Weltölkongress streitet über Ursachen des Ölpreisanstiegs
Einen Tag vor Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft haben Lastwagenfahrer in Frankreich am Montag mit einer "Aktion Schnecke" gegen die hohen Dieselpreise protestiert. Im Norden des Landes kam es zu Staus von mehr als 50 Kilometern Länge. Verbände der Fuhrunternehmen forderten von der Europäischen Kommission Maßnahmen gegen die Teuerung und zur Unterstützung des Gewerbes. Auch Landwirte und Fischer protestieren seit Wochen teils gewalttätig wegen der hohen Kosten.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat angekündigt, sich angesichts der Rekordpreise von Kraftstoffen während seines Ratsvorsitzes für eine Unterstützung der Betroffenen einzusetzen. Sein Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Mineralölprodukte zu deckeln, wird aber von den anderen Mitgliedstaaten abgelehnt.
Der erste Tag des Weltölkongresses in Madrid wurde derweil von einem Disput über die Hauptursachen des Ölpreisanstiegs gekennzeichnet. Während Vertreter der großen Ölkonzerne sagten, die Aktivitäten von Spekulanten hätten auf den internationalen Märkten nur einen geringen Einfluss, sprach der spanische Industrieminister Miguel Sebastián von einer schon für alle Volkswirtschaften gefährlichen "Spekulationsblase". Sie zerstöre bereits Arbeitsplätze und schade den Verbrauchern.
Sebastián erklärte die Preissteigerungen auch mit der Nachfrage in China und verlangte eine "tiefgreifende Marktreform" mit restriktiveren Regeln, um insbesondere institutionelle Investoren zur Zurückhaltung zu veranlassen. Den Ölförderländern hielt er vor, bislang nur eine unzureichende Antwort auf die erhöhte Nachfrage zu geben. Er lobte aber die Ankündigung Saudi-Arabiens, seine Produktion zu steigern. Für die künftige Versorgungsstrategie wäre es nach seiner Ansicht günstig, bis zum Jahr 2020 rund ein Fünftel des Konsums nur auf erneuerbare Energien zu stützen. Der Kongress, der mehrere tausend Teilnehmer in der spanischen Hauptstadt versammelt, wurde von König Juan Carlos mit der Mahnung eröffnet, dass die Preissteigerungen für Erdöl schon alle vorstellbaren Grenzen überschritten hätten. Die Vertreter der Industrie, der Förderländer und der wichtigsten Verbraucherstaaten wollen bis zum Donnerstag in Madrid weiter konferieren.
Unterdessen konnten sich fünf westliche Ölkonzerne und die irakische Regierung nicht auf einen Vertrag einigen, der die Rückkehr von Total, Shell, Exxon Mobil, BP und Chevron eingeleitet hätte. Es habe Uneinigkeit über die Art der Bezahlung geherrscht, teilte Ölminister Hussein el Schahristani. Die Konzerne bestanden demnach auf eine Bezahlung in Öl, "wir teilen aber unser Öl nicht", sagte der Minister. Der Irak wolle lediglich die Hilfe von Experten in Form von Beratung und technische Unterstützung bei der Ölförderung. Das Öl gehöre den Irakern.
Irak hat das drittgrößte Ölvorkommen der Welt. Es wird auf 115 Milliarden Barrel geschätzt. Derzeit fördert das Land 2,5 Millionen Barrel am Tag, das ist so viel wie beim Einmarsch der amerikanische Armee 2003. Mit Hilfe der ausländischen Konzerne wollte das Ölministerium die Produktion binnen fünf Jahren auf 4,5 Millionen Barrel pro Tag steigern. wie/dpa
Text: F.A.Z., 01.07.2008, Nr. 151 / Seite 14
Donnerstag, 3. Juli 2008
Politisch gefärbte Armutsforschung
Am Bodensee Juni 2008 nach Tagung in Freiburg
Mit dem Anstrich der Wissenschaftlichkeit
Immer mehr Studien sollen die Forderung nach einem staatlichen Mindestlohn untermauern. Wie aussagekräftig sie sind, bleibt aber fragwürdig. Kritiker sehen eine politisch gefärbte Armutsforschung. Von Kerstin Schwenn
BERLIN, 1. Juli. Die SPD wirbt für einen flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland. Die Gewerkschaften verbinden dieselbe Forderung sogar mit einer Kennziffer: "Mindestens 7,50 Euro" soll ein Arbeitnehmer in der Stunde bekommen. Die Mindestlohn-Befürworter werden nicht müde, Umfragen zu zitieren, nach denen mehr als 80 Prozent der Bevölkerung in Deutschland den Mindestlohn "wollen" - eine Stimmung, von der sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Union trotz vieler Warnungen aus Wirtschaft und Wissenschaft längst haben anstecken lassen.
