Samstag, 19. Juni 2010

Bolte-Zwiebel, Merian, Gauck








UNTER BRÜDERN
- aus meiner Merian-Bibel - Kupferstich von Matthäus Merian d. Ä., der am 19. Juni 1650 starb. Merian versah die Luther-Bibel mit seinen großartigen Kupferstichen und verlieh dem Text große ästhetische Eindrücklichkeit, die pädagogisch und didaktisch in ihrer Wirkung gar nicht überschätzt werden kann.
(Der bilderlose Koran in arabischer Sprache wird ab 7 Jahren auswendig gelernt, ohne ein inhaltliches Verständnis; bei Schülern, die das alte Hocharabisch nicht verstehen, fehlt das Textverständnis ganz, daher kennen u.a. auch viele Türken, die den Koran auswendig gelernt haben, den Text nicht näher.)
Matthäus Merian d. Ä. war reformiert, was ihm zeitweise Probleme mit den "Brüdern", den lutherischen Protestanten eintrug.




Boltes Zwiebel von 1966 - eine differenziertere Schichtungskonstruktion nach Ähnlichkeit der Berufe, Bildung und Einkommen - er differenziert die "Mitte" vierfach (Karl Martin Bolte, Dt. Gesellschaft im Wandel, 1967, S. 316)
"Für die Zeit um 1930 stellte Th. Geiger fest, daß die Mittellage nicht 'Ort einer typischen Gesellschaftsmentalität', sondern 'typischer Ort des Kunterbunts der Gesellschaftsmentalitäten' ist. In gewisser Weise gilt das auch noch heute", schreibt Bolte 1966. Und heute, kann man da nur hinzufügen, gilt es noch viel mehr. So viel mehr, daß die Denkfigur der SCHICHTUNG völlig überholt, weil nebelhaft geworden ist. Einzelne können sich mit drei Rock-Akkorden in einflußreiche Positionen bringen (Bono), was ein viel reicherer Programmierer und Großunternehmenschef wie Ellison nicht vermag, angestellte Chefredakteure haben eine viel größere politische Macht als die Gründer-Milliardäre von SAP, oft auch einen größeren Einfluß als gewählte Spitzenpolitiker, der auch viel länger anhalten kann, wenn sie vom STERN zum Fernsehen wechseln (wo uns Heiner Bremer wahrscheinlich noch mit 100 verkünden wird, was wir denken sollen).


- Ein Pastor? Um Gottes Willen! Da hat sich so ein pastoraler Gauck neben Gabriel und Trittin gesetzt.
Bestimmt hat Herr Gauck seine Verdienste: unter den Bedingungen der DDR-Diktatur hat er mutig öffentlich gegen den sozialistischen Gefängnisstaat gepredigt. Im Schutze seines Kirchenamtes. Er war kein Gysi. Der Gegensatz war allerdings überaus eindeutig: auf der einen Seite Honeckers Mauermörderstaat, auf der anderen Seite die pausenlos überwachte und gegängelte Bevölkerung. Man mußte schon sehr opportunistisch und interesselos sein, oder eben ein Gysi, um da nicht gegen die totalitäre SED-Herrschaft Position zu beziehen. Nach dem Sturz der Kommunisten hat Gauck die Stasi-Unterlagen-Behörde aufgebaut und erfolgreich geleitet. Das waren die Mühen der Berge. Die Mühen der Ebenen verlangen Vorausschau, weniger den Rückblick. Die Ebenen sind etwas langweilig, es geht um den Abbau von Stimmenkauf durch Wahlgeschenke, um touristische Konkurrenzfähigkeit des Übernachtungsgewerbes mit dem Ausland, um Überkapazitäten bei den Autoherstellern, Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit etc. - da braucht es keine Helden und keine Pastoren, weit vorausblickende Dickbrettbohrer mit Verstand im Detail wären nötig. Da könnte einem Wolfgang Clement einfallen.