Am 4.10.1970 krepierte mit 27 Jahren ziemlich erbärmlich Janis Joplin an ihrer Drogensucht. Das war nicht erfolgreich, das war nicht effektiv. Höchstens effektiv ruinös. Das Wort “effektiv” schillert allerdings etwas zweifelhaft, ein Leben sollte gelingen, aber kaum “effektiv” sein. Das Wort spielt ins Organisatorische, und ja, Organisiertheit gehört auch zur Lebenskunst. Am Rande, würde ich sagen. Nicht zu sehr. Daran fehlte es der begabten Sängerin Joplin, sie ruinierte sich durch völlige Desorganisiertheit. Wie wäre es gewesen, hätte es etwas bewirkt, wenn sie einen Vortrag von Stephen Covey gehört hätte, zum Beispiel “Die 7 Eigenschaften hocheffektiver Menschen”?
Sie hätte wohl schon beim Wort “hocheffektiv” abgeschaltet, oder hätte dem Covey ein “Geht mich nichts an!” zugerufen, wenn nicht ein “Du häßlicher weißer alter Mann! Du Phrasendrescher des Establishments! Du Plastiknazi!”
Sehr wahrscheinlich. Kommunikationsabbruch. Joplin hätte weiter mit viel Gefühl gesungen und sich um den Verstand gesoffen.
Das erinnert an Babrios’ und Lafontaines Fabel
”Die Grille und die Ameise
Die Grille musizierte
Die ganze Sommerzeit –
Und kam in Not und Leid,
Als nun der Nord regierte.
Sie hatte nicht ein Stückchen
Von Würmchen oder Mückchen,
Und Hunger klagend ging sie hin
Zur Ameis, ihrer Nachbarin,
Und bat sie voller Sorgen,
Ihr etwas Korn zu borgen.
»Mir bangt um meine Existenz,«
So sprach sie; »kommt der neue Lenz,
Dann zahl ich alles dir zurück
Und füge noch ein gutes Stück
Als Zinsen bei.« Die Ameis leiht
Nicht gern; sie liebt die Sparsamkeit.
Sie sagte zu der Borgerin:
»Wie brachtest du den Sommer hin?«
»Ich habe Tag und Nacht
Mit Singen mich ergötzt.«
»Du hast Musik gemacht?
Wie hübsch! So tanze jetzt!«
Helmut Arntzen hat die Fabel in unseren Tagen weitergeführt:
„Was Singen und Arbeiten betrifft, so habe ich schon deiner Mutter gute Ratschläge gegeben, sagte die Ameise zur Grille im Oktober.
Ich weiß, zirpte die, aber Ratschläge für Ameisen“.
Und ebenso gibt Covey die Ratschläge für disponierte “Ameisen”, nicht aber für versoffene Sängerinnen. Die Meister der Appelle funken auf anderen Kommunikations-Kanälen als die Desorganisierten. Nun sind Appelle nichts Falsches, sie können Impulse setzen für die, die schon die entsprechende Frequenz eingestellt haben. Aber die “Grillen” erreichen sie nicht. Die hören lieber auf den katholischen Böll und seine “Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral”, in der ein fauler Fischer vergeblich zum protestantischen Fleiß aufgefordert wird.
So geht’s mit den Appellen, sie bewirken wenig oder nichts.