Ein ganzer Kerl mit zwei Zwergen
Lauter qualifizierte Leute sitzen im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp, und der ausgeschiedene Vorsitzende Cromme war auch vom Fach, sogar vom Stahlfach. Was hat es genützt? Nichts. Das riesige Fehlinvestment in den Amerikas hat der versammelte Sachverstand des Aufsichtsrats nicht nur nicht verhindert, sondern jahrelang begleitet. Wahrscheinlich hat es niemand besser gewußt, auch die Aufsichtsrätin Gräfin Schmettow nicht. Erare humanum est, das Irren gehört zum Menschen, das gilt immer und überall. Und wirtschaftliches Handeln ist risikoreich, sonst könnte es ja auch eine zweitklassige Physikerin.
Wäre es vorstellbar, daß hier eine Frauenquote etwas hätte ändern können? Zweifellos haben Frauen im allgemeinen einen zivilisierenden und befriedenden Einfluß.
Doch braucht ein Aufsichtsrat das? Gesetzt den Fall, ein Aufsichtsratsmitglied wäre frühzeitig zu dem Schluß gekommen, daß die Stahlwerke in den Amerikas ein großer Fehler sei, worüber hätte er verfügen müssen, um das Fehlinvestment zu verhindern? Rücksicht, gute Manieren, Freundlichkeit? Wohl nicht. Hohe Risikoneigung, starkes Selbstbewußtsein und höchste Aggressivität wären dagegen vonnöten gewesen, um gegen den starken und kompetenten Vorstandsvorsitzenden Schulz und den eher noch stärkeren Cromme anzutreten. Eine Maggie Thatcher hätte das vielleicht geschafft, wenn sie das Problem richtig erkannt hätte. Aber die meisten Aufsichtsräte, ob weiblich oder nicht, sind zwar sachverständig, aber konfliktscheu und geistig nicht unabhängig. Es fehlt ihnen das große Konfliktformat. Sie sind eher Abnicker als Aufrührer. Die Frauenquote wird die Abnickerei verstärken.