Montag, 31. Oktober 2011

Wo längst Gewißheit herrscht






Da erblassen die Rosen - die Herbstglut des japanischen Ahorns




" Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du -
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu "

Der Sommer tat es nicht,
Der Herbst holt das jetzt nach.
Die Tage sind nicht mehr licht,
Doch mild und sonnig gemach.

Die Schwalben sind längst weg,
Entflogen in den Süden.
Die Rosen blieben am Fleck,
Der Zephyr grüßt den Müden.

Die Blätter fallen so sacht
Von zögernder Zeit gelenkt.
Die Fledermaus fliegt noch im Dunkel
Das früher und früher sich senkt.



Erste Strophe: Benn, Astern

Sonntag, 30. Oktober 2011

Sie sind nicht alle kleine Sünderlein




Links stehen die größten Staatsschuldenstaaten: An der Spitze Japan, dann Griechenland, Island, Italien, Irland, USA, Portugal. Die rote Linie markiert die nach Maastricht zulässige 60%-Grenze.

Links unten innen wird die Haushaltsverschuldung angezeigt: Irland hat die größte Haushaltsneuverschuldung, es folgen USA, Japan, Großbritannien und Neuseeland. Die rote Linie dort markiert die nach Maastricht zulässige 3%-Grenze.

Die Soliditäts-Helden finden sich rechts: Norwegen, Ungarn, Schweden, Schweiz, Südkorea, Estland, Finnland, Luxemburg. Bis auf Südkorea lauter Zwergstaaten. Norwegen mit dem höchsten Überschuß läuft außerhalb der ökonomischen Konkurrenz, weil sie in Erdöl und Erdgas schwimmen.

Folie: Sinn / ifo

Man müßte hier zusätzlich die Arbeitslosenraten integrieren, insbesondere die Jugendarbeitslosenziffern. Japan steht dort besser da, die Schweiz noch besser, Italien aber schlechter: 28% der Italiener unter 25 sind arbeitslos gemeldet.

- Franco Frattini ist kein unsympathischer Mensch. Der elegante Ex-EU-Kommissar, heute Berlusconis Außenminister, gab ein interessantes Interview:
“Im Gespräch: Franco Frattini„Italien ist gar nicht Teil des Euro-Problems“
Außenminister Franco Frattini über heilsamen Druck aus Brüssel, Sarkozys irritierende Körpersprache, Merkels mutige Führung, Camerons berechtigte Angst vor einer Spaltung Europas - und warum die Währungsunion kein Omnibus ist. ... “ FAZ 28.10.11
Da hat er recht, denn es gibt kein Euro-Problem, sondern ein Staatsschuldenproblem. Er vertritt Italiens Position geschickt:
“Hätten Sie jetzt gern noch mehr Druck aus Brüssel, weil die versprochenen Reformen noch weit hinter dem zurückliegen, was zum Beispiel Trichet und Draghi von der Regierung verlangt haben?
Ja, das wäre eine gute Ermutigung. Allerdings weigere ich mich, Italien als Teil des Problems zu sehen, wo doch Frankreich am Zug wäre, das Problem der griechischen Anleihen in den französischen Banken zu lösen. Italien wird 2011 der einzige G-7-Staat mit Haushaltsüberschuss sein, wenn auch ohne Berücksichtigung der Zinslast. Das schafft selbst Deutschland nicht!
Die griechische Schuldenflut kann also kein italienischer Tsunami werden, der die Währungsunion hinwegspült?
Nein. Unsere Staatsschulden sind zwar hoch, aber die private Verschuldung liegt 25 Prozentpunkte unter dem europäischen Durchschnitt.
Davon kann sich der Staat nicht refinanzieren...
Doch! 45 Prozent unserer Staatsschuld wird von Italienern gehalten. Der Staat ist verschuldet, die Italiener sind reich. Und diese Italiener wollen ihren Staat nicht scheitern sehen. Hinzu kommt, dass drei von vier Italienern Wohneigentum haben.
Aber die Wirtschaft wächst nicht, und auch Sie finden keine Käufer für Staatsanleihen mehr. Das können die Euro-Partner, anders als vielleicht im griechischen Fall, kaum schultern.
Das stimmt, es ist undenkbar, dass sich Italien retten lässt. Denn die Säulen unserer Wirtschaft sind stabil. Ja, das Wachstum ist niedrig, aber auch Deutschland hat seine Prognose halbiert, von Frankreich gar nicht zu reden. Die italienische Industrieproduktion dagegen ist in den vergangenen vier Monaten um 4,6Prozent gestiegen, stärker als die deutsche, und der Export ist im letzten Halbjahr nicht zufällig um 17 Prozent gestiegen.”

Ja, Italien ist nicht Griechenland. Norditalien ist recht produktiv, seine Luxusmarken sind weltweit begehrt, in den Schwellenländern steigt die Nachfrage danach. Auch ein chinesischer Mandarin trägt gerne PRADA, von der Mandarinin nicht zu reden.
Aber Norditalien hat den Wasserkopf Rom (der Dottore ist gerade Kaffee trinken) am Hals und den Süden (da müssen wir erst die Mafia fragen) an den Hacken.
Da gibt es viel zu tun, und die Linke möchte doch gern die Sozialausgaben durch neue Schulden steigern und die progressiven Dottori in Rom verdoppeln. Die 113% Staatsverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt BIP sprach Frattini nicht direkt an. Man darf gespannt sein, wie das ausgeht.

- Sony gibt die Allianz mit Ericcson auf - Siemens, Ericcson und Nokia dominierten vor nicht allzu langer Zeit die Mobiltelefonie. Jetzt ist nur, sehr geschwächt, Nokia übrig. Beim Wachstumsmarkt Intellifonie verwendet Nokia das US-Betriebssystem von Microsoft.
Bei der Mülltrennung aber liegt die EU weit vorn!

Samstag, 29. Oktober 2011

Jahrgang 1969




Chogju aus dem chinesischen Süd-Gorlos gab eine Darbietung seiner Kunst am 26.10.11 in Düsseldorf - nur der Mongoloist Klaus Sagaster konnte das ganz genießen
(der Mythos ist immer etwas unscharf)



Wenn so ein mongolischer Barde erzählt, dann versteht man ziemlich wenig. Aber wer Homers ILIAS gelesen hat, weiß doch, worum es geht: Heldenkampf um Frauen, mal mehr Kampf, mal mehr Frauen. Die Darwin-Lektüre wäre fast schon ausreichend, nur gibt es bei Darwin keine “rosenfingrige Eos” und keine rhythmische Sprache, wie sie der kunstreiche Homer schuf:

Als er hielt das Gezäum, durchschoß er die Brust an der Warze;
Und er entsank dem Geschirr, und zurück ihm zuckten die Rosse
Fliegenden Laufs, ihm aber erlosch der Geist und die Stärke.

Ilias, 8. Gesang, 121ff.

Wie der mongolische Barde noch heute dürfte auch Homer damals beim Vortrag einen Sprechgesang
und ein begleitendes einfaches Saiteninstrument (Lyra) eingesetzt haben.

Heute haben wir die LINDENSTRASSE und die WORLD OF WARCRAFT.

Und die Familienmythen. Je weniger Logos in einer Familie herrscht, desto Mythos wird gepflegt; auch die hundertste Wiederholung einer Geschichte scheint manchen nicht zu viel.

Freitag, 28. Oktober 2011

Schauspielern können sie sonst besser





Antäuschen und dann ...



“Zug um Zug” heißt das Werbebüchlein, das Dauerraucher Schmidt für seinen Kumpel Steinbrück arrangiert hat, den er gerne als SPD-Kanzlerkandidaten sähe. Die beiden unterhalten sich in der Broschüre über so allerlei: taugt da das Schachspiel überhaupt als Titelbild und Stichwortgeber?
Beim Schach geht es um ein Duell mit dem Ziel der Niederlage eines der beiden Gegner. Schmidt und Steinbrück wollen einander aber nicht besiegen, besingen wollen sie sich als Polithelden der Extraklasse. Das Schachsymbol trifft die Werbeveranstaltung also nicht, es ist falsch gewählt, und es stellt sich die Frage, ob diese Partie wohl die erste der beiden war, was auch erklären würde, daß die Aufstellung der Figuren nicht den Schachregeln entspricht. Steinbrücks weißer Turm müßte nämlich auf dem weißen Eckfeld H1 stehen.

Aber vielleicht handelt es sich um Satire, wenn zwei so tolle Burschen unterwegs sind? Hat der eine doch den ersten deutschen Staatsschuldengroßrekord aufgestellt und der andere später daran weitergestrickt.
Um ihre eigentlichen Handlungen und Ziele zu verbergen und die Wähler zu täuschen, erfinden die meisten Politiker raffinierte Finten und Finessen, um zum Beispiel zu verdecken, was sie besonders gern tun: sich gegenseitig etwas zuzustecken. Auch dafür könnte das Bild auf dem Broschürenumschlag stehen.

Zieht ein echter Schachspieler und bewegt eine seiner Figuren, so schaut der andere gespannt zu und versinkt dann oft in längeres Nachdenken darüber, was der Gegner wohl beim fünften oder sechsten Zug danach zu beabsichtigen gedenkt.
Das Foto zeigt aber S. und S., wie sich ihre Hände gleichzeitig über dem Schachbrett befinden und sich zu berühren scheinen. Wer hat da was in der Hand? Wer steckt dem anderen da etwas zu? Steinbrück dem Schmidt Zigarettengeld für die Kandidatenwerbung? Oder Schmidt dem Steinbrück ein dickes Schmerzensgeld für das Ertragen der Qualmerei? Beides gleichzeitig?

