Donnerstag, 5. Juni 2008

Mises Eugen Richter Rez. 6/08


Treffen sich drei naive Wörterproduzenten ...

Sozialistische Zukunftsbilder
FAZ 02. Juni 2008. Das krachende Scheitern der sozialistischen Utopie kam 1989/1990 für manchen Sympathisanten überraschend. Dabei war der Niedergang des Sozialismus als Wirtschafts- und Gesellschaftssystem präzise vorausgesagt worden: 1920 vom österreichischen Ökonomen Ludwig von Mises und 1891 vom deutschen Politiker und Publizisten Eugen Richter. Die beiden haben dem Sozialismus den Totenschein ausgestellt, noch bevor er in der Praxis wirklich erprobt worden war. Beide Bücher, jetzt in Neuauflagen erschienen, waren hellseherisch, weil sie, einmal analytisch-wissenschaftlich, einmal literarisch, die Gründe des Scheiterns schonungslos darlegen.

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg publizierte Mises den Aufsatz "Wirtschaftsrechnung im Sozialismus", der in das Buch "Die Gemeinwirtschaft" einging. Mises griff die These an, der Sozialismus werde "rationaler" sein als der "chaotische" Kapitalismus. Das sei falsch, denn ohne Privateigentum könne es keine Preise geben, welche die Knappheit der Ressourcen und Güter anzeigen. Somit tappe die Planungsbehörde im Dunkeln. Die Unmöglichkeit einer rationalen Wirtschaftsrechnung sei "das Grundproblem der Lehre vom Sozialismus". Fehlplanung sei systemimmanent.

Das Argument prägte eine ganze Generation liberaler Ökonomen. "Für keinen von uns, der das Buch las, konnte die Welt je wieder die gleiche sein wie vor der Lektüre", erinnerte sich Friedrich August von Hayek. Und Wilhelm Röpke sagte: "Ich wäre ein ganz anderer Typ Nationalökonom und Mensch geworden, wenn ich nicht zufällig auf das Buch ,Die Gemeinwirtschaft' gestoßen wäre." Noch Jahrzehnte später versuchten sozialistische Ökonomen, Mises' Argument zur Wirtschaftsrechnung zu widerlegen. Letztlich wurde es durch die Geschichte empirisch eindrucksvoll bestätigt. Ohne Übertreibung kann man "Die Gemeinwirtschaft" einen der wichtigsten ökonomisch-politischen Texte des zwanzigsten Jahrhunderts nennen.

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* Sozialdemokratische Zukunftsbilder von Richter, Eugen, Edition Eigentümlich frei, Grevenbroich 2007, 17€

Während Mises auf die "zermalmende Wirkung der wissenschaftlichen Kritik" setzte und mit ökonomischen, rechtsphilosophischen, soziologischen und historischen Argumenten den Diskurs der intellektuellen Elite zu verändern hoffte, hatte Eugen Richter mit seinem unterhaltsamen und bitterbösen Roman die Massen im Blick.

Die "Sozialdemokratischen Zukunftsbilder" erschienen 1891, als die SPD sich gerade ihr stramm marxistisches Erfurter Programm gegeben hatte. Richter, im Reichstag wortmächtiger liberaler Gegenspieler Bismarcks, hatte es mit diesem Büchlein auf Bebels ideologische Schriften abgesehen. Deren Visionen wandelte er in eine schwarze Utopie: eine von Not, Chaos und Gewalt bestimmte sozialistische Zukunft. Erzählt wird sie aus der Perspektive eines braven Buchbindermeisters und überzeugten Sozialdemokraten, der zunächst begeistert ist, als in Berlin die Revolution siegt und die rote Fahne über dem Reichstag flattert.

Die "Auferstehung des neuen Reiches der Brüderlichkeit und der allgemeinen Menschenliebe" sieht er kommen. Doch bald schon trübt sich die Freude. Auf die Verstaatlichung der Wirtschaftsbetriebe folgt eine allgemeine Arbeitspflicht, das Ende der freien Berufswahl. Hatte Bebel die "Emanzipation des Weibes" versprochen, so rückt bald die Verstaatlichung der Familien nahe. Kinder sind in Krippen abzuliefern, Alte kommen in Heime. Allen Werktätigen weist der Staat neue Wohnungen zu, die Mahlzeiten nehmen sie in riesigen Staatsküchen ein. In den Betrieben sinkt die Produktivität, der Lebensstandard fällt, es kommt zu Versorgungsengpässen.

Als der Strom der Auswanderer anschwillt, riegelt die Regierung das Land ab. "Die Grenzpatrouillen sind angewiesen, gegen Flüchtlinge von der Schusswaffe rücksichtslos Gebrauch zu machen" - ein Satz, der die DDR vorwegnimmt. Der Erzähler sieht die Schwächen des Systems: Man arbeite für eine abstrakte Gemeinschaft, doch seien die individuellen Anreize schwach. Allgemein verfällt die Wirtschaft: "Viele Milliarden an Werten hat die Umwälzung schon zerstört, Milliarden müssten weiter geopfert werden, um die jetzt vorhandene Desorganisation der Volkswirtschaft wieder zu beseitigen", schreibt der desillusionierte Erzähler.

