Samstag, 1. August 2020



Vorsicht! Das ist ja neu! Neuheitsschock droht!

“Die Wissenschaft sucht und produziert  das Neue und Überraschende ja nicht um seiner selbst willen, sondern um es zu unterdrücken und in Erwartbares zu transformieren. Mit dem Symbol Wahrheit wird kommuniziert, daß dies gelungen ist. Man präsentiert Überraschungen mit dem Zusatzsymbol: für alle gültig. … Noch im 17. Jahrhundert findet man den Begriff der Neuheiten (nouveautes) pejorativ gebraucht - natürlich in der Religion, aber auch in der Politik.” (Luhmann, Die Wissenschaft der Gesellschaft, S. 218ff.)

Alte Denkmuster verlieren durch diese Entwicklung an Geltung, das Konservative und das Religiöse kommen unter Überzeugungsdruck und verlieren an Einfluß, während die Linke und die Progressiven sich zu Bannerträgern des Neuen und Fortschrittlichen machen. Selbst stammesgeschichtlich kodierte Vergesellungsformen wie die traditionelle Ehe werden heute entwertet zugunsten beliebiger anderer Lebensgemeinschaften. Hier wird eine kulturelle Entwicklung zum Feind von Naturmustern und unterhöhlt das gesellschaftliche Fundament. Wie weit das bereits fortgeschritten ist, ersieht man am Rückgang der indigenen Geburten und dem Import von Gruppen, die sehr stabil an alten, vorwissenschaftlichen Denkmustern wie der Sklaverei der Frauen in allen Schattierungen festhalten, verbunden mit dem Eroberungsgeist monotheistischer Religionen. Sie besitzen den Vorteil der hohen Geburtenzahl und der entschlossenen Ablehnung von Wissenschaft. Die westeuropäischen Gesellschaften können den Niedergangskonsequenzen nicht mehr entkommen. In Osteuropa sieht das anders aus, weil es die zerüttende Zuwanderung vermeidet und zugleich mit der hergebrachten Religion Lebensmuster für die Mehrheit anbietet; dieses Religionsangebot besitzt zugleich eine gewisse Würde durch ihr großes Sinntexte-Angebot. Dies trifft allerdings nur für das konservative Christentum zu, das an dem Geist des Alten Testaments festhält und nicht dem realitätsfeindlichen Neuen Testament zuviel Kredit einräumt, wie es die EKD tut. Das Spannungsverhältnis zur Wissenschaft ist jedoch unaufhebbar, wie man in den USA sieht. Konservative Christen und konservative Säkulare stehen dort gegen Beliebigkeitsindividualisten, randseitige, an der Grenze zur Verwahrlosung lebende Kommunitäten, wissenschaftsfreundliche und wissenschaftsirrsinnige akademische Institutionen sowie linke Fanatikergruppen. Befriedende ökonomische Vorteile lassen sich nur erzielen durch konsequentes Abrücken von teuren Klima-Fehlanlagen und Lähmungen durch Produktionsunterbrechungen. 

Die Zukunft ist offen.  


Erik Satie - Gnossiennes 1-6