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Ein Ermächtigungsgesetz zum Verdrehen und Hebeln




Blick zurück - die 500.000-Lire-Note aus der Portokasse von 1997






Erinnern wir uns noch?
Die italienische Lira wurde 2002 durch die Einheitswährung Euro abgelöst. Der offizielle Umrechnungskurs betrug 1 € = 1936 Lire.
EIN-TAUSEND-NEUNHUNDERT-SECHSUNDDREISSIG Lire für einen Euro.
Darin spiegelt sich die Mittelmeermethode des Staatsschuldenabbaus. Die langanhaltende Inflation. Wie in Griechenland versorgen seit langem die italienischen Parteien ihre Parteigänger mit überbezahlten Stellen im öffentlichen Dienst und bezahlen das mit Schuldenaufnahme. Da ausnahmslos alle Parteien dieses Spielchen seit Jahrzehnten betrieben haben, kann man von einer entsprechenden mittelmeerischen Mentalität sprechen. Einer “Schulden- und Inflationskultur”.
Auch seit Einführung des € gab es eine italienische Teuerung um rund 50%. Da der Zinsfuß nicht mehr von den einzelnen Ländern nach Erfordernis der nationalen Bedingungen festgesetzt werden kann, sondern von der EZB für alle Euroländer bestimmt wird, hatte die italienische Politik eine zusätzliche Ausrede, Inflation zuzulassen. Der Einheitszins taugt nicht für alle. Die Zinshöhe ist ein unverzichtbares Werkzeug für die Wirtschaftspolitik eines Landes.
Allein im August 2011 gab es eine 40 Mrd. Kapitalflucht aus Italien. Wohin mit den Anlagegeldern der Versicherungen, Rentenkassen und Banken, wenn der Euro-Zins durch die Politik nach unten manipuliert wird? Deutsche Aktien scheinen manchen Italienern sicherer zu sein als italienische Staatsanleihen.

Der Dax steht heute bei 6343 Punkten - das ist ein Mittelmeerplus von 5,4% . €/$ 1,4177.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Sinnschöpfung





„Die Staatsschuldenkrise in Europa – Wie steht es um den Euro?“

IFO-Chef Prof. Sinn bei Punkt 2 seines Vortrags in Düsseldorf
(Fortsetzung am 10. Januar 2012, gleicher Ort, HHU, HS 3A)



“ Die Deutschen der fünfziger Jahre erwarteten sich vom Staat nicht mehr die Erfüllung des Lebens, welche der Dienst am Ganzen gewährt, sondern Vorteile. Der Staat selber, Regierung und Parteien, appellierten nicht mehr an den Sinn für das Ganze, sondern an den Egoismus der Gruppen, besonders wenn Wahlen vor der Tür standen. Der neue und sprechende Ausdruck WAHLGESCHENKE stammt von daher.” Golo Mann, Dt. Geschichte, S. 1030

Deutschland holte hier nach, was sich in anderen Demokratien bereits etabliert hatte. Inzwischen hat sich dieses Krebsübel ins Gigantische gesteigert, fast überall in der Eurozone wurden mit großen Wählerkaufprogrammen Staatsschuldenberge angehäuft.

Sondereffekte durch die Einführung des Euro verstärkten dieses Krebsübel. Griechenland, Italien, Irland, Portugal und Spanien (GIIPS-Staaten) verschuldeten sich munter noch mehr, da sie jetzt den gleichen billigen Zins bekamen wie die stärker stabilitätsorientierten Länder des Nordens, Niederlande, Deutschland und Frankreich. Der dadurch ausgelöste Boom, meist ein Bauboom, zog Kapital aus Deutschland ab, wodurch dort lange Jahre der Stagnation herrschten. Daher sei es “absurd” zu behaupten, so der Spitzenökonom Hans-Werner Sinn gestern in seinem Vortrag an der Uni Düsseldorf, Deutschland sei ein “Euro-Profiteur”. Das Gegenteil sei der Fall. Die Rettungsfisimatenten hätten bereits einen großen Schaden angerichtet, der jetzt durch Hebelung noch vergrößert würde.
Sinn sieht die Rückkehr zur Drachme als einzige Möglichkeit der Schadensbegrenzung.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Gubaidulina liebt Fibonacci






Sofia Gubaidulina in jüngeren Jahren
Bild: Smirnow / Wiki.


- Franz Liszt wird 200 - Sofia Gubaidulina 80. Die neue Musik wird alt.
Gubaidulina ist mir eingängiger als der große Abenteurer Liszt, WDR3 präsentierte sie am Sonntag ganztägig. Gubaidulina ist sehr religiös, aber Musik hat keine konkrete Bedeutung, sie klingt und wirkt über die sinnliche Wahrnehmung auf die Gefühle. Was immer sich ein Komponist gedacht haben mag, es spielt keine konkrete semantische, keine kognitive Rolle.
Gubaidulina schafft eine expressive Klangwelt - eine Welt von Klängen mit einer Anbindung an das Archaische, das Materiale, Brutale, Unkünstliche. Kein Thema wird erschöpfend und umfänglich behandelt, variiert, transformiert, permutiert, sondern Klangereignisse elementarer Art werden zusammengestellt. Eine materialinspirierte Musik, wie mir scheint, aber auch eine Musik, die mit Fibonacci-Verhältniszahlen hantiert, wie sie auch bei Bach und vielen anderen gefunden wurden.

Montag, 24. Oktober 2011

Gewalt am Rande





- Krieg, Fehde, Duell, Blutrache, Raub, Totschlag und Mord sind in der Geschichte seit Homers "Ilias" weltweit vielfach dokumentiert und herrschen bis in die Gegenwart in Ländern und Gebieten ohne Zentralmacht. Weniger belegt ist die Wertlosigkeit des individuellen Lebens in vorindividuellen, traditionellen Gesellschaften im kleinen Alltag am Rande:
"Die zweijährige Wang Yue war auf der Suche nach ihrem älteren Bruder, als sie an einem späten Nachmittag aus dem Geschäft ihrer Eltern auf eine Marktstrasse der südchinesischen Stadt Foshan rannte. Ein Minivan, dessen Fahrer offenbar gerade telefonierte, übersah das kleine Mädchen und fuhr es an. Daraufhin stoppte er kurz, stieg aber nicht aus, sondern überfuhr das Kind auch noch mit einem Hinterrad. Kurz darauf rollte ein kleiner Lastwagen über die Zweijährige. Etwa 18 Passanten liessen das schwerverletzte Mädchen liegen, bevor eine ältere Müllsammlerin sich um dieses zu kümmern begann. Am Freitag ist es im Spital gestorben. Die Meldung über den Unfallhergang und die Sequenz des Films aus einer an der Strasse angebrachten Überwachungskamera haben in den chinesischen Medien, vor allem im Internet, einen Sturm der Entrüstung und eine Diskussion über die Moral der Gesellschaft ausgelöst. Zweierlei entsetzte die Kommentatoren besonders: zum einen der Fahrer des ersten Autos, der, obwohl ihm die Situation klar war, weiterfuhr und – wie es schien – bewusst die Tötung des Mädchens in Kauf nahm; zum andern die zahlreichen Passanten, die der Szene keine Beachtung schenkten und dem in seinem Blut liegenden Kind nicht zu Hilfe eilten." NZZ 22.10.11, Diskussion über unterlassene Hilfeleistung

Im Falle der Rache weidet man sich verbreitet an den blutigen Toten: Der libysche Revolutionsmob lynchte nicht nur den Diktator Gaddafi und dessen Sohn, sie stellen ihn in einem Supermarkt in Misrata halbentblößt zur Schau und lange Schlangen mit zahlreichen Kindern darin bilden sich davor. Auch den Kindern wird der blutige Totschlag als selbstverständlich vor Augen gestellt.
Die Schaulustigen bekommen Atemmasken ausgehändigt, offenbar geht von den Leichen bereits Verwesungsgeruch aus. (CNN-Aufnahmen)

Sonntag, 23. Oktober 2011

Geisteswissenschaften müssen nicht automatisch den Verstand verdunkeln






Dr. phil. Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzende der Geschäftsführung des Maschinenbauunternehmens TRUMPF GmbH + Co. KG, empfahl letzte Woche den Kabinettsdamen in Sachen “Frauenquote”, sich sinnvolleren Dingen zuzuwenden. (Vgl. “Wenn Mama rasch ins Meeting muss”, FAZ 19.10.11) (Bild: Trumpf)


Es sind solche Persönlichkeiten, die in den kleineren Unternehmen Wohlstand und (pietistisch/reformiert inspirierte) Kultur stehen, während die Politik diesen Wohlstand und diese disziplinierte Kultur gefährdet.
Bei der Verabschiedung des EZB-Chefs Trichet blies sich Helmut Schmidt für die Brüsselkraten und die griechischen Betrüger groß auf, ohne auf seine eigene Rolle bei diesem Bubenstück einzugehen: er nämlich hat als Kanzler in seiner großspurigen Art mit dem staatlichen Großschuldenmachen begonnen, an dem das Eurozonen-Europa heute krankt.

