So mancher besitzt 200 Friends auf Facebook. Und dagegen ist nichts zu sagen, andere haben 200 Flaschen im Weinkeller. Doch die Vielzahl verdeckt leicht, daß eine Bekanntschaft keine Freundschaft ist.
Schon Epikur lobte sie: “Die Fähigkeit, Freundschaft zu gewinnen, ist unter allem, was zur Weisheit und Glückseligkeit beitragen kann, bei weitem das Bedeutendste.”
Da müßte man einmal bei Schopenhauer und Nietzsche nachfragen, bei den großen Einzelgängern. Zumindest haben sie es zu einiger Weisheit gebracht, insbesondere Schopenhauer in seinen “Aphorismen zur Lebensweisheit”.
Epikur äußert sich jedoch nicht näher zur Sache selbst. Dies tut Montaigne, der zwar oft und gern an antike Autoren anknüpft, hier aber vor allem seine eigene Erfahrung reflektiert, seine Freundschaft mit Etienne de La Boetie. Im Essai “Über die Freundschaft” spricht er vom “Harmonisieren zweier Willen”, “Begehren und Genuß” gingen bei der Freundschaft “derart Hand in Hand, daß sie (die Freundschaft, WD) gerade durchs Vollziehen wächst und gedeiht, da sie geistig ist und die Seelen sich im Umgang miteinander immer weiter verfeinern.” (M.,E., S. 100)
Diese Freundschaft begann spät und fand durch den Tod Boeties ein frühes Ende. Eine überhöhende Erinnerung mag in die Formulierung Montaignes eingeflossen sein, gleichwohl dürfte mit der übereinstimmenden Denkwelt der Freunde das Wesentliche getroffen sein, das Freundschaft von Bekanntschaft unterscheidet. Verschiedene graduelle Abstufungen kann man hier annehmen. Im Unterschied zu Epikur setzt Montaigne aber den Akzent nicht auf das einnehmende Wesen einer Person, das ihn Freunde gewinnen läßt, sondern auf das Gemeinsamkeitserlebnis.