Dabei wird die einfache Forderung nach Mindestlohn von interessierter Seite allenthalben verstärkt. Kaum ein Tag vergeht, an dem der Öffentlichkeit nicht das schwierige Los von Geringverdienern anhand von "Studien" mit dem Anstrich von Wissenschaftlichkeit vor Augen geführt wird. Vor wenigen Tagen etwa präsentierte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seinen Index "Gute Arbeit". Danach arbeiten mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer hierzulande "unter unsicheren Bedingungen". Nur 47 Prozent der Beschäftigten hätten, so die DGB-Untersuchung, einen unbefristeten Vertrag, seien keine Leiharbeiter und verdienten mehr als 2000 Euro brutto im Monat. "Wenn immer mehr Menschen mit Kombilöhnen - also Niedriglöhnen plus Hartz IV - auskommen müssen, ist das ein politischer Kurs, der brandgefährlich ist für unser Land", warnte der DGB - und verlangte abermals einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro.
Zum Beleg der Seriosität der Untersuchung wird erläutert, der DGB-Index basiere "auf einem arbeitswissenschaftlich fundierten analytischen Verfahren, das in praktischer Absicht durchgeführt wird". Zugleich wird betont: "Das Definitionsrecht haben die Arbeitnehmer: Gut ist eine Arbeit, die den Ansprüchen der Beschäftigten an die Gestaltung der Arbeitswelt gerecht wird." Darum würden sie bei den Erhebungen außer über ihre Arbeitssituation auch nach ihren persönlichen Vorstellungen gefragt.
Ungehört blieb die Einlassung der Arbeitgeberverbände, die Ergebnisse der DGB-Studie stünden im Widerspruch zu unabhängigen Studien, weil Sachverhalte darin eingeflossen seien, die nicht oder nicht allein im Einflussbereich des Unternehmens lägen wie etwa die Angst vor Arbeitslosigkeit. Die Arbeitswirklichkeit in Deutschland werde so negativ verzerrt.
Ein besonders beredtes Beispiel für das Steuern der Stimmung ist der jüngste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Nach Angaben des Berichts hat sich die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland weiter vertieft. 13 Prozent der Bürger seien als arm anzusehen, heißt es darin. Am meisten von Armut bedroht seien Arbeitslose, Personen ohne Berufsausbildung, Alleinerziehende und Ausländer. Aus Sicht des Arbeitsministeriums belegt der Bericht, dass "der Sozialstaat wirkt". Durch staatliche Transferleistungen wie Arbeitslosen- und Kindergeld oder die Grundsicherung für Ältere habe die Armutsquote von 26 auf 13 Prozent halbiert werden können.
Reflexartig wurde nach neuen Wohltaten gerufen: Der DGB und der Sozialverband SoVD beklagten nach dem "erschütternden" Bericht, die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich verschärfe sich. Die Regierung müsse noch in dieser Wahlperiode ein Sofortprogramm gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit auflegen, so der DGB. Oberste Priorität müssten dabei flächendeckende Mindestlöhne haben. Der SoVD forderte zudem höhere Hartz-IV-Regelsätze.