Samstag, 22. Oktober 2011

Erfreulich, erfreulich






Wär doch ganz nett: “Alle Kurven weisen auf den ewigen Frieden”! So lautet der Titel der Münklerschen Rezension des neuen Pinker-Buches GEWALT (FAZ 19.10.11).

Pinker sieht in den Opferzahlen eine stetig fallende Tendenz, wobei er von der jeweiligen Gesamtbevölkerung der Zeit als Grundgesamtheit ausgeht. In seiner Statistikliste nehmen die mongolischen Eroberungen den zweiten Rang ein an Opfertoten, Platz 3 sieht den Sklavenhandel im Nahen Osten, erst auf Rang 9 erscheint der Zweite Weltkrieg.
Drei Faktoren macht Pinker für diese erfreuliche Entwicklung geltend:
Die Staatenbildung beendete die alltägliche Gewalt zwischen den Menschen durch Verrechtlichung. Gleichzeitig beseitigte die fortschreitende Monogamie den Reproduktionvorteil vitaler Haudegen. Schließlich habe der Prozeß der Zivilisation Gewalt und Krieg delegitimiert.
Es ging also anders zu, als in Grimmelshausens Friedensphantasie im “Simplicissimus”, dort nämlich vernichtet ein himmlischer Held alle Totschläger. Nur die Friedfertigen überleben.


Ich selbst habe dem Thema 2005 zwei Vorträge gewidmet (Krieg in Philosophie und Geschichte sowie GEWALT ANTHROPOLOGISCH, ODENTHALER GESPRÄCHE) und dort Bezug genommen auf Manuel Eisner und seinen Aufsatz “Individuelle Gewalt und Modernisierung in Europa, 1200-2000” (in: “Gewaltkriminalität”, Hg. Günter Albrecht, stw 2001, S. 71ff.)
Eisners Zahlen unterstützen Pinkers Thesen für Europa und für den genannten Zeitraum, allerdings betrachtet Eisner keine Kriege und er stellt seit den 1960er Jahren einen leichten Wiederanstieg der Tötungsrate fest. Susanne Karstedt sieht das im Zusammenhang mit der Einwanderung aus Gesellschaften mit hohem Gewaltniveau, etwa der Türkei. (“Individualismus und Gewalt: Extreme Modernisierung oder Re-Traditionalisierung der Gesellschaft? Ein interkultureller Vergleich. Ebd., S. 236ff.)

Freitag, 21. Oktober 2011

Heizkosten 0






Im Holozän ist’s kühl: Reif auf dem Rasen. Heute morgen erster Nachtfrost des Herbstes, ähnlich früh wie letztes Jahr; Nachttemperatur -1°C, mittags 9°C.


Im Miozän, da war es schän: “ GRIESBECKERZELL, 17. Oktober (dpa/FAZ). So weit nördlich ist noch nie ein Python gefunden worden: Gut 15 Millionen Jahre alt ist das Sensations-Fossil ... “


Pythons lieben es warm, so um die 19°C jahresdurchschnittlich. Heute liegt die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland bei 8°C. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Und so lange ist das gar nicht her, gemessen am Alter der Erde von ca. 4,5 Mrd. Jahren.
Das Miozän zählt denn auch zur Erdneuzeit, zum Jung-Tertiär (vor 25-5 Mio. Jahren).
Menschen gab’s noch keine, aber erste Elefanten und Giraffen. Und zur Gegenwart hin eben dann auch Pythons, die sich in Augsburg offenbar wohl fühlten. Kein Wunder.
Diese schönen Temperaturen gab es ganz ohne menschliches Kohlendioxid. Wer sagt das mal den Bundestags-Einsitzern?

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Die Zeiten waren so





"Da fieng man erst an, die Steine von den Pistolen und hingegen anstatt deren der Bauren Daumen aufzuschrauben und die arme Schelmen so zu foltern, als wann man hätte Hexen brennen wollen, maßen sie auch einen von den gefangenen Bauren bereits in Backofen steckten und mit Feuer hinter ihm her waren, unangesehen er noch nichts bekannt hatte. Einem andern machten sie ein Seil um den Kopf und raitelten (drehten) es mit einem Bengel zusammen, daß ihm das Blut zu Mund, Nas und Ohren heraussprang. In Summa, es hatte jeder seine eigne Invention, die Bauren zu peinigen, und also auch jeder Baur seine sonderbare Marter. "
Grimmelshausen, Simpilcissimus, 1. Buch, 4. Kapitel
Verirrte Soldaten haben den Bauernhof, auf dem der zehnjährige Simpilcissimus lebt, überfallen, sie berauben, foltern und töten nach Belieben und setzen endlich das Haus in Brand. Grimmelshausen schildert realistisch die alltägliche Gewalt des 30jährigen Krieges, wie sie auch in anderen Quellen der Zeit aufscheint.

Später entwirft Grimmelshausen ein Gegenbild zu den gesehenen Rohheiten:
" Ich fragte meinen Jovem, was dann die christlichen Könige bei der Sach tun und ausrichten würden. Er antwortete: »Der in Engelland, Schweden und Dennemark werden, weil sie teutschen Geblüts und Herkommens, der in Hispania, Frankreich und Portugal aber, weil die alte Teutschen selbige Länder hiebevor auch eingenommen und regieret haben, ihre Kronen, Königreiche und inkorporierte Länder von der teutschen Nation aus freien Stücken zu Lehen empfahen; und alsdann wird wie zu Augusti Zeiten ein ewiger beständiger Friede zwischen allen Völkern in der ganzen Welt sein.« "
3. Buch, 4.Kap.
Eine konstitutionelle Monarchie mit Parlament schwebt ihm vor, eine "kluge und gelehrte" Regierung, womit er auf die Aufklärung verweist.
Wer die Gewaltschilderungen dieser Zeit vor Augen hat, dem wird die Gegenwart in Europa und Amerika recht friedlich vorkommen. Selbst mit den schlimmsten Verbrechern wird sehr freundlich verfahren, so hat gerade das
Bundesverfassungsgericht die
Rechte psychisch kranker Straftäter gestärkt.

Der MIT-Psychologe Steven Pinker hat zu diesem Thema des Rückgangs und der Ächtung der Gewalt ein neues Buch vorgelegt: GEWALT. EINE NEUE GESCHICHTE DER MENSCHHEIT. Fischer 2011

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Schlug die Laute, wenn es brenzlig wurde




Frontispiz der Erstausgabe 1668

Grimmelshausen, Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Das erste Kapitel

Simplex erzählet sein bäurisch Herkommen,

Was er vor Sitten hab an sich genommen.

Es eröffnet sich zu dieser unserer Zeit (von welcher man glaubet, daß es die letzte sei) unter geringen Leuten eine Sucht, in deren die Patienten, wann sie daran krank liegen und so viel zusammengeraspelt und erschachert haben, daß sie neben ein paar Hellern im Beutel ein närrisches Kleid auf die neue Mode mit tausenderlei seidenen Bändern antragen können oder sonst etwan durch Glücksfall mannhaft und bekannt worden, gleich rittermäßige Herren und adlige Personen von uraltem Geschlecht sein wollen; da sich doch oft befindet und auf fleißiges Nachforschen nichts anders herauskommt, als daß ihre Voreltern Schornsteinfeger, Taglöhner, Karchelzieher und Lastträger, ihre Vettern Eseltreiber, Taschenspieler, Gaukler und Seiltänzer, ihre Brüder Büttel und Schergen, ihre Schwestern Nähterin, Wäscherin, Besenbinderinnen oder wohl gar Huren, ihre Mütter Kupplerinnen oder gar Hexen, und in Summa ihr ganzes Geschlecht von allen 32 Anichen her also besudelt und befleckt gewesen, als des Zuckerbastels Zunft zu Prag immer sein mögen; ja sie, diese neue Nobilisten, seind oft selbest so schwarz, als wann sie in Guinea geboren und erzogen wären worden.

(Karchelzieher - Karrenzieher, Anichen - Ahnen, Zuckerbastels Zunft zu Prag - Name einer Diebesbande in Nikolaus Ulenharts deutscher Bearbeitung von Cervantes’ Schelmennovelle “Eckstein und Schnittel” / “Rinconete y Cortadillo”)

(1668 erschienen in Nürnberg, ausgewiesen 1669, Raubdruck in Frankfurt etwa 1670 in mehr hochsprachlicher Fassung, etwa unter Weglassung des alemannischen "e", e.g. BUBE geschrieben, aber nicht gesprochen, Apokope; Text bei Zeno.org) Reinhard Kaiser übertrug in Eichborns "Anderer Bibliothek" neu in "zeitgemäßes Deutsch" .


“... wie in einem epischen Gedichte geht das ganze äußere Leben und Weben der Zeit in diesem Buche vor uns auf, das aus einer reichen Anschauung entworfen ist, das in seiner gedrängten Fülle, in der man kein Wort überlesen darf, einen großen Gegensatz gegen die breiten und leeren Romane der Zeit bildet und auch im Stile sich nicht an diese, sondern an den Volkston hält.” Georg G. Gervinus

Ob es ein Unglück gewesen sei, zur Zeit des 30jährigen Krieges in Deutschland geboren zu sein, sei strittig, jedenfalls sei es nach 1648 kein Unglück mehr gewesen, ein Deutscher zu sein. So Golo Mann in seiner “Geschichte der Deutschen im 19. und 20. Jahrhundert”.

