Freitag, 14. Juni 2013

Revolution ist das Opium der Intellektuellen









Auf die Frage eines Schülers nach dem Existenzialismus Sartres:
Jeder Mensch weiß, wie er sich für sich fühlt, schon als Säugling fühlt er sich existent. Kierkegaard hat diesem Existenzgefühl philosophisch Ausdruck gegeben und alles andere, bei ihm den Christenglauben (“Essenz”), daran angeknüpft.
Sartre verbindet das Existenzgefühl mit politischen Phänomenen. In "Das Spiel ist Aus" geht es aber eher um existenzielle Routinen, Pfadabhängigkeiten und alltägliche Zwangsläufigkeiten; die Evolutionsbiologen würden vom stammesgeschichtlichen Erbe sprechen.
Wie Camus sieht Sartre aus der Monadenhaftigkeit der Existenz einen Ausweg im gesellschaftlichen Handeln, Sartre wird Marxist und findet dann auch Stalin und Mao prima. Zuviel denken kann eben auch dumm machen.
“Der existierende Mensch kann von einem Ideensystem nicht verschlungen werden; denn was immer man auch über das Leid sagen und denken mag, es entzieht sich doch dem Wissen genau in dem Maße, in dem es an sich und für sich erlitten wird und das Wissen es nicht abzuändern vermag. ... Diese Innerlichkeit, die sich aller philosophischen Bemühung gegenüber in ihrer Beschränktheit und in ihrer unendlichen Tiefe zu behaupten sucht, diese jenseits des sprachlichen Ausdrucks - als persönliches Wagnis jedes einzelnen gegenüber den anderen und Gott - liegende Subjektivität, genau das hat Kierkegaard EXISTENZ genannt.”
Sartre, Marxismus und Existenzialismus, 1964, S. 12f.
Ich finde, Kierkegaard wird bei Sartre gut erfaßt. Diese Kierkegaard’sche Existenzdimension fehle im umlaufenden Marxismus, den er einem mechanischen Determinismus huldigen sieht, so Sartre. Der sei aber bei Marx selbst nicht angelegt: “Und doch enthielt … der eigentlich Marx’sche Marxismus mit der Hervorhebung des dialektischen Gegensatzes von Erkennen und Sein die unausgesprochene Forderung auf eine existenzielle Grundlegung der Theorie.”
Das war leider nur Philosophenunsinn, aber immerhin sah er dieses Problem und er versuchte eine Lösung. Gelungen ist ihm das nicht. Sartre wurde Parteigänger der KP, distanzierte sich aber von den rollenden Sowjet-Panzern in Budapest 1956. Traurig für seine Statur war 1974 der Besuch des miesen kleinen Killers Andreas Baader in Stammheim, den er allerdings hinterher ein „trou du cul“ genannt haben soll.

Würde Sartre, wenn er von einer ‚Direktion’, wie in seinem Stück „Das Spiel ist aus“ von 1947, eine erneute Lebenschance bekäme, aus dem Sumpf der theologisch gelagerten Philosophie herausfinden und den marxistischen Blödsinn vermeiden können?