Samstag, 5. Oktober 2013

300 Jahre Diderot - 5.10.1713 bis 1784






Es war die Zeit der Enzyklopädie-Anfänge, allerdings nur in Europa. Das Sammeln von Wissen, des gesamten Wissens der Zeit, trieb die Aufklärer, nicht die Christen, dazu, es in kompakter Form als Lexikon massenhaft auf den gesamten europäischen Markt zu bringen. 
Diesen breiten Wissensdurst gab es nur in Europa. 1750 hatte bereits der Breslauer Schuhmachersohn Johann Heinrich Zedler sein 60bändiges (!) Universal-Lexikon herausgebracht, und ab 1751 erscheint in Paris Diderots und d’Alemberts „Encylopédie“ mit 11 Bänden, ab 1768 in London die „Encyclopedia Britannica“. 1755 schreibt Diderot zur Erläuterung des Projekts in der Encylopédie, die die katholische Kirche 1759 verbot:
„Dieses Wort bedeutet „Verknüpfung der Wissenschaften; es setzt sich zusammen aus der griechischen Präposition „in“ und den Substantiven „Kreis“ und „Lehre“, „Kunde“, „Kenntnis“. Tatsächlich zielt eine Enzyklopädie darauf ab, die auf der Erdoberfläche verstreuten Kenntnisse zu sammeln, das allgemeine System dieser Kenntnisse den Menschen darzulegen, mit denen wir zusammen leben, und es den nach uns kommenden Menschen zu überliefern, damit die Arbeit der vergangenen Jahrhunderte nicht nutzlos für die kommenden Jahrhunderte gewesen sei; damit unsere Enkel nicht nur gebildeter, sondern gleichzeitig auch tugendhafter und glücklicher werden und damit wir nicht sterben, ohne uns um die Menschheit verdient gemacht zu haben.“
Na prima. Die geistreichen Sprüche der Merkel und Gabriel, der Wulff und Gauck, die gebildeten und glücklichen Fußballspieler und die Tugendhaftigkeit der Stalin, Hitler und Mao, nicht zuletzt auch der Wilhelm Reich und Cohn-Bendit wird man in direkter Weise auf die Arbeit der Enzyklopädisten zurückführen können.
Aber Scherz beiseite. Die Aufklärer besaßen naive Illusionen, die heute offen zutage liegen. Wissen und sog. „Bildung“ wirken sich nirgendwo, auf keinem Gebiet, automatisch aus und schon gar nicht gleichmäßig auf allen Feldern. An anderer Stelle hat Diderot den Rat gegeben: "Ist man mit Verrückten verrückt, hat man weniger Unannehmlichkeiten, als allein vernünftig zu sein." Und es gilt doch immer noch der Befund des Schotten Charles Mackays rund hundert Jahre später: "Men, it has been well said, think in herds;
it will be seen that they go mad in herds,
while they only recover their senses slowly,
and one by one."
Aber das Projekt Enzyklopädie lebt. Meyer, Brockhaus und neuerdings Wikipedia führten und führen die Arbeit fort. Wie alle Bücher, das hatte schon Diderots Zeitgenosse Lichtenberg notiert, macht die Enzo. die Schlauen schlauer, die Dummen dümmer und die meisten bleiben völlig unberührt.