Ich las den “Simplicissimus” in einem Schultextauszug auf der Realschule, ich entsinne mich nicht, später an der Uni noch einmal dem “Simplicissimus” begegnet zu sein.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Eine Zelle ist kein Mensch





Embryonale Stammzellen, aus denen Ersatzgewebe gewonnen werden kann - zur Heilung schwerer Krankheiten (Parkinson-Krankheit, Diabetes mellitus, Querschnittslähmung)

(Bild: Nissim Benvenisty/Wiki.)


- “Europäischer Gerichtshof: Patentierung von Stammzellen verboten
Produkte aus menschlichen embryonalen Stammzellen dürfen nicht patentiert werden, wenn dazu befruchtete Eizellen zerstört oder geschädigt werden müssen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. …” FAZ

Man darf sie aber wegschütten, die befruchteten Eizellen, das geschieht jeden Tag, denn bei einer künstlichen Befruchtung fallen sehr viel mehr befruchtete Eizellen an als verwendet werden können - nur etwas Sinnvolles damit anfangen, das darf man nicht nach diesem Urteil. Und die medizinische Verwendung in einem größeren Rahmen, die dem forschenden Arzt Brüstle vorschwebt und die durch eine Patentierung ermöglicht wird, diese medizinische Verwendung ersehnen Patienten, denen damit geholfen werden kann.
Stammzellforschung und Stammzellheilungsstrategien dienen dem kranken Menschen - juristischer Dogmatismus schadet ihm.

Montag, 17. Oktober 2011

9-9-9, das wäre fein






Wer sind denn diese Schlipsträger? Und wo ist die Quotenfrau?
Jetzt aber mal hurtig! Nach 45 Jahren übernimmt ab morgen Suzanne Vega die Führungsgitarre und Madonna piepst dazu.








Ja, was muß man oft von bösen
Buben hören oder lesen!
Die zum Beispiel Schäuble heißen,
Trittin oder Gabriel.
Erst haun sie auf die Kassenpauke,
Häufen Schulden auf die Schulden,
Machen Party Wahl für Wahl,
Für Steuerbürger eine Qual,
Doch die andern waren’s dann.

Erst drei Prozent für’s Eigenkapital.
Dann fünf? Oder neun?
Ist doch egal.
Sie greifen in die Steuerkasse
Politprofis eben, der Sonderklasse.

9-9-9! Das kann nicht sein!
Sie wollen Steuern noch und noch.
Neun Pro Einkommens-, Unternehmens- und Mehrwertsteuer,
Das wär Schäuble ein Ungeheuer.
Drüben überm Teich Herm Cain
Will das trotzdem drehn.
Ach, wie wär das scheen!

Sonntag, 16. Oktober 2011

Neue Richtlinien für die Evolution





300 Jahre Cronenberg - und immer noch keine Vorstandsfrau!
Am besten gleich enteignen durch unbedarfte Politikschwätzerinnen!
(Bild: Cronenberg-Gruppe)




Schon eine Weile her, daß die ersten Vielzeller den Sex erfunden haben, so vor 600 Mio. Jahren, zu Beginn des Erdaltertums. Hat sich bewährt, wurde beibehalten und ausdifferenziert, auch bei ganz neuen Arten wie dem Menschen, den es erst etwa 50tausend Jahre gibt.
Paarbildung ist also uralt, Familie ganz neu. Die Großfamilie wiederum ist älter als die Kleinfamilie, und erst die SPD-Eherechtsreform hat die Flickenfamilie richtig angeschoben. Dabei werden die Kinder oft in die Pfanne gehauen und umgerührt.
Jetzt stehen die Feministinnen und Ideologen vor dem Unternehmenstüren, werfen mit Dreck und Statistiken, und besonders dogmatische Exemplare wie von der Leyen drohen mit einem Vorstandsfrauenquotengesetz. Auch die ungeeigneten Frauen sollen ihr Unwesen per Quote treiben dürfen. Tüchtigkeit und Eignung sollen zweitrangig sein.
Und solche antifeministischen Unternehmen wie die Cronenbergs werden später ganz verboten.

Samstag, 15. Oktober 2011

War das schön warm in der Antarktis!






Bild aus einer Publikation des ZEITTUNNELS WÜLFRATH bei Düsseldorf.
Ein Besuch lohnt besonders für Kinder und kindisch gebliebene Erwachsene wie Schellnhuber, Merkel, Gabriel, Trittin, die glauben, es werde bleiben, wie es schon immer war.




" Buenos Aires. In der Arktis haben Forscher 49 Millionen Jahre alte Fossilien eines Urwals entdeckt. Es handle sich um die ältesten bisher gefunden Teile eines sogenannten Archaeoceten und um die ersten in der Antarktis, erklärte die argentinische Paläontologin Claudia Tambussi am Dienstag (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz in Buenos Aires. Das schwedisch-argentinische Paläontologenteam rekonstruierte einen 60 Zentimeter großen Kiefer des Archaeoceten. …" Wiener Zeitung 13.10.11

Das war aber die Antarktis! Gegenüber. Sieht ähnlich aus. Aber die Antarktis schwimmt nicht, sondern ist ein großer Kontinent, und kälter ist es dort auch im größeren Ostteil.
Damals aber nicht, sonst hätten sie diesen kleinen Urwal nicht entdeckt. Die Warmzeit des Erdmittelalters dauerte noch an, die Hamburger hätten sich von Datteln ernähren können, wenn es sie schon gegeben hätte. Im Alt-Tertiär vor 50 Mio. Jahren steckten die Säugetiere aber noch in den Kinderschuhen - 60 cm Kieferlänge für einen Wal, das fing wirklich klein an.
Und den Menschen hatte noch niemand gesehen. Schade eigentlich, wo es so schön warm war, daß man an den Polen baden konnte.

Freitag, 14. Oktober 2011

Rauf, runter, rauf





Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und Werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

J.W. Goethe, Selige Sehnsucht
 



Um übereinander herzuziehen haben die Menschen immer Gründe gefunden, gute und schlechte.
Nicht nur Jobs griff Gates an, Scott McNealy, Mitgründer von SUN, tat desgleichen. SUN entstand an der Uni Stanford, daher der Name Stanford University Network. Der Deutsche Andreas von Bechtolsheim war auch dabei, ein Vertriebener des wohlgeordneten deutschen Physikstudiengangs, der große Talente glattbügelt. Diese glorreichen 4, es waren noch andere Pioniere dabei wie Larry Ellison von ORACLE, digitalisierten die Welt, und Jobs und McNealy traten vor Gates’ Schienbein, wo immer es gerade ging. Der Geist des Neuen Testaments taugt vielleicht für das Bestellen alimentierter Pfarrstellen, bei Pionierunternehmen ist er nicht heimisch. Gibt es deswegen im NT-gläubigen Europa fast keine Zukunftsindustrien mehr?
Wer würde sich durchsetzen in der Computerwelt? war damals die Frage. Das war so lange unklar, bis Gates mit Microsoft dort dominierte, wo es auf den Preis und die Verläßlichkeit ankam, bei den Unternehmen. Allerdings lieferte SUN die Computer und Server dort, wo Präzision und hohe Stabilität zuerst zählten.
Apple hatte seine Nische in der Bilderwelt der Werbeagenturen und der Hochschulen, schwächelte aber. Jobs holte deshalb John Sculley, der den Umsatz verhundertfachte, was aber Jobs nicht ganz froh machte. Die beiden Alpha-Tiere traten zum Duell an und Jobs verließ Apple. Aus dem Äpfelchen war ein richtiger Apfel mit 8 Mrd. Umsatz geworden, aber mehr schaffte Sculley nicht, die Unverträglichkeit der Betriebssysteme MacOS, Unix und Microsoft sowie die hohen Apple-Preise verlangten neue, strategische Entscheidungen. Aber welche? Der Apple-Kurs pendelte zwischen 3 und 6 $, was McNealy auf die Idee brachte, Apple zu übernehmen, fast gelang es. Er hätte dem Mac damals das Unix-System verpaßt, das dieser heute erst besitzt. Für beide Unternehmen hätte es einen großen Sprung bedeutet. SUN konnte mit seiner hohen Qualität gegenüber den Preisen von Microsoft und HP nicht mithalten und wurde letztes Jahr von ORACLE übernommen. Bei Apple konnte auch der Deutsche Spindler, der auf den geschaßten Sculley folgte, den gordischen Apfelknoten nicht durchhauen. Der Verwaltungsrat nahm das Rückkehrangebot von Jobs an, der auf eine Multimedia-Konsum-Strategie setzte, und auf seinen Nimbus als alternativer Anti-Bill-Gates-Held.  
Er übernahm von MS das USB-System und sogar die Intel-Architektur und kam mit dem iPod und dem Liedchen-Laden iTunes groß heraus, wie überhaupt das Internet mit den vielen unbedarften Nutzern besonders Apple aus der Stagnation half.
Scott McNealy hätte, wie er vor kurzem sagte, iPod und iPad verhindert ("Mit mir hätte es keine iPods oder iPads gegeben"), er wollte ein ernsthaftes Unternehmen aus dem Apfel schnitzen. Ob er das geschafft hätte, steht dahin. Erfolgreich war letztlich die Unterhaltungsstrategie mit dem mediengängigen Jobs, dem Alternativen, "der seine Drogenerfahrungen nicht missen wollte". So ein bunter Vogel zieht in der Konsumwelt und den Medien. Das iPad (als Tablett-PC) präsentierte HP schon vor ein paar Jahren, da blieb es unbeachtet. Erst die Steve-Jobs-Show machte es zum Erfolg. Die wiederum war angewiesen auf eine esoterische Gemeinde, die Microsoft haßte und jeden Apfel auch mit Wurm für den vierfachen Preis erwarb, wenn ihn nur der Guru zelebrierte. Bei den Inszenierungen spielten die Medien gern mit.

