Donnerstag, 10. September 2009

Afghanistan, dämliche Dichter

- Afghanistan:

' „Die Bombardierung war legitim“

Für den Ermittler aus Kabul ist die Sache klar: Der Luftangriff vom Freitag hat die Sicherheit verbessert. Für Oberst Klein, der den Luftschlag befahl, ist das kein Trost mehr. Von den Nato-Verbündeten hagelte es scharfe Kritik. ...' 9.9.09 FAZ

/// Der Bundeswehr-Oberst wollte seine Leute schonen und forderte für 2 entführte Tanklastzüge Jagdbomber an. Tito als Partisanengeneral hätte in solchem Fall die ganze Siedlung verbrannt. Bis zum Vietnamkrieg war ein Teil der Partisanenbekämpfung, die unterstützenden Zivilisten, die Siedlungen des Gebietes zu liquidieren. Auch im Rahmen der regulären Kriegsführung war es jahrelang das Ziel, möglichst viele Zivilisten zu töten; im Falle der deutschen Städtebombardierung 1943-45 wurden abertausende alte Männer, Frauen und Kinder lebendig verbrannt (also nicht schonend erschossen), in Hamburg, Köln, Leipzig, Dresden, Jena etc. Der Luftterror gegen Zivilisten erreichte seinen Höhepunkt in Hiroshima und Nagasaki, der mit einem Schlag den blutigen Pazifikkrieg beendete. (Vgl. auch Cäsars Gallienkrieg und Grimmelshausens Simplicissimus, der gerade in neuer Schriftform bei hr2 vorgelesen wird.)-
Die neue Schonung der Zivilisten ist sicher zu begrüßen, allerdings ziehen sich auf diese Weise Kriege und Konflikte jahrzehntelang hin, weil die Partisanen stets möglichst viele Zivilisten als Schutzschild bei ihren Angriffen verwenden bzw. ihre Kommandozentralen und Waffenlager in Krankenhäusern und Kindergärten einrichten.

- Dämlicher Dichter oder: wer die Vergangenheit nicht kennt oder Pax Romana:
Ein Dichter lobt den Ordnungsstaat.

Zu "Vom Podest geholt" (F.A.Z. vom 1. September): Durs Grünbein schätze ich als Poeten sehr. Aber seine Interpretation der Vorgänge rund um die Varusschlacht - oder wie immer man sie nennen mag - lässt mich (ver)zweifeln. Natürlich wurde die Varusschlacht instrumentalisiert, als sich der deutsche Nationalismus im neunzehnten Jahrhundert eine eigene heroische Kontinuität erfand. Und dass die Germanen einen guten Teil ihrer Zeit für Kriege gegeneinander verwendet haben, stimmt auch, aber damit standen sie in der antiken Welt ja nicht alleine. Alles das rechtfertigt nicht, das Römische Reich zu verklären und den Kampf gegen dieses Imperium zur Dummheit zu erklären. Das römische Imperium war, anders als es seine Bewunderer wahrhaben möchten, zunächst einmal ein erbarmungsloser Aggressor. Wie Caesar in Gallien gewütet hat, kann man seiner eigenen Schrift entnehmen - die übrigens als Verteidigungsschrift gedacht war, weil man ihm sogar in Rom selber noch viel mehr und Schlimmeres vorwarf.

Alle Länder der Mittelmeerwelt, übrigens auch Griechenland, das nun wirklich nicht so dringend auf die römische Kultur angewiesen war, wurden erbarmungslos ausgeraubt. Vor jedem Frieden gab es - meist mutwillig von den Römern vom Zaun gebrochenen - Krieg, Vernichtung und Versklavung großer Bevölkerungsteile, und nach dem, was man Frieden nannte, Unterdrückung und maßlose Steuern. Kennt Grünbein nicht die antiken Bonmots über Varus, nach denen er, als er in Asien Statthalter war, als armer Mann in eine reiche Provinz gezogen ist und als reicher Mann eine arme Provinz verlassen hat? Kennt er nicht das hinlänglich detailliert beschriebene Schicksal der (damaligen) Friesen, die sich unterwarfen, aber die ihnen auferlegten Steuern nicht erbringen konnten und daher als Volk in seiner Gesamtheit in die Sklaverei geschickt wurden?

