Denken und Sprechen haben nicht so viel miteinander zu tun, wie Wygotski meint. Man sieht das auch an jungen Autoren wie Büchner, die bereits über eine hohe Sprachkraft verfügen, aber erst wenig Lebenserfahrung besitzen und erst wenige Kenntnisse erworben haben. Ähnlich verhält es sich mit jungen Komponisten.
Wissenschaftssprache Deutsch und das Denglisch - wieviel davon?
Das Problem besteht auch in den anderen Sprachen. Der in den USA beheimatete Science-Citation-Index übt eine große Anziehungskraft auf junge Wissenschaftler aus. Damit muß man sich eben herumschlagen, so wie das auch im Mittelalter der Fall war. Damals mußte der Gelehrte Latein schreiben. Dadurch wurde aber die Aufklärung nicht verhindert - nicht einmal bei dem Verächter des Deutschen, dem 2. Fritz, der nur mit dem Pferdeknecht deutsch sprach. Die Welt des Denkens und die der Sprache berühren sich zwar, aber nur am Rande. Das gilt besonders für die Naturwissenschaften.
Galilei, Leeuwenhoek oder Edward Jenner dachten mit Präzision und in Funktionsvorstellungen, ihre Muttersprache war dabei völlig sekundär. Marie Curie alias Skłodowska wechselte zwar das Polnische gegen das Französische aus, aber nicht ihr radioaktives Denken.
Das Problem des englischen Einflusses reicht also nicht in das Denken hinein. Allerdings übernehmen junge Leute gerne und leicht Moden, selbst im nationalistischen Frankreich, das ein Gesetz zur Wahrung des Französischen beschlossen hat. Im geistig verwirrten Deutschland mit Schuldkult und grüner Ideologie liegen die Dinge zwar anders, aber auch nicht hoffnungslos. Weil das Denken sich in einem anderen Kode vollzieht, droht keine intellektuelle Beeinträchtigung durch Verwenden des Englischen. Wir brauchen es in Europa, weil die Sprachgrenzen noch sehr ausgeprägt sind und die Verständigung behindern oder gar verhindern. Aber die Muttersprache kann man trotzdem pflegen. Wenn man will.