Es war eine spannende Geschichte mit Hollywood-Ende, der Held tot, die Mission erfolgreich. Auch eine Kapital-Geschichte. Nicht die Multimillionen-Schlagersänger wie Michael Jackson und Madonna investierten im Silikontal südlich von Frisko, aber die Wall-Street-Großverdiener taten es. Die legten gerne mal 50 Mio. in den Wagniskapitaltopf, aus dem heraus sich viele Computerfirmen gründeten. Das meiste Geld war verloren, niemand kennt außerhalb Kaliforniens die vielen Unternehmensleichen, die Firmennamen, die es nicht zum Erfolg schafften. Aus vielen Gründen. Weil das Kapital nicht reichte. Weil der Chef löten, aber nicht verkaufen konnte. Weil das Internet zu spät kam, und ähnliches mehr. Aber ohne die Riesenboni der Wallstreet wären es noch mehr gewesen. Manche jedoch schafften es mit den richtigen Egomanen an der Spitze und mit dem Glück der Tüchtigen, das unverzichtbar dazugehört. Apple gehört dazu. Dank der Riesengewinne von Microsoft, das Apple einmal rettete.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Ethisch besonders wertvoll





 
Das Gute als QuickTake  - praktisch, teuer, begrenzte Qualität - aber 1996 die erste digitale Kamera auf dem Massenmarkt. Damals war Michael Spindler Apple-Chef.

Die alten Bilder lassen sich nicht mehr ohne spezielles Programm öffnen





- “Mit Steve Jobs verliert die Computerbranche auch eine ethische Instanz “,
schreibt ein Redakteur in der NZZ vom 8.10.11.
Viel wurde geschrieben zum frühen Tod des erfolgreichen kalifornischen Computerbauers.
Ich hätte mir gewünscht, daß 1990 die Journalisten etwas mehr über Apple und den Mac geschrieben hätten. Damals erfuhr man nur etwas darüber, wenn man selbst recherchierte. Ich tat es und entschied mich aus Effizienzgründen für Apple, obwohl ich der etwas esoterischen Mac-Szene nicht viel abgewinnen konnte. Wenn ich jetzt bei den Herdentieren sogar von der “ethischen Instanz” Jobs lese, dann möchte ich doch daran erinnern, daß es Apple mit den Text-Arbeitern nicht gut meinte. Anders als bei Microsofts WORD sind alte Claris-Dateien auf dem Mac nicht mehr lesbar. Das ist eine schlimme Mißachtung der Texterstellung zugunsten der bunten Bilderwelt, und vielleicht sollte man fragen: Konnte Jobs eigentlich lesen und schreiben? Auch wird derzeit berichtet, in anerkennendem Ton, daß er auch auf der inneren Platinenschönheit des Macs bestanden und dafür keine Kosten gescheut habe. Das ist mutwillige Produktverteuerung.
Wer damals die Mac-Geräte teuer bezahlt hat, sehr teuer!, der kann schwerlich den Gedanken unterdrücken: Brate in der Hölle, Steve! Wenigstens für fünf Minuten.

Es gehört zu den Verdiensten des Bill Gates, von der Mac-Sekte als DOSenhersteller veräppelt, bezahlbare Computer-Massenware weltweit verbreitet zu haben. Das hat auch Apple vor der Pleite gerettet. Und die UNIX-Systeme von SUN waren stets stabiler als die hübschen Äpfelchen. Heute setzt Apple ebenfalls eine UNIX-Variante mit Intel-Prozessoren ein. Damit sind auch alte Mac-Lay-out-Dateien und -Programme nicht mehr verwendbar.

Es ist ein altes Lied. Erst wird der Außenseiter von den Herdentieren ignoriert, dann, nach dem späten, großen Erfolg, sprechen sie ihn heilig. Darin dürfen wir eine Konstante menschlichen Verhaltens sehen, konserviert von entsprechenden stammesgeschichtlichen Dispositionen. Die Herde braucht den Führer, und dem dient das Verehrungsbedürfnis der Geführten. Divinisierung inbegriffen.  

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Nicht paradiesisch






Wann treffen wir drei uns das nächstemal
Bei Regen, Donner, Wetterstrahl?

Shakespeare, Macbeth, 1. Szene




- Ägypten, Christenverfolgung:
“Wir wissen bislang von 35 Toten und 200 Verletzten.
...
KNA: Blicken wir trotz alledem auf die politische Großwetterlage - wie hat sich die Lage für die Kopten seit dem Sturz von Hosni Mubarak im Frühjahr verändert?
Damian: Im arabischen Frühling haben wir das schöne Gesicht der Revolution gesehen, nun zeigt sich die hässliche Fratze dahinter. Unter Mubarak hatten die Kopten zwar auch keinen gesetzlich garantierten Schutz - aber er hat mit seinem persönlichen Einsatz jene Kräfte in Schach gehalten, die nun nach vorne drängen und den Kopten gefährlich werden können.

KNA: Welche sind das?
Damian: Es gibt derzeit drei wichtige Kräfte im Land: die Übergangsregierung, das Militär und die Islamisten. Im Militär gewinnen die religiösen Extremisten immer mehr die Oberhand. Und uns fehlt zugleich ein seriöser Ansprechpartner, der unsere Interessen vertritt. Solange man nicht ehrlich über die Probleme redet und die Täter unbehelligt bleiben, ist ein Ende der Gewalt nicht in Sicht. “
domradio.de/aktuell/77028/die-haessliche-fratze-der-revolution-gesehen.html

- In Syrien hat sich der Chef der Orthodoxen Christen auf die Seite der Regierung gestellt und darauf hingewiesen, daß in Damaskus und Aleppo alles ruhig sei; die westlichen Medien verbreiteten ein einseitiges Bild; er fürchte beim Sturz der Regierung Christenverfolgungen. (DLF 10.11.11)

Bei der Reportage auf arte gestern abend fielen immer wieder islamische Bezüge auf: “Allah, Paradies, Märtyrer”; die wenigen Frauen, die ins Blickfeld gerieten, trugen Kopftuch. Die stärkste Oppositionsgruppe dürften die sunnitischen Muslimbrüder sein, die die regierenden Alewiten (eine schiitische Richtung) und andere Ungläubige gerne schnell ins Paradies exekutieren würden.

- Koran: „Wahrlich, in die Herzen der Ungläubigen werfe ich Schrecken. So haut ein auf ihre Hälse und haut ihnen jeden Finger ab“ Sure 8,12

Dienstag, 11. Oktober 2011

Euro-Vater Issing: Griechenland zurück zur Drachme







Unter tausend Abnickern: Euro-Held Richard Sulík, Präsident des Slowakischen Parlaments, nimmt den Maastricht-Vertrag ernst, der die Transfer-Union verbietet

(Bild: Pavol Frešo / Wiki.)




- ! - Issing, einer der Väter des Euro: “Die Griechen müssen raus,
sagt Ottmar Issing, ehemaliger EZB-Chefvolkswirt. Schäuble und Issing im Streitgespräch. Sollen die Griechen raus aus dem Euro?

Finanzminister Schäuble hält im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung dagegen. … Issing: Wir brauchen einen Schuldenschnitt von mindestens fünfzig Prozent. Was nicht geht, ist, dass Griechenland sich dann weiter bei der EZB refinanzieren kann.
“ 8.10.11 FAS

Der Euro steht heute bei 1,3604 zum US-Dollar, er startete bei 0,86 . Bisher hat er die Staatsschuldenkrise gut bestanden. Gelitten hat das Vertrauen in die EU-Politik, die die betrügerischen Statistiken Griechenlands deckt.

- - Slowakei legt sich quer
Parlament lehnt Staatsschuldenfonds ab!
Nachdem die Slowakei alle Anstrengungen unternommen hat, den eigenen Haushalt solide zu finanzieren und ohne Schulden auszukommen, lehnt das Parlament eine Unterstützung für die griechischen Betrüger und ihre Unterstützer in Paris, Berlin, Brüssel und anderswo ab. Bravo.

Montag, 10. Oktober 2011

Wohl zu viel Soziologie geraucht





Lenins Bolschewiki machen Revolution - Oktober 1917 in Moskau
("Da haben die Proleten Schluß gesagt" (youtube.com/watch?v=L4k30VF5eAE))



- Zu viel Reaktion, zu wenig Revolution, meinte SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück neulich in der FAZ, diese Deutschen hätten nie eine Revolution zu Ende gebracht, daran leide Deutschland. (22.9.11)
Keine Revolution hat die Reaktion in Deutschland davongejagt. Nicht richtig. Sowas.
“Reaktion” steht für Konservatismus, die Reaktionäre sind die Konservativen. Und die Rechten noch dazu. Das Rechts-Links-Schema stammt aus der französischen Nationalversammlung der Revolutionszeit. Links saßen die revolutionären Jakobiner, rechts die revolutionären Girondisten.

