Freitag, 2. August 2013

Akademiker gibt es in Kairo zu viele, zu wenige Klempner auf der anderen Seite





Da ist richtig was los auf Jacek Malczewskis Gemälde, das Heinsohns Buch kommentierend schmückt. Es heißt "Melancholia".





Da war einmal ein kluger Mann. Der dachte sich, daß Bildung für die vielen Jugendlichen seines Landes gut sei, und deswegen lenkte er 7,2% des Bruttoinlandprodukts in das Schulsystem. Das war sehr viel mehr als bei den Nachbarn Algerien und Marokko (4,3% und 5,7%). Die tunesische Alphabetisierungsrate stieg auf 74%. Und dann war Schluß für den klugen Ben Ali. Unruhen erzwangen seinen Rücktritt, Wahlen folgten und die Anhänger der Steinzeitreligion gewannen sie. Die Arbeitslosenrate der jungen Männer, die die Speerspitze des Aufstands gebildet hatten, stieg von 30% auf schätzungsweise 60%. Alles ist schlimmer als zuvor in Tunesien. Demokratische Wahlen und Bildung sind also keine Patentrezepte, die persönliche Freiheit und Wohlstand bringen. Ähnliche Erfahrungen liegen für die anderen Länder mit viel junger Bevölkerung vor, in Libyen, Ägypten, im Irak. Überall Regression. Das hatten sich die Engländer und Amerikaner anders vorgestellt. 

Mit der Beseitigung des blutigen Diktators Saddam Hussein im säkularen Irak versprach man sich einen Impuls für Demokratie und Wohlstand in der ganzen Region. Es gibt zwar säkulare Entwicklungsinseln, ohne die brutale Zentralmacht  regredierte das Land aber leider insgesamt, die Dauerfehde zwischen Schiiten und Sunniten dominiert alles. Das war überraschend und die Lehre daraus könnte zwiefältig sein: Demokratie bewirkt wenig ohne die gesicherten Besitzrechte des Einzelnen und seine ökonomische Freiheit. Bildung wiegt ebenso wenig wie die Demokratie, wenn die Bildung nicht zu 80% aus ökonomischer und technischer Bildung besteht. Wenn viele junge Männer in den Arbeitsmarkt integriert werden müssen, dann kommt es auf die Gewerbeschulen an, auf die Berufsschulen, auf die technischen Hochschulen. Und auf ökonomische Freiheit. Das hat Ben Ali, das haben auch viele andere nicht verstanden. Im gesamten Nahen Osten, in Afrika, in Rußland gibt es eine Bürokratie, die ökonomische Freiheit behindert, zusätzlich zu den individualfreiheitsfeindlichen Steinzeitreligionen, die dort herrschen. In Ägypten besitzt die Armee viele eigene Betriebe und beeinflußt weite Teile der geamten Wirtschaft. Da kann sich kein Wohlstand entwickeln. In Tunesien herrscht nach wie vor eine sozialistisch grundierte Bürokratie. Fanal für den Aufstand in Tunesien vor zwei Jahren war die Selbstverbrennung eines jungen Akademikers aus der Akademikerüberproduktion, der von der Gewerbepolizei bei seinem Kleingemüsehandel schikaniert wurde. 

Ähnliches passiert in Ägypten mit seiner Akademikerschwemme. Und in Rußland werden jeden Tag Firmen von der Steuerbürokratie überfallen, auch deutsche Firmen, Maschinenpistolen im Anschlag, und wer nicht kooperiert, kann schließen oder landet sogar im Arbeitslager wie Chodorkowski. Genauso verfährt auch die ägyptische Armee. Es war eine schöne Hoffnung, mit dem Sturz Saddam Husseins einen Impuls für die ganze Region zu setzen. Die Steinzeitkultur im Hintergrund hat das leider verhindert. Der Kinderglaube an die Demokratie hat sich als kindisch herausgestellt.  
Für Syrien heißt das, auf die gegenüber den Sunniten vergleichsweise liberalen Alawiten und auf Assad zu setzen.