Die Siedlungspolitik der Römer bestand darin, eigene Veteranen an strategisch günstigen Orten anzusiedeln, die dem jeweiligen Statthalter helfen konnten, die Untertanen bei der Stange zu halten. Und was die Römer mitgebracht haben, waren nicht bessere Ackerbaumethoden, sondern, wie in Waldgirmes gerade ausgegraben, Herrscherstatuen. Belohnt wurden jene Adeligen, die rechtzeitig übergelaufen sind, mit einem Zipfel der Herrschaft und mit den zivilisatorischen Errungenschaften Fußbodenheizung und Bäder. Solcher Luxus ist dem Rest der Bevölkerung genauso vorenthalten geblieben wie zuvor. Rom brauchte in der Folge immer mehr und mehr Steuern für seine ausufernde Militärmacht, und bezahlen mussten das die Bauern, bis ihre Existenz so unerträglich geworden ist, dass sie beispielsweise in Gallien massenweise in die Wälder flüchteten und ein Leben als sogenannte Bagauden wie die wilden Tiere dem römischen Entwicklungsfortschritt vorgezogen haben. Hungerkatastrophen soll die römische Zivilisation vermieden haben? Bis zum Ende war das Römische Reich nicht einmal imstande, wenigstens im italienischen Kernland eine Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln zu organisieren, und blieb auf Ägypten und Afrika angewiesen.

Soll man alles das, was die antiken Schriftsteller selbst über die Greueltaten der eigenen Landsleute geschrieben haben, als kolonialismuskritische Verkleinerung abtun? Den deutschen Sonderweg mag man begründen, wie man will, aber mit dem Kampf gegen die Römer und dem damit verbundenen angeblichen Kulturverlust hat er nun wirklich nichts zu tun. Und es ist auch keineswegs sachgerecht, den Partisanenkrieg schlecht bewaffneter Einheimischer gegen eine deutlich besser gerüstete Militärmaschine einfach nur als Verrat und Hinterhältigkeit abzutun. Ich bin Jurist und durfte daher an der Universität lernen, die Klarheit des römischen Rechts zu bewundern. Erst später habe ich gelernt, dass das römische Recht im Mittelalter seine Renaissance deshalb und nur deshalb erfahren hat, weil die damaligen Machthaber nach neuen und effizienteren Mitteln der Machtausübung gesucht haben. Die organisatorische Effizienz des Römischen Reiches und des römischen Rechts hat sehr düstere Motive. Das alles zu unterdrücken, nur um den Ordnungsstaat preisen zu können und die Germanen als unverbesserliche Hinterwäldler darzustellen, ist nicht nur historisch falsch, sondern auch ziemlich beunruhigend.

DR. MANFRED DRENNIG, WIEN; LB FAZ 9.9.09

- Dämlicher Dichter oder der (literarische) Blockwart des Neidkartells und Vergangenheitsheuchler:
" Grass im Wahlkampf. Ich war ja auch mal in Kalkutta.
Vierzig Jahre nach seiner legendären Wahlkampftour für Willy Brandt unternimmt Günter Grass eine politische Lesereise über die Dörfer. Die Gäste brauchen keinen Wahl-O-Mat, um ihre Entscheidung zu treffen."

- Die dämlichste aber ... : ' Diesmal wurde das Festival mit einer Rede von Arundhati Roy eröffnet. Die indische Schriftstellerin hat sich einen Ruf als Globalisierungskritikerin und Stimme der Unterdrückten ihres Landes erkämpft, den sie auch in Berlin verteidigte, indem sie „das schwindende Licht der Demokratie“ (so der Titel der Rede) gegen die Fackel ihrer Wut hielt. Die demokratischen Ideale, so Roy, seien „aufgebraucht, hohl und sinnentleert“, die Institutionen der Volksherrschaft zu Krebsgeschwüren entartet, von denen das Volk nicht mehr geschützt, sondern aufgefressen würde. In Indien, das nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ins westliche Lager übergelaufen sei, habe die Globalisierung zwar eine wohlhabende Mittelschicht, aber zugleich eine viel größere notleidende Unterschicht hervorgebracht – „eine dünne Schicht fetter Creme auf einer großen Menge Wasser“. Während die Landbevölkerung durch die rücksichtlose Erschließung von Rohstoffvorkommen ihre Lebensgrundlagen verliere, werde die Hindu-Bevölkerung der Städte mit rassistischen Parolen gegen moslemische Mitbürger aufgehetzt. Es sei kein Zufall, dass die extremistische Hindutva-Bewegung im selben Augenblick stark geworden sei, als die Amerikaner den Kommunismus als Feindbild durch den Islam ersetzten. „Auch Hitler war, und ist, ihr Inspiration.“ ' FAZ 10.9.