufbursche sein erstes Geld und servierte den Managern mit dem texanischen Akzent Tee und Kaffee. Rasch lernte er Englisch und begriff die Gesetze des Ölgeschäfts. Aramco schickte den cleveren Jungen zum Studium erst nach Beirut, dann nach Pennsylvania und schließlich an die Eliteuniversität Stanford, wo er Geologie studierte. Zurück bei Aramco, erschloss er von 1963 an Ölfelder, aus denen noch heute Erdöl sprudelt.
Naimi war einer der am besten ausgebildeten Saudis seiner Generation. Er stieg auf, wurde 1984 erst Präsident von Aramco und 1988 ihr Vorstandsvorsitzender, sieben Jahre später Ölminister. Immer wieder hieß es, als das dienstältestes Kabinettsmitglied, das nicht zur königlichen Familie gehört, solle er ausgetauscht werden. Einen Besseren als ihn hat Saudi-Arabien aber nicht. In einer unruhigen Region ist Naimi der stabile Anker geworden. Stets lächelt er freundlich zu dem, was er sagt. Noch bevor der nur 1,58 Meter große, aber drahtige Naimi tagsüber und bei den Verhandlungen nachts zum Energiepolitiker und Diplomaten wird, absolviert er trotz seiner 73 Jahre jeden Morgen seinen Jogginglauf. Einsam ist der umworbene und genau beobachtete Hirtensohn auch in diesen frühen Morgenstunden nie.
RAINER HERMANN
Text: F.A.Z., 24.06.2008, Nr. 145 / Seite 18
Dienstag, 24. Juni 2008
Zimbabwe, Berlin-Blockade, Arbeitsklima, La Bruyère
13°-24°, s; die Kirschen sind reif, auf der Terrasse liegen viele, sauber abgenagte Kerne: das revierbesitzende Amselhähnchen holt sich die Kirschen, fliegt zum Giebel und nagt dort das Fruchtfleisch ab ohne jeden Rückstand. Mehr Schwalben dieses Jahr trotz kalten Frühjahrs.
- "UN-Sicherheitsrat verurteilt Gewalt in Zimbabwe. ... Die 15 im UN-Sicherheitsrat vertretenen Staaten verabschiedeten die Erklärung erst nach stundenlangem harten Ringen. ... ". Südafrika, Rotchina und Rußland verhinderten einen Entwurf, in dem Mugabe als Verantwortlicher benannt wurde. Tsvangirai sucht Schutz in niederländischer Botschaft.
- Übrigens: Kambrischen Explosion retour: 99% ( 9 9 % ! ) aller Arten starben aus. (arte Evolution 4/05)
- Lange Verwandtschaft: Die Übertragung des Mausaugengens auf Fruchtfliegen läßt dort Fruchtfliegenaugen entstehen (Walter Gehring, Zürich/Basel)
- 24. Juni 1948 Beginn der Berlin-Blockade durch Stalin
- Prima: " Arbeitsklima: Frei, reich, zufrieden . Die Deutschen fühlen sich an ihren Arbeitsplätzen wohl: Der in einer repräsentativen Umfrage vom Unternehmen Job AG und TNS Emnid ermittelte ... " 21.6.
- " ... Man begegnet dem Wesen Mensch in zwei Geschlechterabteilungen und drei Ständen, aber in unzähligen Ausformungen der Eitelkeit. Denn was bei den Vögeln Brutinstinkt, Balzgehabe und Futterneid ist, das findet sich beim Menschen in der gleichen, wenn auch «höher» entwickelten Form von Eifersucht, Eitelkeit und Gier. Zudem: Die jeweilige Ausformung dieser drei Grundelemente kann je nach Aufenthaltsort, sozialem Stand und Alter der Probanden variieren. Und dass die Grossen am meisten gefährdet sind, im Kleinen steckenzubleiben, gehört zur paradoxen Chemie dieses homo vanus vanus, dem erst Carl von Linné – und noch dazu aus rein taxonomischen Gründen – 1753 den Ehrentitel sapiens sapiens verleihen wird. ... " Die unverbesserlichen Menschen, La Bruyères «Caractères» – ein immer aktuelles Brevier 21. Juni 2008, Neue Zürcher Zeitung
- 21.06.08 " In der Marktwirtschaft ist Ungleichheit nicht unsozial. Allenthalben wird in Deutschland in diesen Wochen mit Symposien und Festakten der Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft gedacht. Gemeint ist damit der 20. Juni 1948, als die Währungsreform den Deutschen in den Besatzungszonen der Westalliierten nicht nur die Einführung der D-Mark brachte, sondern - was vergessen geht oder verdrängt ... " NZZ Neue Zürcher Zeitung
- "Die legal ausgeplünderte Minderheit
Zum Leitartikel "In Lafontaines Zauberwelt" (F.A.Z. vom 13. Juni) drängt sich natürlich die Frage auf, wie begegnen die übrigen Parteien diesem ..." 21.6.08 FAZ
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