Samstag, 9. Januar 2010

Friedrich Ebert, Wilhelm Marx, Gasphantasien, Schneeflöckchen




Scheuen den Schneefall nicht: Ringeltauben in der Esche

Wilhelm Marx, zweimaliger Kanzler der Weimarer Republik


- Schneeflöckchen: " Jedes Jahr dasselbe Theater ...
...ein paar Schneeflocken mehr als im Sommer üblich und schon haben wir eine mittelmäßige Katastrophe. Endlich verstehe ich, wie Polit- und Medienbetrieb funktionieren. Ich verstehe aber nicht, warum zB in Stuttgart der Schnee in den Haupt-Straßen der Innenstadt nicht geräumt wird und wieso trotz eindeutiger Schnee-Wettervorhersage über mehrere Tage jetzt das Streu-Salz knapp wird." Michael Meier, faz.net 8.1.

- Gasphantasien: „Möge das Gas in die Spielstuben eurer Kinder schleichen. Mögen sie langsam umsinken, die Püppchen. Ich wünsche der Frau des Kirchenrats und des Chefredakteurs und der Mutter des Bildhauers und der Schwester des Bankiers, daß sie einen bitteren, qualvollen Tod finden, alle zusammen. Weil sie es so wollen, ohne es zu wollen.“
Kurt Tucholsky, Werke Bd. 5, (Dänische Felder, Weltbühne 1927)

Wen mag der am 9. Januar 1890 geborene Tucho. 1925 gewählt haben? Den zweimaligen Kanzler Wilhelm Marx, den Reichspräsidentenkandidaten des "Volksblocks"? Den 78jährigen Kandidaten des "Reichsblocks" Hindenburg bestimmt nicht. Aber sehr wahrscheinlich den Zählkandidaten Thälmann, den die KPD boshaft gegen die Republik aufstellte. Hätten die Kommunisten darauf verzichtet, hätte der Zentrumspolitiker Marx eine Stimmenmehrheit erreichen können. Er war ein Republikaner, Hindenburg ein Monarchist, der das Amt gar nicht anstrebte und mehrmals die Kandidatur abgelehnt hatte. Er ließ sich umstimmen, um die Zerrissenheit der politischen Verhältnisse zu überbrücken, und er hat als Reichspräsident loyal zur Weimarer Verfassung gestanden. Marx war aber ein Politiker, der vielleicht die immer schlimmer werdende Endphase der Republik besser gemeistert hätte. Niemand weiß das, aber er hätte sicher die besseren Berater zur Seite gehabt als der alte Militär, der u.a. seinem Sohn zuviel Vertrauen schenkte.- Zurück zu Tucho. . Golo Mann charakterisiert ihn so: " Die hellsichtige Bosheit, mit der Kurt Tucholsky die Republik verspottete, alle ihre Lahmheiten und Falschheiten, erinnerte von ferne an Heinrich Heine. Von Witz und Haß des großen Dichters war ein Stück in ihm, nur leider wenig von seiner Liebe. Die radikale Literatur konnte kritisieren, verhöhnen, demaskieren, und erwarb sich eine leichte, für die Gediegenheit des eigenen Charakters noch nichts beweisende Überlegenheit damit. Sie war ihr Handwerk gewöhnt von Kaisers Zeiten her und setzte es fort unter der Republik, die es an Zielscheiben für ihren Hohn auch nicht fehlen ließ. Was half es?" (Golo Mann, Dt. Geschichte, S. 727) Es half leider nichts, es war destruktive Selbstbefriedigung, die die Zerrissenheit der politischen Landschaft beförderte - und die Dynamik solcher vorbürgerkriegsähnlichen Zustände kann niemand kalkulieren. Die Größe des stets bis zur Selbstverleugnung um Konstruktivität bemühten Friedrich Ebert, dessen viel zu früher Tod die Neuwahl des Reichspräsidenten erst nötig gemacht hatte, erscheint neben solchen "ungebundenen Linksliteraten" (G. Mann) umso imposanter.