Auch das ist eine stabile, um nicht zu sagen: konservative Eigenart des Menschen, daß er am liebsten ein Zweier-Schema verwendet: links/rechts, gut/böse, tauglich/untauglich, für mich/gegen mich, Reaktion/Revolution. Das entspricht der eingeschränkten menschlichen Denkfähigkeit und wird bleiben bis ans Ende der Tage.
Aber wenigstens eine Revolution sollte man zu Ende bringen, meint Steinbrück, sonst leide ein Land.
Wieder die binäre Figur: Länder mit Revolution, Länder ohne. Man könnte das als Geschwätz aus dem Adorno-Habermas-Leggewie-Seminar abtun, aber dieses Seminar beherrscht einen Großteil der Philosophischen Fakultäten und Medien, wo ihre Schüler an meinungsbildender Stelle sitzen.
Frankreich also hat seine Revolution exekutiert, und der Rousseau-Schüler Robbespierre hat mit der Guillotine so lange am volonte generale, am Einheitswillen gearbeitet, bis er selbst unter dem Fallbeil lag. Haben sich die Millionen toter Franzosen, zu denen noch die europäischen Opfer der Napoleonischen Kriege hinzuzuzählen sind, für Frankreich positiv ausgewirkt? Hohe Leichenberge, brutaler Zentralstaat, gieriger Kolonialismus, die weltweit schlimmste Bürokratie mit dem Wasserkopf Paris - sind das Steinbrücks Revolutionsvorteile?
Auch die Russen mußten eine exekutierte Revolution erleben, die die Konservativen und Reaktionäre, aber dann auch, wie in der Französischen Revolution, viele Revolutionäre hinwegfegte. Die Leichenberge wurden noch höher und der Terror noch grauenhafter. Maos Revolution steigerte die Leichenberge noch einmal - vermißt
Steinbrück das allen Ernstes? Er hat wohl, Jahrgang 1947, zu viel Adorno-Habermas-Soziologie in Kiel studiert.
Zudem hatten wir in Deutschland zwei konservative Revolutionen. Luther wollte den alten katholischen Geist konservieren, es wurde eine Reformation daraus, die die religiösen und landesherrlichen Verhältnisse revolutionierte - man kann lange darüber streiten, wie der Saldo dieser Konfessionalisierung zu verbuchen ist, wahrscheinlich liegt er im positiven Bereich, aber doch erst nach dem 30jährigen Krieg, der die deutschen Länder in Schutt und Asche legte und den die Mehrheit der Deutschen (zwei Drittel) nicht überlebte.
Man kann verstehen, warum Goethe revolutionäre Umtriebe haßte.
Auch Hitlers reaktionäre Revolution fand in Deutschland statt, sprengte die Länderordnung, schuf den zentralen Terrorstaat nach Stalins Vorbild und folgte Napoleons Kriegsspuren - diese revolutionären Folgen und Abscheulichkeiten sollten reichen, um Goethes Haltung heute mit noch mehr Berechtigung einzunehmen. Die Beseitigung der revolutionären Ulbricht-Honecker-Diktatur folgte einem anderen Muster: die SED-Macht zerfiel, sie war sich selbst unglaubwürdig geworden, eine vielfältige Opposition wuchs, hatte aber keine starken Figuren, die Macht an sich reißen konnten, die meisten Oppositionellen wollten nur Reisefreiheit und Wohlstand nach Maßgabe Westdeutschlands, so daß die westdeutsche Ordnung in das östliche Vakuum gleichsam hinübergesogen wurde. Weil die SED völlig gelähmt war durch ihren fast völligen Vertrauensverlust, konnte diese tiefgreifende Umwälzung ohne Gewalt vonstatten gehen, aber auch, weil es keine entschlossen-revolutionären, gewaltbereiten Gruppen gab, wie es die Jakobiner, Bolschewiki und Maoisten waren. Die ostdeutsche Umwälzung war höchstens eine Verlegenheits-Revolution, ein Glück des Kairos, die Gunst des passenden Augenblicks und der günstigen Umstände. Ein taugliches Modell stand bereit und konnte einfach übernommen werden.
Viele Genossen hatten sich etwas anderes erwartet, Lafontaine und Günter Grass waren enttäuscht - Steinbrück auch?
Glücklich das Land, das nicht zu viel in “Reaktion” und “Revolution” denkt, in primitiven Polit-Etiketten wie “konservativ” und “progressiv”. Ihr angestammter Platz ist auf dem Markt, wo simple Zweierfiguren und lautes Schreien wirken.

Sonntag, 9. Oktober 2011

Sechs Finger für den Fortschritt




In der alten Brühe schwimmt wenig Neues


- Jäger des Konservativen:  “ Genuin konservativ zu sein würde vor allem zweierlei bedeuten:
Ein Gefühl für das Gewicht der Wirklichkeit zu haben; daraus folgt von selbst eine Mäßigung.
Und - nicht weniger wichtig - jedenfalls die Sehnsucht nach Maßstäben, die von oben kommen, vielleicht von Gott. “ (Jäger, Adieu, FAZ 5.10.11)

Man wird auch das Konservative individualisiert betrachten können, und wer denn religiöse Maßstäbe ersehnt, dem gefallen sie eben. Religiöse Texte stellen ohne Zweifel konservative Ansprüche, sie wollen für immer und ewig gelten, und tatsächlich glauben Menschen der Gegenwart an zweitausend Jahre alte Texte, woraus sich der Schluß ziehen ließe, daß der homo sapiens sowohl ein konservatives Glaubensbedürfnis habe als auch in seinen Denkfähigkeiten sehr beschränkt sei.  

Aber muß Denkfaulheit als “genuin konservativ” angesehen werden? Sind Wandel und Wechsel als die einzigen “ewigen” Bezugspunkte nicht allein angemessen für “genuin konservatives” Denken?
Das widerspricht natürlich dem Wortsinne des ERHALTENS, des KONSERVIERENS - aber nur in oberflächlicher Hinsicht. Das Konservative sollte sich fundamental begründen - Leben fluktuiert zwischen verschiedenen Zuständen - Ungleichgewichtszuständen, Fließgleichgewichten.
Schon der Körper läßt sich nur erhalten durch immer erneute Energiezufuhr, durch den Aufbau eines dichten neuronalen Netzes mit immer neuen Verknüpfungen, durch Überschreiben von Inhalten und Bemühung um die Erhaltung der synaptischen Plastizität.  Von außen sieht man das dem Kopf nicht an, sowenig wie ganzen Körper seine unzähligen interzellulären und hormonellen Wandlungen. Von außen erkennt man nur sekundäre Veränderungen wie das Altern der Haut und der Körperformen. Bis zum Tode mag man sich um die Bewahrung und Erhaltung des Körpers und seiner geistigen Emanationen bemühen. Am besten gelingt das durch intelligente Anpassung an die nicht revidierbaren, fundamentalen Wandlungen.
Dies mag für alle Phänomene gelten, und gerade da besitzen die Texte ihre größten Probleme - sie gelten höchstens zeitlich begrenzt. Für Religionstexte gilt das ebenso wie für andere, nur wollen ihre Verfasser die unbeschränkte Geltung festschreiben, wodurch sie große Anpassungsprobleme für die Zukunft heraufbeschwören. Einzeltexte mit konkreten Rechtsvorschriften wie unterschiedliche Erbregeln für Mann und Frau sind schon in kurzer Zeit überholt und fallen der Wertlosigkeit oder der radikalen Umformulierung anheim. Verweigern die Religionsfunktionäre dies, die Umformulierung, so geraten die Anhänger in eine Entwicklungsfalle, die in Erstarrung und Verfall mündet.
Mehrtextreligionen ohne Rechtskonkretionen besitzen dagegen ein größeres Interpretations- und Anpassungspotential, was ihre vitale Lebenszeit verlängert, insbesondere, wenn viele kluge Autoren an der Textsammlung mitgearbeitet haben. (Vgl. die vielen Texte des Alten und Neuen Testaments)  Ohne Ketzer, Schismen und Reformationen geht jedoch auch das nicht ab - wie im sonstigen Leben auch.
Pragmatismus ist da gefragt und Flexibilität, eine grundsätzliche Bejahung des Wandels bei vorsichtiger Bewahrung des Bewährten.
Dazu wird ein kluger Konservativer die Fünfstrahligkeit von Hand und Fuß rechnen, während der Neuerer stets das Rad neu erfinden will. Viel Neues ereignet sich in der Evolution, doch das Allermeiste taugt nicht und scheidet wieder aus.
" Maßstäbe, die von oben kommen", die aber gibt es nicht.

Samstag, 8. Oktober 2011

Auch der Stich ist weniger giftig als der der Biene









Sie sieht nicht so aus mit ihren knapp 3 cm Körperlänge, aber sie ist ein umgängliches Tier und sticht nicht einfach drauflos. Selbst wenn sie abends in die Lampe fliegt, sich dort etwas verbrennt und leicht betäubt in die Soße des Abendessens fällt, rappelt sie sich unaufgeregt wieder auf, Soße an den Füßen. Unwirsch vom Tisch gewischt, nimmt sie auch das nicht übel und krabbelt im Hosenbein aufwärts. Dort ebenfalls nicht geduldet, fügt sie sich und fliegt eben weiter im lauen Frühherbstabend.

