Donnerstag, 21. Mai 2009

Politische Imperative und die wirtschaftliche Wertschöpfung



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„Ein gewisses Geldvolumen wird flüssig gehalten“ : von den staatlichen Notenbanken. Immer mal wieder so flüssig, daß es den Bürgern, wie bei der Hyperinflation 1923, durch die Finger läuft wie Wasser. Oder bis vor kurzem in Zimbabwe bis zur Abschaffung des Zim-$.
Die Politik ist in der Moderne nicht mehr der Kopf, der noch ein paar Anhängsel hat. Eher verhält es sich heute umgekehrt, und die Pop-Art-Truppe der Politiker mag sich mit dieser Mediatisierung nicht recht abfinden, sehen sie sich doch heimlich in der Ahnenreihe des Sonnenkönigtums. Die Bedeutung dieser Einsicht kann schwer überschätzt werden, ebenso wenig die Größe des Freiheitsspielraums, der sich durch die Abschaffung des Kopfes öffnet.
Aber immer noch hat die Politik die Zentral-Kasse usurpiert in Form des Geldmonopols und des Steuermonopols. Da fehlt der Wettbewerb, die Checks und Balances. Man hat zwar den großen Vorteil eines einheitlichen Währungsraumes, aber Besteuerung und Geldversorgung werden außerhalb des Subsystems Wirtschaft gesteuert. Kann man das noch strukturelle Kopplung nennen?
Luhmanns Perspektive der Subsysteme scheint mir zu enthüllen, daß rohe Herrschaftsbeziehungen auch in funktional differenzierten Gesellschaften immer noch dominieren, daß die Wert-Logiken des politischen Dirigismus die Logik der Subsysteme stark überlagern. Stellt man sich die Logiken als tektonische Platten vor, dann muß es, zusätzlich zu den normalen Betriebsunfällen, immer wieder zu politisch-wirtschaftlichen Großbeben kommen, das 20. Jahrhundert war voll davon.
Im Beispiel der Finanzkrise hat in einer langen Wirkungskette der Wohlfahrtsimperativ „Jedem seinen Kredit, jedem sein Häuschen“ zu einer soziallogischen Hyperkreditvergabe durch die halbstaatlichen Hypothekengiganten Fannie und Freddie Mac geführt, die die kredit-/pfandlogische Verantwortlichkeit ausgehebelt und die Verschuldungsgrenzen verschoben hat.
Fannie und Freddie Mac konnten recht sicher sein, daß alle Sozialpolitiker in Washington (die zum Teil, wie bei der deutschen KfW auch, in den Beiräten sitzen) sich für ihre Kredit-Politik einsetzen würden, stammte der Gründungs-Auftrag ja noch von Roosevelt selbst. Daraus ergibt sich das Problem des „Moral Hazard“: die politische Protektion macht keck, das Untergangsrisiko ist aufgehoben. So etwas strahlt auf andere Institute aus, strahlt auch weit in die allgemeine Mentalität aus: der Staat wird’s schon richten. Das kann er aber nicht, auch wenn er die Zentral-Kasse monopolistisch verwaltet. Sein Teil ist die Wert-Logik, die wirtschaftliche Wertschöpfung folgt einer Gewinn-Logik.
So „rettete“ zwar der große Schröder mit dem Geld der Steuerzahler die Bau-Firma Holzmann, aber nur für ein halbes Jahr.
Die wirtschaftliche Eigenlogik hat natürlich ihre Krisen wie alle Systeme, aber es ist stets zu fragen, ob sie politisch induziert sind. Das kann man mit Luhmann, scheint mir, präziser tun.
Läßt man die funktionale Gewinnlogik gewähren, übersetzt sie sich wunderbar in Wohlstand und man gewinnt mehr Zeit, um mehr Krisen zu erleben: in hundert Jahren nahm die durchschnittliche Lebenserwartung bei verbesserter Gesundheit um rund 25 Jahre zu.