Freitag, 28. August 2009
Deutsch-deutsche Auswanderung
Anwerbebroschüre der SED-Diktatur: "Werbung für eine der wichtigsten Zielgruppen. Die speziell für Jugendliche entwickelte Broschüre: 'Wir kamen aus dem "goldenen" Westen' (1955)" (Text, Bild: Stöver / Henkel-Stiftung)
- Zeichen der Krise: Heute wird in Hagen das neue Emil-Schumacher-Museum eröffnet, zusammen mit dem sanierten Osthaus-Museum, sie bilden das neue Hagener Kunstquartier.-
Ifo- und GfK-Index gestiegen, DB korrigiert Bip-Prognose für 2010 auf +1,4%, ähnlich DIW .
- ' „Zuflucht DDR“ — Bernd Stöver über die deutsch-deutsche Auswanderung von West nach Ost
Neu in der Historischen Bibliothek der
Gerda Henkel Stiftung
Bis zum Mauerbau 1961 sind mehr als eine halbe Million Westdeutsche in die DDR emigriert, darunter Stefan Heym, Wolf Biermann, Robert Havemann, Ralph Giordano, Wolfgang Kieling, Lothar Bisky, Oskar Brüsewitz oder zuletzt Ronald M. Schernikau. Bis zum Mauerfall 1989 waren es jedes Jahr immer noch mehrere tausend. Bernd Stöver ist den Motiven und Schicksalen dieser Auswanderer nachgegangen. Meist aus bisher verschlossenen Geheimdienstakten hat der Potsdamer Historiker Geschichten zu Tage gefördert, wie sie nur die deutsche Teilung schreiben konnte. Sein Buch „Zuflucht DDR. Spione und andere Übersiedler“ erscheint am 31. August 2009 in der Reihe „Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung“.
Bernd Stöver beschreibt auf gut 380 Seiten erstmals, wovor die Übersiedler flohen, mit welchen Erwartungen sie in die DDR kamen und wie es ihnen im Arbeiter- und Bauernstaat ergangen ist. Sein besonderes Augenmerk gilt dabei prominenten Auswanderern wie dem ersten westdeutschen Verfassungsschutzchef Otto John, den Spionen Günter Guillaume und Hans Wax, den Bundeswehroffizieren Bruno Winzer und Adam von Gliga, Politikern sowie den Terroristinnen Inge Viett und Susanne Albrecht, deren abenteuerlichen West-Ost-Biographien er auf der Grundlage von bisher unbekannten Akten von beiden Seiten des Eisernen Vorhangs schildert.'
(www.gerda-henkel-stiftung.de/presse_detail.php?language=de&nav_id=547)
/// Verlag und Stiftung stellten das am 30. August erscheinende Buch der Öffentlichkeit vor. Das Thema ist ganz interessant, insbesondere die Zahlen:
1950 verließen rd. 302.000 die SED-Diktatur, 40.000 zogen zu (Gesamt Wanderer = 342.000, 88% davon verließen also die Diktatur, 11,7% suchten sie auf, 1953: 520.000 zu 22.000 (542.000: 96% zu 4%), 1960: 247.000 zu 25.000 (272.000: 91% zu 9%), 1962 nach der Einmauerung: 21.500 zu 8.700 (30.200: 71% zu 29%) . In der Hauptsache stellt sich hier die Frage, die leider unbeantwortet blieb: welche Berufe flüchteten aus der sozialistischen Diktatur und welche zog sie an? Stöver gab an, daß die SED-Akten nicht die Ausbildungsberufe angaben, sondern nur 'Arbeiter' oder 'Handwerker' verzeichneten. Ich erinnere mich an "Spiegel"-Artikel, die Unternehmer und Akademiker als Hauptflüchtlingsgruppe nannten, das deckte sich mit den Verteidigungsbehauptungen von linken Gruppen, die den Mauerbau mit westlicher Abwerbungstätigkeit zu rechtfertigen suchten.
Stöver stellte den Bundeswehrmajor Bruno Winzer in den Mittelpunkt, bei seinen Kollegen als "Schuldenbruno" bekannt. Winzer flüchtete vor seinen Schulden in die Arme Ulbrichts und wurde Propaganda-Galionsfigur für die angebliche Kriegspolitik Adenauers und die Mauerbaurechtfertigung.
Drei Motivgruppen lassen sich bei den Diktatur-Zuziehern unterscheiden: Überzeugte Sozialisten und Kommunisten wie Biermann und Brecht, naive Menschen, die den Anwerbedarlehen und den Wohnungszusagen der SED Glauben schenkten und Kriminelle, die sich ihren Schulden, ihren Unterhaltsverpflichtungen, der Strafverfolgung in Westdeutschland durch den Grenzwechsel entzogen.
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