Dienstag, 16. Februar 2021

Ein katholischer Narr

vonHans Conrad Zander, 2007


Närrisch kann jeder sein, doch für einen Narren braucht es mehr, nämlich dramatischen Sinn und eloquenten Humor. So einer erscheint uns in dem entlaufenen Schweizer Dominikaner Hans Conrad Zander. Insofern ist er auch ein Nachfahre des Thil Uilenspiegel. Mit dem großen Unterschied jedoch, daß Uilenspiegel ein Lutheraner war und Zander ein zur Meisner-Woelki-Partei gewechselter Calvinist. Seine katholische Propaganda verpackt er sehr attraktiv in launigen Humor und bei leibhaftigen Auftritten setzt er gekonnt Turnschuhe, Kniefälle und seinen Schweizer Tonfall ein, eine Zirkusnummer wirkt dagegen blaß. Bei seiner Liebeserklärung an die Inquisition kehrt er allerdings den Woelki heraus, was ihm Beifall von ungewohnter Seite einbrachte. Und noch mehr Kritik von der anderen. Dumm nur, daß der muntere Zander für seine exotische Perspektive auf alle Quellennennung verzichtet. Lautet doch der erste Satz in der Erstsemestervorlesung der Historiker: Quellen, Quellen, Quellen. Phantasieren und glauben sollen die Theologen. Das tut denn auch der Schweizer Hans. Der Psychologe Steven Pinker entdeckt seine Quellen, wenn er schreibt:

„Der Blutzoll, den die Verfolgung von Ketzern und Ungläubigen im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Christentum forderte, übersteigt jede Vorstellungskraft und straft die herkömmliche Weisheit Lügen, das 20. Jahrhundert sei eine ungewöhnlich gewalttätige Epoche gewesen. … können wir doch von Schätzungen von Gewaltforschern wie dem Politikwissenschaftler R.J. Rummel in seinem Buch “Death by Government” und dem Historiker Matthew White in seinem “Great Big Book of Horrible Things” und seiner Website “Death by Mass Unpleasantness” einen Eindruck bekommen.” (Pinker, Gewalt, S. 220) 

Die Heimseite https://www.necrometrics.com/pre1700a.htm#European nennt - wie auch die Wikipedia unter dem Stichwort “Inquisition” - viele Zahlen und Quellen, die Zanders Zahlen als außerordentlich unspaßig und drastisch verharmlosend erscheinen lassen. 

Die Einrichtung der Inquisition als Behörde mit Regelverfahren 1231 verdankt sich dem großen Schreck und Entsetzen, daß die Katharer unbemerkt von Rom eine Massenbewegung geworden waren und große Kräfte entfaltet werden mußten, um die etwa 200.000 Katharer auszurotten. Hinfort sollte die Inquisition einen flächendeckenden Schnüffelapparat aufbauen, eine Art katholischen Verfassungsschutz,  um früh eingreifen zu können. Die Schnüffler schnüffelten auch unter den Röcken. 

“Ein Manuskript aus Toledo aus dem 16. Jahrhundert beschreibt die Inquisition einer Frau, die dafür angeklagt worden war, saubere Unterwäsche am Samstag zu tragen, angeblich ein Zeichen, daß sie insgeheim Jüdin war. Sie wurde auf die Streckbank gepackt und der Wasserfolter unterzogen (ich erspare ihnen die Details …), dann gewährte man ihr einige Tage zur Erholung und folterte sie erneut, während sie verzweifelt herauszubekommen versuchte, was sie gestehen sollte. … Rummel setzt die Zahl der Opfer der spanischen Inquisition mit 350.000 an.” (Pinker, Gewalt, S. 221f.) 

Zanders beruft sich offenbar auf die Fälschungen des Vatikans; man staunt, wie er sich von Rom einseifen läßt.