Das war Mitte der Woche - inzwischen herrscht naßkaltes Novemberwetter bei 8°C. Schauderhaft.

Freitag, 7. Oktober 2011

Szenenguru gegen Kommerzbill





Apples PowerBook DUO 2300 von 1996 wurde noch in Kalifornien zusammengeschraubt



“Also entschied ich mich, das Studium abzubrechen. Das war zu der Zeit sehr beängstigend, allerdings hat es sich als eine der besten Entscheidungen meines Lebens erwiesen."
Jeder Jeck ist anders, nichts gilt für alle. Auch wenn Sozi-Organisationen wie die OECD dauernd das Gegenteil behaupten.
Diese Entscheidung des Steve Jobs war für ihn die richtige, und für meine Macs auch. Er wurde später aus dem Unternehmen gedrängt, das er mit Stephen Wozniak gegründet hatte, und durch einen OECD-förmigen Angestellten mit ordentlicher Hochschulausbildung ersetzt.
Dieser Angestellte gab sich Mühe, konnte aber den Wettbewerb mit Microsoft nicht bestehen. So kam Jobs zurück - der Auftrittskünstler, der die alternative Stubencomputerszene verkörperte und sie mit unablässigen Stänkereien gegen Microsoft bei Laune hielt. Bill Gates, ebenfalls Studienabbrecher, nahm es nicht übel und rettete zwischendurch Apple mit 500 Mio. Vorzugsaktien. Das hat sich gelohnt, Jobs erwies sich als einfallsreicher Verkäufer und Unterhaltungsprodukte wie der iPod und das iPhone schafften dann, was die Mac-Computer nie erreichten: die Eroberung des Massenmarktes.
Aber solche Geschichten können die OECD-Holzköpfe mit ihrer sowjetischen Tonnenideologie nicht beeindrucken.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Schubladendenken

“ Adieu, Kameraden, ich bin Gutmensch. Nicht mehr unter Rechten: Der Konservativismus hat sich selbst verraten. Er ist zu einer Ideologie der Großindustrie und der Kriegsverkäufer …” 5.9.11
Lorenz Jäger verabschiedet sich hier von einem Phänomen, dem er sich zurechnete, weil er einer der wenigen Nichtlinken im FAZ-Feuilleton ist oder war.

Das Phänomen nennt er KONSERVATIVISMUS, aber das war nie ein scharfer Begriff. So wenig scharf wie alle anderen abstrakten politischen Begriffe es sind. Von ihnen hält man besser Abstand. Das gilt besonders für Begriffssysteme aller Art, Theorien und Ideologien. Alle taugen nur für einen bestimmten Bereich, wenn sie nicht geradezu destruktiv sind wie der Marxismus. Alle Einsichten und Betrachtungen unterliegen einem Zeitverständnis. Nur fundamentale, genetisch eingeschriebene Sachverhalte dürften für lange Zeiträume gelten:
Wettbewerb macht Säugetiere munter, die meisten jedenfalls.
Die Achtung des Individuums jenseits aller Zugehörigkeiten zu Gruppen schafft begabten Individuen den Spielraum zur Mehrung von Wissen (Wissenschaftler) und Wohlstand (Unternehmer).
Politiker neigen, in geschichtlicher Perspektive betrachtet, immer wieder zur Zerstörung des Wohlstands der Bürger, weswegen eine konstruktive Führerauswahl ebenfalls grundlegend für das Gedeihen von Gesellschaften ist.
“Konstruktiv” soll hier heißen, daß sie versprechen, sich von ihrer Häuptlingsrolle nicht verleiten zu lassen, auch nicht auf Drängen unterwerfungsbereiter Stammes- und Großgruppenmitglieder, die Zivilgesellschaft zu gängeln oder sogar als Besitzstand zu regieren.
Das Subventionswesen kann als politischer Mißbrauch in diesem Sinne gelten, ebenso die dominant staatliche Verfassung des Wissenschaftsbetriebs.

Menschliches Verhalten ändert sich über die Jahrtausende wenig, hier könnte man von “konservativer” Genetik sprechen, dazu gehört auch die Fixierung vieler Menschen auf Häuptlinge und politische Führer.
Individualismus und Wissenschaft bergen dagegen ein hohes Neuerungspotential. Daraus entstanden im Erfolgsmodell der europäischen Geschichte Wohlstand und Wissenszuwachs. Die Neuerungsneigung in Technik und Wirtschaft kann man also nur grundsätzlich begrüßen, eine allgemeine Neuerungssucht (“Reformeifer”, “Modernisierung”) oder eine allgemeine Neuerungsablehnung (“Konservativismus”) erscheinen nicht sinnvoll.

Die ‘Expedition Mensch’ zieht schon länger durch die Zeit. Der alte Adam trägt neue Kleider, lebt besser und länger, bleibt aber überwiegend der alte. Jenseits aller Theorien und Ideologien.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Ende gut - alles gut





Hier sehen wir verzweifelte Studenten, 1967, dem Hungertode nahe, die eine Polizeikette durchbrechen, um zu einem Aldi-Markt vorzustoßen, der preisreduziertes Graubrot anbietet - vorneweg ein Rudi D. und ein Gaston S.

Mit Erleichterung nimmt man zur Kenntnis, daß Gaston dieser Tage siebzig wird, gutgenährt in seinem ererbten Palazzo in Venedig lebend.

Manchmal ist das Leben eben doch gerecht.

Dienstag, 4. Oktober 2011

Putin liefert gern






Fundament gelegt für den Exportstrom nach Deutschland - das KKW Kaliningrad soll 2016 billigen Strom erzeugen, den man den Deutschen teuer verkaufen kann, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.

(Modell-Bild: http://www.kaliningrad.aktuell.ru/ )
 



- Der griechische Soziologe Michael Kelpanides plädiert für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone und zur Wiedereinführung der Drachme mit einer Abwertung von 40%. Das werde insbesondere dem Tourismus durch Verbilligung helfen, aber auch Exportgütern aller Art.
Man kann dem nur zustimmen, der Sozialist Papandreou hat bisher nur versucht, über die Steuerschraube mehr Geld einzunehmen, an den Ausgaben hat er noch nichts getan und den aufgeblähten öffentlichen Dienst schont er weiterhin. Das ist kein Rezept zur wirtschaftlichen Stärkung und zur Senkung der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit (unter 25 Jahren) von ca. 43% (Eurostat).

Um die Beschäftigung müssen sich alle westlichen Industrieländer sorgen, nicht um den öffentlichen Dienst. Nokia schließt das vor drei Jahren von Bochum nach Rumänien gewanderte Montagewerk für einfache Funktelefone; der Absatz ging stark zurück zugunsten teurerer Computertelefone. Hier liegen Apple und Samsung vorne, was vor allem den Südchinesen nützt, die diese "Smartphones" montieren.
In den traditionellen Industrieländern muß man alle Möglichkeiten nutzen, die Arbeitskosten zu entlasten. Dazu gehört auch die billige Energieversorgung.
Deutschland tut hier das Gegenteil mit einer absurden Verteuerung durch die Subventionierung der unzuverlässigen Windkraft und der extrem teuren Gutwetter-Solarbretter.

Anders Argentinien. Hier wurde das dritte Kernkraftwerk ATUCHA II mit 745 Megawatt zuverlässiger und billiger Energieerzeugung ans Netz genommen. Brasilien und Mexiko nutzen ebenfalls Kernkraft.


- UNDEREXPOSED

What if Radiation Is Actually Good for You?

Das ist der Titel eines 2005 in den USA erschienenen Buches von Ed Hiserodt, ISBN 0-930073-
35-5. Erfährt man hier die ganze Wahrheit über Radioaktivität? Nein, wie überhaupt, muss man
mehr als ein Buch lesen, die Sache von verschiedenen Seiten betrachten, um sich eine zutreffende
Vorstellung zu machen. Das Buch von Ed Hiserodt ist auf dem Gebiet der Radioaktivität nur ein
Beitrag, aber ein sehr nützlicher.
Die Berichterstattung der Medien ist voller Unlogik. Strahlendosen weit unter dem, was von Natur
aus vorkommt, werden als lebensgefährlich hingestellt. Aber auch dort, wo gar keine erhöhte
Strahlenintensität vorhanden ist, erkranken angeblich die Menschen reihenweise an Krebs, Kinder
bekommen Leukämie, Mädchen werden gar nicht erst geboren. Radioaktivität wirkt selbst da, wo
sie gar nicht ist? Wirkungen ohne Ursache? So war das bei den Hexen. Dass sie Menschen und
Tieren krank machen, galt als erwiesen, nur konnte keiner erklären, wie sie das schaffen.
Im Buch von Ed Hiserodt ist keine Unlogik zu finden. Alles passt zusammen. Sein Thema
sind Strahlenwirkungen unter einigen 100 Millirem. Dazu hat er eine Unmenge Daten aus
wissenschaftlichen Veröffentlichungen zusammengestellt, hauptsächlich über die Wirkungen auf
Mäuse und Menschen.
Der normale Strahlenbiologe wird sagen: Unter 100 Millirem findet man keine biologischen
Wirkungen, und unter 250 Millirem keine Gesundheitsschäden. Der heute ebenso normale
Panikmacher bestreitet dies; Strahlung würde immer wirken, auch wenn man gar keine nachweisen
kann.
Ed Hiserodt widerspricht beiden Vorstellungen. Strahlung im Bereich von 100 Millirem würde sich
positiv auf die Gesundheit auswirken. Es gäbe da weniger Krebstote, Mäuse lebten länger, Arbeiter
in Kernkraftwerken wären gesünder. Das zeigt er anhand vieler Diagramme und Tabellen.

