Dienstag, 20. März 2012

Fado können sie





Vasco da Gama (1469-1524) - Seeweg nach Indien




- Portugal: Von einer ausgreifenden Seefahrernation und Kolonialmacht zum Armenhaus Westeuropas - wie kann das gehen?
Die Antwort gilt ähnlich für andere Mächte, die sich zu lange auf kriegerische Gesinnung verlassen haben, ohne die Handwerker, Techniker, Erfinder und Forscher hochzuschätzen, die für die Entwicklung der Waffentechnik unerläßlich sind. Auch der türkische Sultan mußte seine Kanonen im europäischen Norden kaufen, die er auf dem Balkan einsetzte. Wie am Bosporus führte in Portugal eine technikfeindliche Ideologie das große Wort, da der Islam, dort der Katholizismus. Das geht dann nicht gut aus, bis ein Offizier die Macht ergreift und die Kleriker entmachtet (Mustafa Kemal). Davon zehrt die Türkei bis heute, in Portugal stellte sich kein großer Reformer ein, der den katholischen Klerus in die säkularen Schranken verwiesen hätte.

Daher herrscht heute die Schuldenwirtschaft in Lissabon, 4,5% betrug 2011 das Haushaltsdefizit, die gesamte Verschuldung beläuft sich auf 415 Mrd., ein schlechtes Wirtschaftswachstum bildet den Hintergrund für die hohe Jugendarbeitslosigkeit von 30%, die der Erwachsenen beträgt 12,6% , für 2012 werden 13% erwartet; es herrscht ein starkes Gefälle Küste / Hinterland, und noch 15% der Beschäftigten arbeiten noch in der Landwirtschaft, die aber nur 5% zum BIP beiträgt. Das Alentejo ist fruchtbar und wird zu 52% landwirtschaftlich genutzt. Die Korkgewinnung ist noch immer sehr bedeutsam, aber rückläufig. Eukalyptus-Bewaldung nimmt zu und laugt die Böden aus.
Bergschätze werden wenig geborgen: die Uranvorkommen werden auf ca. 6 Mio. Tonnen geschätzt, es gibt Pyrit, Kupfer, Zinn, Wolfram und Gold, es fehlen Unternehmer.
(Angaben überwiegend aus Vortrag Dr. Volker Höhfeld, Tübingen)

Da wundert nicht: “Portugiesen bauen auf Schwäbisch Hall. Die kleine Stadt wird zum großen Jobziel. Mit dem Fachkräftemangel haben vor allem Provinzstädte zu kämpfen, wie Schwäbisch Hall: Es gibt dort 2500 offenen Stellen. Jüngst forderte man auch europäische Arbeitssuchende auf, sich zu bewerben - 10.000 Portugiesen sind bislang dem Aufruf gefolgt. …” DLF 20.03.2012 · 09:10 Uhr

Für Portugal ist das leider keine gute Perspektive, da nur ein Teil der Arbeitsemigranten zurückkehren wird. Auf ein langes Politikversagen können Einzelne nur individuell reagieren. Es gab zwar viele Universitätsgründungen nach 1970, aber dadurch entsteht nicht automatisch eine unternehmerische Kultur in einem erzkatholischen Land, und Unternehmer brauchen nicht unbedingt eine Ausbildung. Siehe Jobs, siehe Gates. Oder der jüngst verstorbene, aus ärmlichen Verhältnissen stammende thailändische Red-Bull-Gründer Chaleo.
So müssen die katholischen Portugiesen ins protestantische Schwäbisch Hall.

Aus dem katholischen Italien hört man (DLF), daß jährlich 6500 Akademiker das Land verlassen, um anderswo Arbeit zu finden. Wenn es sich um Ingenieure handelt, bedeutet das einen schmerzlichen Aderlaß für Italien.