Montag, 3. September 2012

Kölner Knochen, Deutzer Dynamik




Völlig ohne Abitur, aber für weitreichende technische Revolutionen gut:
Wilhelm Maybach, aus dem pietistischen Bruderhaus nach Deutz

(Bild: Wiki.)


Die Zeit war noch nicht reif dafür, man las im katholischen Köln den Aristoteles, nicht den Archimedes, außerdem mußten die Kölner Fürstbischöfe sich immer um Wichtigeres kümmern, den jungen Heinrich IV. entführen, etwa, oder die Schlacht von Worringen schlagen, die verloren ging. So blieb Köln Köln, fürstbischöflich und jesuitisch, und Deutz, das sich die Erzbischöfe immer gern unter den Nagel reißen wollten, erhielt 1230 Stadtrechte mit der „Deutzer Freiheit“. 1814 kam es an das protestantische Preußen, die die Gewerbeorientierung der Deutzer gewähren ließ. Das lockte Neubürger an, sogar Protestanten, die sich die erste rechtsrheinische evangelische Kirche bauten. Vom katholischen Dom aus gesehen war das die „Schääl Sick“, die Barbarenseite des Rheins. Dorthin zog es auch den Bauernsohn Nikolaus Otto, der auch kein Abitur besaß und ganz ohne Förderung durch eine Gemeinschaftsschule den bekannten Otto-Motor erfand. In Deutz. Wie das protestantische Leben so spielte, kamen dann in der Gasmotorenfabrik Deutz, gegründet 1864, zwei schwäbische Protestanten dazu, der Schorndorfer Bäckersohn Gottlieb Daimler, und der Frühwaise Wilhelm Maybach aus dem pietistisch-calvinistischen Reutlingen, wo man stinkreich auch heute noch innerweltliche Askese pflegt bei der Kuttelsuppe. Im Bruderhaus des pietistischen Pfarrers Gustav Werner wuchs Maybach seit seinem siebten Lebensjahr auf, dort bekam er auch in der von Werner gegründeten Industrieschule seine Ausbildung, und dort, in der Industrieschule des Bruderhauses, traf er zum ersten Mal Daimler, der als Leiter der Maschinenfabrik den Gewerbenachwuchs unterrichtete. Daimler erkannte Maybachs Talent, der sein Assistent wurde und ihn hinfort begleitete, u.a. zur Gasmotorenfabrik Deutz. Maybach gelang die für den Automobilbau entscheidende Weiterentwicklung des Otto-Motors, er schuf den ersten schnellaufenden Benzinmotor.
Und dann gab es da noch den Frühwaisen Karl, der seinen Vater Johann Georg Benz, einen Lokomotivführer, mit zwei Jahren verlor. Ins Taufbuch der protestantischen badischen Gemeinde Mühlburg wurde er 1844 eingetragen als „Karl Friedrich Michael Wailand“. Ja, die Hugenotten lassen grüßen, den Namen VAILLANT kennen wir auch im protestantischen Bergischen, der Pfarrer hatte den Namen eingedeutscht. Karl Benz war das uneheliche Kind der Josephine Vaillant aus einer französischen calvinistischen Hugenottenfamilie.
Man kann nur staunen, wie das protestantische Industrieleben webte und wob. Lange Zeit durften Kölner Protestanten, die ein Gewerbe gründen wollten, dies nur auf der anderen Rheinseite tun. Die Knochen Wilhelm Maybachs aber holten sich die Kölner Katholiken dann auf ihre Rheinseite, zum Renommieren. Zuvor, 1888, hatten sie Deutz geschluckt.