Ist das so, oder sind das zufallsbedingte statistische Abweichungen? Sollte sich der Verfasser mit
seiner Ansicht irren, wird das Buch damit nicht entwertet. Er argumentiert gegen die Strahlenangst,
welche unzweifelhaft mehr Menschen krank gemacht hat als die Radioaktivität selbst. Seine Kritik
an dem Unsinn, welchen die Kernkraftgegner verbreiten, ist nur zu berechtigt. Wenn er sich darüber
aufregt, müssen wir allerdings sagen, in Deutschland ist es schlimmer.
Das Konzept des Strahlenschutzes beruht weltweit auf der LNT-Annahme (linear no threshold).
Um vorsichtig zu sein, kann man diese Annahme einer der Dosis proportionalen Wirkung bis
Null herunter akzeptieren; Ed Hiserodt lehnt sie allerdings vollständig ab. Man muss ihm aber
zustimmen: Bewiesen ist sie nicht, und auf ihrer Grundlage Krebsfälle und Mutationen zu
berechnen ist Unsinn.
Fazit: Ein verständlich, unterhaltsam und humorvoll geschriebenes Buch, das zum Nachdenken
über die heutige Strahlenhysterie anregt.
Hannover, den 02.10.2011, Dr. Hermann Hinsch, Strahlenschutzexperte, schrieb das Buch "Radioaktivität. Wissenschaft und Aberglaube".

Montag, 3. Oktober 2011

Michel, lies mal Michels







Bei der Herstellung des Volonté générale (Einheitswillen) müssen alle Opfer bringen
(hier hat es eine nützliche, Insekten fressende Spitzmaus erwischt)



Einheit? Wem fiele da nicht Robert Michels ein und sein ehernes Gesetz der Oligarchie, wie er es in seinem Werk zur Parteiensoziologie darlegte: Die Bonzen, zuerst gewählt, erlangen durch ihre Stäbe, die Parteiorganisationsmaschine und Hinterzimmerkommissionen die Herrschaft über die einfachen Parteimitglieder. So festigen sie ihre Macht und stellen die Einheit der Partei her. Wohlwollend, oder weniger wohlwollend. Müntefering soll seine Abgeordneten regelmäßig angewiesen haben, sich daran zu erinnern, wem sie ihr Mandat verdankten. Kanzleramtsminister Pofalla soll bei der Herstellung der Einheit der Fraktion zur Euro-Abstimmung seinem Abgeordneten Bosbach gesagt haben, er könne dessen “Fresse nicht mehr sehen” (web.de-Nachrichten). Die Sozialistische Einheitspartei SED schließlich steckte schon bei Verdacht uneinheitlicher Gedanken ihre Mitglieder ins Gefängnis.

EINHEIT ist nicht nur der Parteienoligarchie wichtig, auch der jeweiligen Regierungsoligarchie, ob gewählt oder nicht. Der Einheitsgedanke sichert ihre Macht über die Beherrschten. Nur ein Dorf- und Naturtrottel wie Rousseau kann annehmen, daß ein Volonté générale  der Freiheit diene. Die Freiheit der Bürger bedroht die Macht der Oligarchien, insbesondere in Demokratien, weswegen es der politischen Erziehung bedarf, damit die Bürger richtig, also oligarchiefreundlich wählen. Vielfalt erschwert den Oligarchen den Überblick, sie fühlen sich dann unwohl. Vielfalt bedeutet aber, daß die Bürger ihre Angelegenheiten individuell regeln können, jeder nach seiner Fasson. Diesen Spielraum wollen die Partei- und Regierungsoligarchen aber als Quelle für ihre Machtunsicherheit möglichst gering halten. Deswegen haben sie u.a. den 4-Jahres-Blankoscheck eingeführt, damit die Bürger ihnen wenigstens in dieser Zeit möglichst wenig dreinreden können. Wirklich einheitsstiftend. Und machterhaltend.

Mirabeau übrigens fand die vielen Deutschländer seiner Zeit ganz prima - mehr Freiheit sei in den Deutschländern immer nur eine Tagesreise entfernt - was in x verboten sei, sei in y erlaubt.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Vier Etappen sollt ihr sein




Interessanter Lebenslauf, interessantes Buch, keine Rousseau-Schwafelei



Die vierte Rousseau’sche Entwicklungsphase im EMIL umfaßt die Jugendjahre von 15 bis 20. Bei den vorhergehenden Etappen besteht der Hauptmangel darin, daß R. die konkreten Kenntnisse fehlen, die er bei der Erziehung seiner eigenen Kinder, die er nach der Geburt sofort aussetzte, hätte gewinnen können. Dazu zählt auch, daß Kinder sich so unterscheiden, wie es Erwachsene auch tun, sie sind Individualitäten, denen man gerecht werden muß, will man das Kind erfolgreich nach seinen eigenen Systembedingungen wachsen lassen. Was für das eine Kind gut ist, kann für ein anderes schlecht sein. Die Erzieher brauchen kein aufgeblasenes Papierprogramm wie den EMIL, sie brauchen konkrete Beobachtung und Einfühlung, um das individuelle Kind differentiell zu erfassen.
Das gelingt nicht, wenn man bedrucktes Papier im Kopf hat wie R.
Bei der vierten Erziehungsetappe nun begreift Rousseau praktisch nichts mehr. Sie steht unter dem Ziel der Eingliederung in die Gemeinschaft, womit er eigentlich die Gesellschaft meint. Mitglied von Gemeinschaften ist das Kind von Beginn an, seine Beziehungen wachsen von der Mutter, die es schon während der Schwangerschaft kennenlernt, in die Familie, zu den Großeltern, Nachbarn, Kameraden und Spielgefährten, zu vielen Personen des Nahbereichs einer Siedlung.
Mit Beginn einer Lehre, zu Rousseaus Zeiten also mit etwa 12 Jahren, treten fremde Personen auf, denen es sich in ungewohnt hohem Maße anpassen muß, oft verbunden mit einem Wechsel an einen fremden Ort, vielfach angehängt an die fremde Familie des Lehrherrn (vgl. Karl Ph. Moritz, Anton Reiser). Die Gestaltung dieses Hinausgehens in die Gesellschaft, die nach anderen, abstrakteren und allgemeineren Regeln funktioniert als die Gemeinschaft, stellt erhebliche Ansprüche an den jungen Menschen. Dieses Problem erkennt R. gar nicht, weil er nicht zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft unterscheidet (vgl. Ferd. Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft; Max Weber, Soziologische Grundbegriffe).

Samstag, 1. Oktober 2011

Er konnte es einfach und hatte nicht einmal “Robinson Crusoe” gelesen







Zwischen 12 und 15 soll der junge Mensch seine geistigen Fähigkeiten ausbilden, in der dritten Entwicklungsetappe, meint Rousseau in seinem EMIL.
Geographie und Mathematik soll er lernen, “Robinson Crusoe” lesen, und sich auch ein Handwerk aneignen. Auch ein blindes Huhn stolpert gelegentlich über ein Korn. Praktische Fertigkeiten zu erlernen, das gehört zur Lebenskompetenz für alle. Für manche ist es sogar das Wichtigste und das alleinige Tor des Begreifens. Aber hätte sich Rousseau nicht pausenlos um sich selbst gedreht, hätte er wohl bemerken können, daß die Kinder sehr unterschiedlich sind und zu verschiedenen Zeiten Verschiedenes lernen.

Mindestens hätte er das aus den Lebensläufen seiner berühmten und früh entwickelten Landsleute Villon (1431-63) und Pascal (1623-62) erschließen können. Villon lernte nicht auf dem Land, sondern in den Gassen von Paris eine Menge, und der junge Pascal, der keine Schule besucht hat, interessierte sich nicht für die Sprachen, zu denen sein Vater ihn zwingen wollte, sondern erfand freiwillig für sich als Zwölfjähriger die Euklidische Geometrie. Mit 16 verfaßte er einen Aufsatz über Kegelschnitte. Man kann also früh mit allen Unterrichtsgegenständen beginnen, wofür ein Kind Interesse zeigt, völlig unabhängig vom Alter. Dagegen trägt es nicht weit, Gegenstände zu lehren, die auf kein Interesse stoßen. Einen Rousseau hätte niemand dazu bringen können, eine Rechenmaschine zu erfinden, Pascal machte das mit 19 aus eigenen Stücken.
Selbst für scheinbar ganz selbstverständliche Dinge wie das Laufen gilt das. Angela Merkel, die sich heute blitzschnell um 180° drehen kann, war noch mit 12, nach eigenem Bekunden, ein “Bewegungsidiot”.