Samstag, 4. August 2012

Alt, aber nicht ranzig



Die Reste des Apollon-Tempels in Delphi 



(Bild: kmayse / Wiki.)




Weiser
Griechisch
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Erkenne dich selbst!

Γνῶθι σεαυτόν.
Thales von Milet 

Nichts zu sehr!

Μηδὲν ἄγαν.
Solon von Athen

Bürgschaft, — schon ist Unheil da.

Ἐγγύα, πάρα δ᾽ ἄτα.
Chilon von Sparta

Erkenne den passenden Augenblick!

Γίγνωσκε καιρόν.
Pittakos von Mytilene

Die Meisten sind schlecht.

Οἱ πλεῖστοι κακοί.
Bias von Priene

Maß ist das Beste.

Μέτρον ἄριστον.
Kleobulos von Lindos

Habe das Ganze im Sinn.

Μελέτη τὸ πᾶν
Periander von Korinth

Ist das nicht wunderbar, was fleißige Menschen formatiert ins Netz gestellt haben bei Wikipedia?
Das ist es, seien sie gelobt. 

Noch viel mehr zu loben sind natürlich die Sieben Weisen des antiken Griechenlands, denen diese Grundsätze zugeschrieben werden und die von schriftkundigen Handwerkern in Delphi am Apollon-Tempel eingemeißelt wurden. Das war lange, bevor die Türken das Land eroberten und jahrhundertelang besetzt hielten.
NICHTS ZU SEHR! wird dem Solon zugeschrieben, der etwa 640 bis 560 lebte und wirkte.
Mit diesen sieben Grundsätzen hat man bereits eine Klugheitsvorlage, mit der das Leben gelingen kann. Ein paar Dinge müssen natürlich noch dazukommen, die zunächst nicht beeinflußbar sind: die klugen Eltern und ein glücklich zusammengewürfeltes Genom. Wenn sich daraus der Verstand entwickelt und das Verstehen auch nur des NICHTS ZU SEHR!, dann wäre schon viel gewonnen.  
Der junge Mensch würde dann jeden Tag seinen Dauerlauf machen zur Entwicklung der Gefäße, aber keinesfalls verschwendete er viel Zeit auf ein Leistungstraining und schon gar nicht würde er seinen Körper mit Hochleistungssport schädigen.
Für das Gehirn gälte das Gleiche, nicht zu viel von einer Sache, für Ausgleich sorgen und die Gefühle kultivieren. Sich nicht an eine Sache verlieren, kein Fan werden. ‘Fan’ kommt von ‘fanatical’, das wiederum von ‘fanum’, das Heiligtum. Der Apollon-Tempel war so ein ‘fanum’, und um Einseitigkeit und Fanatismus zu vermeiden, gab es Tempel auch für Zeus und Athena, für Hinz und Kunz. Den Monotheismus erfanden die Ägypter, und das führte und führt bis heute zu blutiger Barbarei. 


So wie andere fixe Ideen auch: Sozialismus, Kommunismus, Volk und Führer, Nationalismus, um nur die schlimmsten zu nennen.
Verfällt ein Mensch erst einmal einer fixen Idee, wird es schwierig. Der Jugendliche muß sich meist ohnehin durch sein Pubertätschaos hindurchkämpfen. Gern entflieht er dann in einfache Muster, die auch ein Spatzenhirn faßt. Das wächst sich oft aus nach der Abfolge: wer mit zwanzig kein Sozialist ist, hat kein Herz; wer mit vierzig noch immer Sozialist ist, hat keinen Verstand. Das gilt für andere fixe Ideen ähnlich.
Durch Erziehung und Gewohnheit können jedoch Verstetigungen auftreten, aus denen sich der Verstand nicht mehr befreien kann, und es gibt auch den “fanatischen Charakter”, wie Kleist ihn in seinem “Michael Kohlhaas” skizziert. Hat jemand genug Aggressivität im Leibe (Testosteron) und gesellt sich eine fixe Idee dazu, dann kann es sogar lebenslang gefährlich werden.  
Dann gibt es kaum noch eine Chance auf das ERKENNE DICH SELBST!