Freitag, 15. März 2013

Ein glückliches Leben


"Versunken nun mit Lust und Leid" - 

Schloß Lubowitz 2008, Eichendorffs Kinder- und Jugendort, er wurde im März 1788 dort geboren, fotographiert mit Eichendorffscher Schattenlinie

(Foto: Klaudiusz Tobiasz/Wiki.)





Abschied

O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächtger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäftge Welt,
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!

Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig schlagen,
Daß dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!

Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die Worte, schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards unaussprechlich klar.

Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.
Joseph von Eichendorff

Das klingt ganz anders als im TAUGENICHTS von 1826, in dem ein schelmisch-optimistischer, ironisch gebrochener Ton herrscht. Eichendorff  ist da 38 Jahre alt und hat die übermütige Erzählung als Oberpräsidialrat in Danzig und Königsberg geschrieben.
In der Studentenzeit 1810 entstand das Gedicht ABSCHIED. 1805 waren die Brüder Eichendorff mit Diener nach Halle gegangen und hatten dort das Studium der Rechte aufgenommen. 1806 eroberte Napoleon Halle und schloß die alte deutsche Universität. Zweimal meldete sich Eichendorff zum Kampf gegen die französischen Invasoren. 


Es verwundert etwas, daß die bekanntesten Eichendorff-Gedichte in dieser Zeit entstanden. Noch mehr, daß bei dem bedienten Schloßsproß von Lubowitz das Motiv der Einsamkeit so oft vorkommt mit dem Blick des ‘Ausgegrenzten’ von außen auf die Welt, in der er sich fremd fühlt und die er “stets betrogen” sieht. Ganz offenbar eignet das der individuellen Disposition des jüngeren Eichendorff, seiner neuronalen Verfaßtheit, obwohl er auch politisch agiert, indem er sich bei den Lützow’schen Jägern meldet. Man darf das annehmen, halten sich diese Perspektiven doch, wenn auch abnehmend, bis in die späten Jahre (IM ALTER, NACHTS).