Dienstag, 14. September 2010

IQ-Tests und Schulwissen





Alison Wolf (Bild: kcl.ac.uk/schools/sspp/mgmt/people/academic/wolf/ )




- IQ-Tests und Schulwissen: Behauptung, " daß IQ-Tests stark durch kulturelle Variablen verunreinigt sind und sich daher im Prinzip nicht von den Tests über schulische Leistungen unterscheiden. Wenn dies wahr wäre, dann müßten für diese zwei Arten von Tests ähnliche Resultate gefunden werden; tatsächlich zeigen die Daten massive Unterschiede.

1. Burts Gruppentest der Intelligenz (welcher wahrscheinlich den Bildungstests mehr ähnelt als die kulturneutralen Tests) erbrachte eine Erblichkeit (der Intelligenz, WD) von 0,86; der über Schulwissen weniger als 0,30 (der Wert 1 steht sozusagen für 100%, der Wert 0 für sozusagen 0%, WD). Dies ist ein gewaltiger Unterschied, der vermuten läßt, daß schulische Leistungen zum Teil durch angeborene Intelligenzunterschiede verursacht werden, und zusätzlich von Umweltfaktoren; von diesen zwei Arten von Determinanten sind die letzteren entschieden wichtiger.
2. Ein einfaches Modell der Vererbung war zwar dem IQ angemessen, nicht aber der schulischen Leistung.
3. Für Schulleistungen erwies sich die gemeinsame familiäre Umgebung als sehr wichtig, was noch durch Auswirkungen von korrelierten Umwelten akzentuiert wurde; keiner dieser Funde war auf die IQ-Daten anwendbar.
Im Hinblick auf diese Resultate ist es nicht länger möglich, die Vorstellung aufrechtzuerhalten, daß IQ-Tests mit Tests über erlerntes Wissen identisch oder ihnen auch nur ähnlich sind; die zwei Arten von Tests unterscheiden sich so tiefgreifend in so vielen einschlägigen und so vielen Variablen, daß gar kein Vergleich möglich ist. ... Was immer IQ-Tests auch messen mögen, ganz sicher ist es nicht Schulwissen, auch wenn der IQ natürlich eine Rolle spielt, um ein Kind in die Lage zu setzen, schulische Kenntnisse zu erwerben. "
Hans Jürgen Eysenck , Die Ungleichheit der Menschen, Ist Intelligenz erlernbar? Dt. 1984, S. 113

Wenn in Deutschlands Sonderschulen italienische Schüler die größte Gruppe stellen, dann muß man diesen Unterschied von Intelligenz und Schulwissen veranschlagen. Diese Gruppe aus katholischem Mittelmeermilieu, meist südlich von Rom, hat keine familiäre Disposition für Schulbegeisterung.

Ist das schlimm? Heike Schmoll, aktive FAZ-Kulturprotestantin, mag sich nicht daran erfreuen. Aber das ist Geschmackssache, wie die Hochschätzung italienischer Kochkunst es auch ist. Italiener, die oft die deutsche Gastronomie bereichern, spielen überwiegend eine positive Rolle und fallen höchstens negativ auf durch Zusammenarbeit mit der sizilischen Mafia, die aber in der Regel erzwungen ist. (Der äußerste Süden Italiens war lange türkisch besetzt, was bis heute im sozialen Gefüge und der Mentalität nachwirkt, wie überall auf dem Balkan und in Griechenland).
Es wäre also sinnvoll, diese dem Schullernen wenig zugeneigten Schüler, ob Italiener oder nicht, ihren eigenen Lebensweg gehen und früher das praktische und nahrhafte Lernen in einer Lehre beginnen zu lassen und sie nicht in der Schule festzunageln, wo sie das Lernklima stören. Das ginge sogar ohne finanziellen Aufwand durch Absenkung der Schulpflicht. Wohl schiene weniger Schulzwangszeit in den Augen einer auf Schulstoff fixierten und tief im Schulaberglauben versunkenen Bildungsprotestantin wie Schmoll als teuflisch, aber bestimmt wäre es teuflisch gut.

Sie könnte zur Weiterbildung ein bißchen Alison Wolf lesen: DOES EDUCATION MATTER? Myths about education and economic growth, by Alison Wolf. Penguin Books, 2002. (Welche Rolle spielt Bildung? Mythen über Bildung und Wirtschaftswachstum, vgl. www.la-articles.org.uk/eoe.htm/ ; vgl. auch "Mehr Bildung bedeutet noch lange nicht mehr Wohlstand / Nüchterne Auseinandersetzung mit einem populären Mythos" Von Alison Wolf / Mit Hilfe von mehr Bildung lässt sich die wirtschaftliche Performance eines Landes verbessern, so lautet ein von Politikern aller Couleur gern verkündeter Grundsatz. ... NZZ 28.8.04) .

Professor Alison Wolf ist Bildungsökonomin am King's College, London. Sie ist der Auffassung, daß Wohlstandsländer sich mehr Bildung leisten, weil sie mehr Geld für Schulen und Hochschulen haben. Sie haben nicht mehr Wohlstand, weil sie mehr Geld in das Bildungssystem stecken, das sei ein Mythos. Sie hat sich dazu eine Reihe von Ländern angesehen.

Das wird Schmoll vielleicht etwas schockieren, denn eine Bildungsprotestantin denkt immer an den frühen schottischen Schulcalvinisten John Knox und an Luthers Satz:
"Es gefällt mir kein Stand so gut, ich wollte auch keinen lieber annehmen, als ein Schulmeister zu sein."