Sonntag, 4. März 2012

Sweet little sixty








Daß der Zeitstrahl nur in eine Richtung zeigt, ist ein kosmisches Gesetz, das durch alte Schulkameraden bildlich faßbar wird




Und dann ist aus dem Primus nur ein Rechtsanwalt geworden, obwohl alle annahmen, er würde mindestens Präsident des Bundesverfassungsgerichts, so äußerte sich der ehemalige Klassenkamerad, der kein Primus gewesen war, aber forschender Hochschullehrer im Feld der empirischen Psychologie wurde.

Hintergrund der Äußerung war die begrenzende Wirkung des genetischen Rahmens für die Intelligenz. Letztere könne zwar bei Jugendlichen zu einem gewissen Maximum gefördert werden, der Effekt halte aber nur kurzzeitig an, um in den angeborenen Rahmen zurückzukehren.

Unter besonders intensiver Förderung litt wohl keiner meiner Realschulabschlußklassenkameraden, eher war das Gegenteil der Fall. Ich kann mich auch nicht erinnern, daß der Unterricht besonders förderlich gewesen wäre, und da ist es angenehm zu erfahren, daß die meisten Schüler einen soliden Lebensweg beschritten haben.

Eine insbesondere auf den Schulerfolg zielende Förderung könne man sich sparen, meinte der empirische Psychologe, und die Lebenserfahrung gibt ihm recht. Die Defizite treten bei den Erwachsenen in der allgemeinen Lebensorientierung auf und im selbständigen Lernen neuer Gegenstände. Schülerförderung sollte sich am Modell der freilaufenden Hühner orientieren, die sich in einem breiten Umfeld angemessen verhalten müssen; die Schule stellt nur eine einzwängende Legebatterie dar, die allerwichtigste Bereiche ausklammert.
Vielleicht der stabilste konstruktive Schuleinfluß ist in der Disziplinierung zu sehen, regelmäßig und pünktlich ein gewisses Verhalten einzuüben, aufzustehen, zum Unterricht zu erscheinen und die Schulfächer zu bedienen, auch wenn deren Inhalte schnell vergessen werden.

Nicht immer reicht das, wie man bei einem Klassentreffen an randseitigen Lebensläufen auch erfährt. Überdurchschnittlich intelligente Schüler kann die nicht ausreichende Selbstdisziplinierung später in eine zerstörerische Alkoholkarriere führen.