Die Bundesregierung verständigte sich nach längerem Streit zwischen Arbeits- und Wirtschaftsressort auf den Passus, gute Arbeitsbedingungen und angemessene Erwerbseinkommen seien die Basis für eine ausreichende soziale Sicherung. Branchenspezifische Mindestlöhne könnten dazu einen Beitrag leisten. Die ursprünglich klare Empfehlung für Mindestlöhne wurde nach dem Einspruch des Wirtschaftsministers entschärft. An der unbefriedigenden Grundlage des Berichts, dem Nebeneinander inkompatibler Datensätze sowie dem Verharren auf dem veralteten Stand von 2005, bevor der Konjunkturaufschwung einsetzte, konnte auch CSU-Minister Michael Glos nichts mehr ändern.
Auch der Armutsbericht blieb nicht unwidersprochen: Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, statt auf mehr Umverteilung und Sozialtransfers zu setzen, müssten die Bedingungen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze weiter verbessert werden. Die FDP forderte, einen "politisierten Armutsbericht" wie diesen künftig zu vermeiden und die Erstellung einem unabhängigen Sachverständigengremium zu übertragen. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn nannte die Alarmrufe "unangebracht und übertrieben". Die Einwände verhallten weitgehend ungehört. Dabei ist selbst im Haus von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) die Erkenntnis weit fortgeschritten: So gesteht die Führungsspitze des Hauses halböffentlich zu, der Begriff "Armut" sei relativ, dargestellt werde der Unterschied zwischen Reich und Arm, gemessen am Wohlstand des Landes. Ergänzt wird in der mündlichen Kommentierung: "Nach einem absoluten, internationalen Armutsbegriff kann in Deutschland niemand als arm gelten."
Text: F.A.Z., 02.07.2008, Nr. 152 / Seite 13
Sextus Empiricus, D größter Nettozahler, Kernkraftwerke, Inflation, Neugründungen, Rosenthal, Naturwiss. und techn. Bildung, Kafka
STRIZZ, Reiche, FAZ
20°-16° Sch/R 7. Zecke
In-a-gadda-da-vida - ein Ohrwurm von Iron Butterfly; wir hörten ihn oft im SDAJ-Keller; arbeitete damals bei DEW im Schichtbetrieb, Titanitfabrik. Auch aus der Zeit : Gerry and the Pacemakers; Gerry bedenkt in einer späten Aufnahme John Lennon mit "God bless".
6354 1,5690 14447 11289
- Kafka, geb. 3. Juli 1883 . Hatte einige Probleme, schrieb schlank ohne Schwulst, starb jung und hinterließ kaum etwas Lesenswertes. Sehr unangenehm sein Zug zur Verrätselung und die Armut an positiver Wissensvermittlung; ich schätze die KLEINE FABEL, BERICHT AN EINE AKADEMIE, KAISERLICHE BOTSCHAFT, VOR DEM GESETZ, AUF DER GALERIE, JOSEFINE, DIE SÄNGERIN, allesamt Texte, bei denen die aufgewendete Lesezeit in einem fruchtbaren Verhältnis zur gebotenen Erkenntnis und zum Genußwert steht. Allerdings fehlt jungen Lesern, einige Ausnahmen mag es geben, der Lebensüberblick und der Leidenshorizont für diese Literatur, weswegen sie nur für Interessierte in Frage kommt. - Kafka erinnert mich von weit an Magritte und Satie.
( Übrigens ganz unästhetisch das bräsige Geschwätze Wagenbachs: " K. kannte die Elektrotechnologie "; gemeint ist die Elektrotechnik, die K. natürlich nicht kannte, er war völlig eindimensional gebildet, die er aber in einzelnen Produkten in den Fabriken sah. ) (Differentialpsychologisch interessant, wie sich zwei extrovertierte Schwafler wie Schirrmacher und Wagenbach auf den feinsinnig leidenden introvertierten K. schmeißen.)
