Freitag, 17. Juli 2020

Neuromythen


In allen Fächern gibt es Wichtigtuer und Marktschreier, besonders dann, wenn ihr Fach gerade Mode ist und Anschluß an die Massenmedien findet. Das war in der vergangenen Dekade in den Neurowissenschaften der Fall. Und schuf Neuromythen, deren Richtigstellung Finja Grospietsch und Jürgen Mayer (beide Uni Kassel) in ihrem Artikel “Irrtümer über Neurowissenschaft - Verbreitung und Beständigkeit von Neuromythen im Schul-Hochschulbereich” unternehmen. (Neuroforum 26/2020)

Sie geben vor allem einen Überblick über eine Reihe von Studien weltweit und steuern selbst eine bei. 550 Biologielehrer in Ausbildung umfaßte ihre Untersuchung, jeweils mehr als die Hälfte und bis zu 93% hing Fehlannahmen an. An der Spitze lag der Mythos LERNSTIL, der glaubt, daß Individuen besser lernen, wenn sie den Stoff in dem bevorzugten Modus (akustisch, visuell/bildlich, haptisch oder Text) dargeboten bekommen. Dies ist jedoch nicht der Fall, in allen Kanälen wird gleich gut gelernt. So der wissenschaftliche Befund. Das erscheint weitgehend plausibel, weil die Sinne ja hirnliche Zulieferer sind, die hirnliche Kodierung selbst erfolgt im Gedächtnis elektrochemisch. Ob dieser Befund aber das letzte Wort darstellt, bleibt dahingestellt. Wissenschaft ist nie am Ende. Die Textform bietet durch die Möglichkeit des Innehaltens und der Bearbeitung durch Unterstreichen etc. die meisten intellektuellen Möglichkeiten. Es müßte aber große Unterschiede geben zwischen dem Beginn der Grundschule und der Oberstufe.