Montag, 13. Februar 2012

Homs liegt nicht hinter Omsk




Der neue Al-Qaida-Chef ermutigt die syrischen Rebellen. Der Sunnit Aiman al Zawahiri aus Ägypten hat in einer Videobotschaft an die Aufständischen appelliert, das syrische Regime zu stürzen.
(Bild: http://blog.der-angriff.de/al-kaida/aiman-al-zawahiri/)



Leichenrede des Perikles (431 v.u.Z.)

" Wir leben in einer Staatsverfassung, die nicht den Gesetzen der Nachbarn nachstrebt, sondern wir sind eher das Vorbild für andere als deren Nachahmer. Ihr Name ist Demokratie, weil sie nicht auf einer Minderzahl, sondern auf der Mehrzahl der Bürger beruht. Vor dem Gesetz sind bei persönlichen Rechtsstreitigkeiten alle Bürger gleich, das Ansehen jedoch, das einer in irgend etwas besonders genießt, richtet sich im Blick auf das Gemeinwesen weniger nach seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksklasse, sondern nach seinen persönlichen Leistungen wird er bevorzugt. Auch dem Armen ist, wenn er für den Staat etwas zu leisten vermag, der Weg nicht durch die Unscheinbarkeit seines Standes versperrt. Und wie in unserem Staatsleben die Freiheit herrscht, so halten wir uns auch in unserem Privatleben fern davon, das tägliche Tun und Treiben des Nachbarn mit Argwohn zu verfolgen. “ [ ..]

Perikles bzw. Thukydides, der die Rede verfaßt haben soll, überhöht die Athener Realität etwas, waren doch nur ungefähr 10 bis 15% der Kleinstadt freie Stimmbürger. Aber die Vormacht des Adels ist gebrochen, Athen ist verglichen mit dem militaristischen, kommunistisch-kollektivistischen Sparta ein Hort der Freiheit. Das von Perikles formulierte Programm betont die persönliche Freiheit und Tüchtigkeit unabhängig vom sozialen Status. Damit kann es auch heute noch bestehen. Demokratie ohne diese freiheitliche Fundierung ist eine bloße Mehrheitsherrschaft, die ohne Kritik und Kontrolle in Vetternwirtschaft und Korruption führt. Griechenland, Tunesien und Algerien sind Beispiele dafür unter vielen anderen. Es sieht so aus, als ginge auch Ägypten diesen Weg.
Die koptischen Christen behaupten (DLF 13.2.12, Aus Religion u. Gesellschaft), daß im letzten Jahr im neuen islamistischen Ägypten mehr Christen ermordet worden seien als in den 30 Jahren unter Mubarak. Ebenfalls heute meldet die NZZ, daß mehrere christlich-koptische Familien aus einem Dorf in der Nähe Alexandrias vertrieben werden. Nach einem Streit, bei dem es um eine angebliche Beziehung eines Kopten zu einer Mohammedanerin ging, beschloß das der Ältestenrat des Dorfes bei Anwesenheit der Polizei.
Der demokratische Stimmsieg der Muslimbrüder und der Salafisten, so sieht es aus, führt nicht zu Alt-Athener Bürgerfreiheit.

Im Nachbarland Syrien haben die sunnitischen Muslimbrüder in ihren Hochburgen Hama und Homs erneut zu den Waffen gegriffen, um die alawitische Assad-Diktatur zu stürzen. Wollen sie dem Beispiel Ägyptens und Tunesiens folgen?

Al Kaida hat gerade öffentlich in einem Film zum Sturz der verhaßten Alaviten in Damaskus aufgerufen. Natürlich liefern sie auch Waffen und Kämpfer.
In der Assad-Diktatur herrscht, was es im neuen Ägypten nicht gibt: eine gewisse Freiheit in allen nichtpolitischen Bereichen, einschließlich der Religionsfreiheit. Syrien ist das einzige islamische Land, in dem die Christen in Sicherheit und mit Eigentumsrechten leben können. Jetzt allerdings mit der Ausnahme der aufständischen Bereiche, wo islamistischen Banden auch Christen überfallen sollen.
Man darf gespannt sein.
Das Hauptproblem aller arabischen Staaten, der Bevölkerungsdruck und die daraus resultierende Armut und Arbeitslosigkeit besteht auch in Syrien und befeuert Unruhen.
Aufstände und Unruhen schaffen aber keine Arbeitsplätze für die vielen jungen Männer, die ohne Arbeit auch keine sexuellen Beziehungen eingehen und nicht heiraten dürfen. Die sunnitische Orthodoxie in Homs und Hama instrumentalisiert die jungen Männer für ihre islamistischen Machenschaften. Sie sollte zur Gewaltlosigkeit aufrufen.
Seit einem Jahr ist die ägyptische Wirtschaft gelähmt und werden Streiks angezettelt.
Der demokratisch gewählte Islamismus wird die Wirtschaft weiter ruinieren und da dem Teheraner Beispiel folgen, wo der wirtschaftliche Zusammenbruch vor der Tür steht.

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- Syrien:
Hochburgen des Widerstands
FAZ 10.02.2012 · In den syrischen Städten Homs und Hama wird derzeit am heftigsten gekämpft. Schon immer gab es dort Aversionen gegen das Assad-Regime der schiitischen Alawiten. Es gilt in den Augen der Sunniten als ketzerisch.
Von WOLFGANG GÜNTER LERCH"
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- Ägypten: Die Muslimbrüderpartei unterstützte in einer Erklärung die Vertreibung von acht christlichen Familien (s.o., FAZ 13.2.12).