Dienstag, 13. April 2010

Tätergruppen, Terrie Moffitt, Henriette Haas, Hans Jürgen Eysenck



Terrie Moffitt (Bild: www.moffittcaspi.com/index.html)

- Chronische Täter: " Diese fünf Prozent neigen schon als Kinder zu Aggression, Renitenz und Rücksichtslosigkeit, zum Lügen und Stehlen. In der Pubertät begehen sie die schwereren Delikte, und als Erwachsene hören sie nicht damit auf, im Gegensatz zu den meisten ihrer Altersgenossen. Terrie Moffitt, die heute an der University of Wisconsin forscht, veröffentlichte 1993 eine Untersuchung, die verurteilte Straftäter in zwei Gruppen sortiert. Die kriminelle Karriere der einen beschränkt sich auf die Pubertät, die der anderen beginnt deutlich früher, dauert bis ins mittlere Lebensalter und darüber hinaus. Die meisten aktiven Kriminellen, schrieb Moffitt, sind Teenager. Im Alter von Anfang 20 haben mehr als die Hälfte ihr gesetzloses Treiben aufgegeben, und jenseits der 28 begehen 85 Prozent von ihnen keine Straftaten mehr. ..." FAS 5.11.2006
FAZ 12. April 2010
" In der Justizvollzugsanstalt (JVA) im nordrhein-westfälischen Remscheid hat am Sonntag ein 50jähriger Gefangener seine Lebensgefährtin in einem Besucherraum des Gefängnisses getötet. Danach unternahm er einen Selbstmordversuch.
Die Tat des bewaffneten Kinder- und Sexualmörders ereignete sich in einem sogenannten Langzeitbesuchsraum. Dort können sich Gefangene über mehrere Stunden ungestört mit ihren Partnern aufhalten. Die Leiche der 46-Jährigen war am Sonntag nach Ende der Besuchszeit mit Stichwunden, Würgemalen und einer Kopfverletzung entdeckt worden, berichteten Polizei und Staatsanwaltschaft. Wie der 50-Jährige an die Tatwaffen, zwei Messer und einen Radmutterschlüssel, gelangen konnte, ist unklar. ..." FAZ

/// Man wird vermuten dürfen, daß dieser Mörder zur schlimmsten Gruppe der Gewaltverbrecher gehört, von denen bei Haas die Rede ist:

" Kriminologische Untersuchungen (H.J. Schneider 1993) haben gezeigt, daß eine Minderheit von Rückfälligen (etwa 20%) für die Mehrzahl schwerer Gewaltdelikte (60-70%) verantwortlich ist. ... Eine Vielzahl statistischer Untersuchungen (Sh. Hodgins 1993, J. Monahan & H. Steadman 1994) belegt, daß eine antisoziale Persönlichkeitsstörung bei Gewalttätern ein in keiner Weise beeinflußbares, außerordentlich hohes Rückfallrisiko bezüglich neuer Delikte gegen Leib und Leben birgt, nämlich zwischen 66 und 93%. ..." Henriette Haas (Uni Zürich), Grenzen der Behandlung persönlichkeitsgestörter Gewalttäter, NZZ 31.8.96

Vgl. zur Erblichkeit (und staatlich ermöglichter Vererbungsfähigkeit im Strafvollzug) auch: "... daß genetische Faktoren zum Teil kriminelles Verhalten determinieren ..." Hans Jürgen Eysenck , Kriminalität und Persönlichkeit, Dt. 1977 / engl. 1964, S. 124

- Intelligente Täter können übrigens viele Jahre ihre Taten begehen, ohne daß ihnen das Handwerk gelegt wird. Bestimmten Tätern traut man keine Verbrechen zu, weil eine perfekte Fassade vorführen. Dahinter steckt ein platonisches Menschenbild, in dem der Mensch als durch einen freien Willen gelenkt erscheint, dies um so mehr bei besonders intelligenten Menschen. Letztere dürften sogar bei Morden vielfach unentdeckt bleiben, weil sie geschickt ihre Taten verstecken können. Archaische Programme wie die Sexualität nehmen dann die Intelligenz in Dienst zur geschickten Tatausführung und -vertuschung.
" Pädophile Lehrer sind häufig auch sehr gute, engagierte und beliebte Lehrer; sie haben einen starken Rückhalt in der Mitarbeiter-, Eltern- und Schülerschaft. Für Übergriffe gibt es keine Zeugen als die Betroffenen; bei Untersuchungen steht Aussage gegen Aussage, und es gibt durchaus auch Gerüchte, die sich später als Intrigen herausstellen. Im gegebenen Fall haben Vorstand und Leiter gegen teilweise erbitterten Widerstand von Mitarbeitern und Eltern dem hervorragenden Lehrer gekündigt, ohne außer den Bekundungen zweier Schüler, denen der Leiter vertraut hat, konkrete Beweise in Händen zu haben, und die Kündigung gerichtlich (und kostenträchtig) durchgesetzt - ex post zu Recht.
Im Fall der Odenwaldschule und Gerold Beckers muss es für dessen Nachfolger Wolfgang Harder noch größere Schwierigkeiten der Aufklärung gegeben haben, denn Gerold Becker hatte wegen seiner Ausstrahlung als Lehrer und Erzieher in der Schule und durch seine sehr gefragten pädagogischen Vorträge an Akademien und bei Gewerkschaften außerhalb der Schule eine Prominenz und einen Ruf, die bei den ersten Fällen 1998/99 die Vorwürfe sehr unwahrscheinlich erscheinen ließen. Homophilie ist nicht notwendigerweise Pädophilie. Die seit dem Canisius-Vorgang übliche Methode, eine Umfrage bei den Altschülern zu starten, lag damals und in diesem nach der Zahl der Betroffenenmeldungen sehr begrenzten Fall völlig außerhalb des Vorstellbaren. ..." Joh. Peter Vogel LB FAZ 12.4.