Bis auf die Tatsache, dass die zuletzt ausbrechende Revolte der Bevölkerung das Regime gewaltsam zu stürzen versucht, hat Richter eine geradezu hellseherische Geschichte der DDR verfasst. Wie im Zeitraffer wird hier beschrieben, was sechzig bis hundert Jahre später eintrat. Sein Buch war damals äußerst populär und verkaufte sich in einer Auflage von knapp einer Viertelmillion. Wären Richters und Mises' Warnungen beachtet worden, hätte dies viel Leid erspart.

PHILIP PLICKERT
Buchtitel: Sozialdemokratische Zukunftsbilder
Buchautor: Richter, Eugen
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.06.2008, Nr. 126 / Seite 12
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Das sind Schlüssellektüren der Moderne seit Thomas Morus und Savonarola!


Kommen diese Bücher wohl in Ranickis KANON vor? Sie gehören jedenfalls zu den Schlüsseltexten. Sehr verdienstvoll, sie neu aufzulegen, sehr verdienstvoll, sie zu rezensieren.

Arbeitsmarkt für Geringqualifizierte, Wachstumsdynamik


STRIZZ, Reiche, FAZ
Ils sont fous, ces allemands.

15-24° b Blauseidener Abend mit Venus. 1,5394 WTI 124 6942
- EZB bleibt bei 4%. Aber: EZB deutet Zinserhöhung im Juli an. Bravo.

- GB 3% Inflation, Häuserpreise gefallen (haben sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht), Leitzins bleibt bei 5%. Launiger Trend nicht nur bei den Idiotensendern wie n-tv: Die bloomberg-Reporterin steht im Straßenverkehr vor der BoE, damit man sie schlechter verstehen kann und die Straßenbilder vom Kommentar ablenken.
- Brasilien: Leitzins steigt auf 12,25%
- 10% russ. Leitzins, 15% Inflation

- Das war in der langweiligen Adenauerzeit anders: "Jugendliche im Job
Mangelnde Kenntnisse, unzuverlässig, unpünktlich

Der guten Konjunktur zum Trotz: Die Chancen am Arbeitsmarkt für gering qualifizierte junge Menschen sind gleich null. Dies ist das Resultat einer Allensbach-Umfrage unter Arbeitgebern, Sozialarbeitern und Lehrern. weiter
FAZ.NET Wirtschaft04. Juni 2008"
- "Wachstumsdynamik bleibt Deutschland erhalten
OECD vergleichsweise optimistisch "; aber: er €-Raum bleibt bei der Massenarbeitslos. weit oben, über 7%, verglichen mit USA (ca. 5%) und Japan (knapp 4%).

- "Im Gespräch: Allan Meltzer, Ökonom und Wirtschaftshistoriker an der Carnegie-Mellon-Universität
"Die Fed sollte schleunigst die Zinsen erhöhen" FAZ
- " Mehr Markt im Gesundheitswesen. McCain will Steuern senken und Wachstumskräfte stärken. ... Für eine mögliche Präsidentschaft peilt der dekorierte Vietnam-Veteran vor allem eine Steuerreform an. Niedrigere Steuern, insbesondere für die Mittelschicht, sollen die Wachstumskräfte der amerikanischen Wirtschaft langfristig stärken. 25 Millionen Familien der Mittelschicht würden nach McCains Plan durch die Abschaffung der sogenannten alternativen Mindeststeuer (AMT) um jährlich insgesamt 60 Milliarden Dollar entlastet. Die AMT war einst eingeführt worden, um zu verhindern, dass Reiche viele Steuerschlupflöcher nutzen und gar keine Steuern mehr bezahlen. Weil die Einkommensgrenzen nicht angehoben wurden, trifft diese Steuer inzwischen vor allem die Mittelschicht.
Darüber hinaus plädiert McCain dafür, die Erbschaftsteuer zu senken und den Unternehmensteuersatz von 35 auf 25 Prozent zu verringern. In der Gesundheitspolitik setzt McCain vor allem darauf, die Marktkräfte zu stärken - mit dem Ziel, die Kosten zu drücken. Das schließt einen stärkeren Wettbewerb unter den privaten Versicherungen ebenso ein wie unter den Pharmaherstellern. Steuergutschriften von 2500 Dollar für Alleinstehende (5000 Dollar für Verheiratete) sollen den Bürgern helfen, eine private Krankenversicherung abzuschließen. McCains Plan für eine Gesundheitsreform zielt nicht auf eine Pflichtversicherung für alle Amerikaner."
- " ... Die größten Geldgeber von Obama kommen aus der Finanzdienstleistungsbranche, die traditionell auf Seiten der Demokraten steht: Die Investmentbank Goldman Sachs ist sowohl für Obama als auch für seine Rivalin Hillary Clinton bislang der wichtigste Spender gewesen. Eines hat John McCain aber Barack Obama voraus: Er zählt mehr hochkarätige Wirtschaftslenker auf seiner Seite. John Chambers, der Vorstandsvorsitzende des Technologiekonzerns Cisco, hat eine Beraterrolle. Im Wahlkampfteam von McCain sind außerdem Meg Whitman und Carly Fiorina, die früheren Vorstandsvorsitzenden des Internetmarktplatzes Ebay und des Computerherstellers Hewlett-Packard.
Text: F.A.Z., 05.06.2008, Nr. 129 / Seite 15

- "Ausgewiesen, bedroht und entlassen

An den Bedingungen für den freien Journalismus in Russland hat sich auch unter dem neuen Präsidenten Medwedjew wenig geändert. Das System Putin funktioniert. Das bezeugen die Schilderungen zweier Journalistinnen, die oder deren Redaktionen ... F.A.Z.02. Juni 2008"