Mittwoch, 25. Dezember 2019

Hört man selten. 5 Blechbläser klingen immer sehr weihevoll. /// 4 Edvard Grieg "Suite for Brass"

„Darmstädter Armleuchter“?

Thomas Mann, Rabindranath Tagore, Leo Baeck, C.G. Jung, Max Scheler und Ernst Troeltsch gehörten zu den Freunden und Förderern der Keyserling’schen „Schule der Weisheit“ in Darmstadt, ernstzunehmende Persönlichkeiten also aus sehr verschiedenen Richtungen. Es fehlen Vertreter aus der katholischen Sphäre und - natürlich, möchte man sagen - Marxisten und Sozialisten. Der stets nervige und pubertäre Tucholsky tat sich besonders hervor, indem er Keyserling den „Darmstädter Armleuchter“ nannte. Immerhin wollte er ihn nicht vergasen wie die Kinder des Kirchenrats. 
Keyserling ging es um verbindende praktische Philosophie, nicht um Ideologie. Diese Bemühung stand am Anfang der Philosophie, neben der Welterklärung, und ist aller Ehren wert. Die Kathederphilosophie hat sich mitunter sehr weit davon entfernt und ist auf Holzwegen gelandet. Dabei gebührt der Lebenskunst zweifellos der Vorrang, denn Welt und Umwelt sind schwer zu verstehen, doch sehr einfach mißzuverstehen. Vieles läßt sich ignorieren - Urknall und Weltentstehung kann man getrost auf sich beruhen lassen - nicht aber die eigene Lebensführung. Die verlangt Entscheidungen, die mehr als nur intelligent sein müssen. Weise und klug sollten sie sein. Das schwebte auch Keyserling vor. Das verdient Anerkennung. Intelligente Menschen wie Lenin, Stalin, Hitler, Mao, Pol Pot u.a.m. neigen zu fixen Ideen und Ideologien und verdienen Verachtung. 

Und gehört nicht die Kanzlerin Merkel, wenn auch in einem anderen Format, ebenfalls zu den sehr intelligenten Menschen, denen jede Klugheit und Weisheit abgeht?

Fußnote Tucholsky:
„Möge das Gas in die Spielstuben eurer Kinder schleichen. Mögen sie langsam umsinken, die Püppchen. Ich wünsche der Frau des Kirchen­rats und des Chefredakteurs und der Mutter des Bildhauers und der Schwester des Bankiers, daß sie einen bitteren, qualvollen Tod finden, alle zusammen. Weil sie es so wollen, ohne es zu wollen.“
Kurt Tucholsky, Werke Bd. 5, (Dänische Felder, Weltbühne 1927)

Fußnote Keyserling: Philosophenbriefe von und an Peter Wust: C. Baeumker, H. Conrad-Martius, A ...

herausgegeben von Ekkehard Blattmann