- ! " überwies Deutschland im vergangenen Jahr 0,3 Prozent mehr nach Brüssel, als es aus den EU-Töpfen erhielt. Das entspricht rund 7,4 Milliarden Euro. In absoluten Zahlen bleibt Deutschland damit wie in den Jahren zuvor größter Nettozahler. Im Jahr 2006 hatte der deutsche Staat einen Nettobeitrag von rund 6,3 Milliarden Euro geleistet. ..." 1.7. FAZ
- "Toshiba baut Kernkraftwerke. Der Präsident des japanischen Mischkonzerns Toshiba hat den Bau Dutzender neuer Kernkraftwerke weltweit angekündigt. Bis 2015 werde sein Konzern mindestens 33 Atomreaktoren errichten, sagte der Präsident und Vorstandsvorsitzende von Toshiba, Atsutoshi Ni-shida, dem "Handelsblatt". Bis 2020 würden es schon 65 sein: "Allein auf dem amerikanischen Markt winken Aufträge für 31 Reaktoren." Toshiba hatte 2006 den amerikanischen Atomkraftwerksbauer Westinghouse übernommen und ist seit vergangenem Jahr Marktführer vor der französischen Areva. Schon um die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen, sei der Bau neuer Atomkraftwerke notwendig, sagte Nishida. dpa 30.6.
- " 30.06.08 Die Inflation hat die ganze Welt erfasst. 40 Prozent der Weltbevölkerung leiden unter zweistelligen Teuerungsraten. Der Anstieg der Preise für Rohöl, Lebensmittel und andere Rohstoffe hat nicht nur hierzulande, sondern rund um den ..." FAZ
- In 2007 verbrauchten die USA 3% weniger Öl. China, Thailand, Malaysia u.a. subventionieren Ölprodukte immer noch.
- Angesichts wachsender Inflation. EZB erhöht Leitzins auf 4,25 Prozent. 4% Inflation in der €-Zone.
- "Immer weniger Neugründungen. Immer weniger Deutsche wagen den Weg in die Selbständigkeit: Die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Tiefstand erreicht. Das geht aus der Studie "Gründungsmonitor ..." F.A.Z.24. Juni 2008
- Traurig: Der SPD-Vorzeigeunternehmer Rosenthal war in den neunziger Jahren am Ende und mußte an Wedgwood verkaufen, die jetzt ebenfalls an den hohen Löhnen gescheitert sind. JADE: sehr schön.
- Legende der Geschichte: "Wie Droysen einmal sogar Helmut Kohl antizipierte. Wie kann Geschichte wissenschaftlich untersucht werden und gleichwohl einer Gesellschaft Orientierung bieten, nachdem die alte Verheißung, aus der Historie für das Leben lernen zu können, nicht länger überzeugt? Jörn Rüsen hat vor ..." F.A.Z.23. Juni 2008
- "Die zehn Strategien des BDI für das kommende Jahrzehnt. Aufstieg durch Bildung. Wissen ist der Rohstoff unseres Landes. Deshalb muss das Land jeden individuell in seinen Talenten fördern, auf Kreativität, Wettbewerb und Eliten setzen und mehr für Bildung tun. ..." F.A.Z.23. Juni 2008, // NICHT BILDUNG ! Naturwissenschaftliche und technische Bildung ! Böll (Unsterblich: Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral), Grass & Co. machen dumm und faul.
- "Staatsfinanzen. Ungenügend. Peter Struck und Günther Öttinger konnten sich bisher nicht auf die Ausgestaltung der Schuldenbremse für die Staatsfinanzen einigen. Man fragt sich, wie die beiden Politiker ihre Kommission auf ein Ziel einschwören wollen, das sie selber nicht kennen. ..." FAZ.NET Wirtschaft23. Juni 2008
- "Vom Leben des Sextus Empiricus ist nicht sehr viel bekannt. Aus einer Erwähnung bei Diogenes Laertios (9,116) ergibt sich, dass die erhaltenen Werke 180–200 n. Chr. verfasst sein dürften; aus Sextus’ Schriften geht hervor, dass er in Alexandria und Athen gewesen sein muss, der Ort seines Wirkens war aber vermutlich Rom, das mannigfaltige Erwähnung in seinen Schriften findet. Der Beiname Empiricus deutet auf Zugehörigkeit zur antiken Ärzteschule der Empiriker hin. ..." (Wiki.)
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