"Jedes Volk steht auf seiner Vorzeit, und dasjenige, welches sie kennt und ehrt, wird sich stehts besser erkennen und ehren lernen."
Prinz Johann von Sachsen 1852, der spätere König Johann.
Diesem Zitat muß man zwei Zitate an die Seite stellen:
“Wer nicht von dreitausend Jahren
Sich weiß Rechenschaft zu geben,
Bleib im Dunkeln unerfahren,
Mag von Tag zu Tage leben.”
Goethe, West-östlicher Divan, Buch des Unmuts
Und, ebenfalls von Goethe:
"Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln;
Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln." –
Goethe, Faust I, Vers 575 ff.
Man muß also die Geschichte des eigenen Landes, meint Goethe, in einen großen und tiefen Horizont stellen. Der Untergang des altpersischen Reiches sollte bekannt sein, die Auflösung des alten Ägyptens, die Selbstzerfleischung des antiken Griechenlands im Peloponnesischen Krieg, das Wachsen und Vergehen des römischen Imperiums, der erstaunliche Aufstieg Amerikas aus dem Nichts, und noch ein paar Kleinigkeiten.
Mit diesem Pensum sind leider die meisten Menschen völlig überfordert. Noch sehr viel schwieriger wird es bei der Forderung des zweiten Zitats, in der Historiographie das Niveau von Meinungsgeschichte zu überschreiten.
Meist dienen die Historiker nur den jeweiligen Moden ihrer Zeit oder sind Erbsenzähler im Archiv. Zudem liegt darin auch das grundsätzliche Problem alles Erkennens, die Perspektivität und die spezifische Architektur und Verfahrensweise des erkennenden Organs, des Gehirns. (s. u.a. Maturana/Varela, Baum der Erkenntnis)