Montag, 27. Februar 2017

Max Reger-Träume am Kamin - Ulrich Urban, Piano 3/3

Welchen evolutiven Vorteil gewährte der Opferglauben?



Die Auswahl der Opfer erfolgte in der Regel immer aus den Reihen der Außengruppe. Die von Matthew White geschätzten 40 Opfer pro Tag bei den Azteken zwischen 1440 und 1524, insgesamt etwa 1,2 Mio. Menschen, die als Opfer ausgewählt wurden, stammten aus den Nachbarländern. Das war auch anderswo der Fall. Es ist zu vermuten, daß der Gruppenzusammenhalt dadurch gestärkt und die Außengruppe dezimiert wurde. Das dürfte auch durch die Religionen überhaupt geschehen, sonst wären sie nicht überall entstanden. Opfer sind Symbolhandlungen (Tauschhandlungen) innerhalb von Religionen und greifen auf die immer gleichen Meme zu (Dawkins).
Diese werden den Kindern früh vermittelt, und die meisten Erwachsenen können sich nur schwer von ihnen lösen.
Dringen stark religiöse Gruppen in Gesellschaften ein mit geringer Religiosität, so spielt die religiös fundierte Geburtenrate wieder eine evolutiv bedeutsame Rolle.
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Was verbindet die Tlingit mit den Friesen? Die Sklaverei ist es nicht, denn die wird nur von den Tlingit berichtet (Potts), nicht aber von den Friesen. Die Tlingit sind ein Indianervolk und siedeln an der Küste Alaskas und Kanadas, also ziemlich weit weg von den Friesen. Sklaven waren für die Tlingit weniger Arbeitskräfte als Trophäen - und Opfer. Wenn ein neues Haus gebaut wurde, wurde ein Sklave getötet. Und von den Friesen wird berichtet, daß „was Lebiges“ in einen neuen Deich hineinmußte, wie Theodor Storm in seinem „Schimmelreiter“ berichtet. War kein Kind da, so tat es auch ein Hund.   
Besonders hohen Bedarf an Opfern hatten die Azteken. Jüngst wurden im Haupttempel von Mexiko-Stadt 42 Kinderskelette ausgegraben, die dort einem Regengott geopfert worden waren. Diego Durian, ein Priester aus dem Gefolge des Cortez, berichtet von einem Opfermassaker an 500 Opfern.
Das Abschlachten von Menschen als Opfer kann also als menschliche Universalie festgestellt werden, die erst in der griechischen Antike fraglich wurde. Von dort beeinflußt beendete auch eine Religion - das Christentum - den Opferkult für sich, bezeichnenderweise durch ein letztes Großopfer; der offiziellen Legende nach opfert ein Gott seinen Sohn.  

Aber Traditionen sterben langsam. Das islamische Opferfest steht dafür.






















Wahrheit und Lüge kennt die darwinische Evolution nicht


Von Nietzsche stammt die Formulierung der “kraftsteigernden Beschaffenheit der Lüge”, und auch wenn der Begriff “Lüge” für Religionen etwas schief ist - es handelt sich vorwiegend mehr um Phantasien, als um Lügen - so ist doch die Sache richtig erkannt. Sowohl das Individuum kann kraftsteigernde Phantasien pflegen bis hin zum Größenwahn - das haben alle “Großen” der Geschichte getan - und Gruppen können dies ebenfalls und sie praktizieren es täglich in ihren Ritualen. Je größeren Raum die Rituale einnehmen, desto größer ist ihre bindende und motivierende Kraft bei den meisten Anhängern, und hier kommt die darwinische Evolution ins Spiel. In diesem Feld zählt die Hinterlassenschaft, die Geburtenzahl. Was sonst die Vorteile von Religion sein mögen für den Einzelnen - Gesundheit, Zufriedenheit, Lebenslänge - die hohe Geburtenzahl einer religiösen Gruppe ist ein konkretes Datum, wie es für die Agnostiker und die Atheisten ein bedrohlicher Hinweis ist: die Geburtenrate agnostischer Professorinnen ist die weitaus niedrigste. Das führt zu dem Befund, daß Agnostiker und Atheisten in den Gesellschaften abnehmen, in die religiöse Gruppen einwandern.