Montag, 26. September 2022

Nahrungslegende



“Alle zwanzig Aminosäuren, die Bausteine der Proteine, sind in Pflanzen enthalten. Aber keine Nahrungspflanze enthält alle zwanzig Aminosäuren. Den gesamten Katalog der Aminosäuren kann man aus Nahrungspflanzen nur beziehen, wenn man täglich große Mengen an stark magenfüllender, stickstoffhaltiger Nahrung, etwa Bohnen und Nüsse, sowie noch größere Mengen an stärkehaltigem Getreide oder Wurzeln zu sich nimmt. (Bohnen und Nüsse sind an sich schon teure Nahrung.) Der Verzehr von Fleisch ist daher für den Körper ein wesentlich effizienterer Weg, sich alle für die Erhaltung der Gesundheit und körperlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Aminosäuren zu verschaffen. Fleisch liefert die erforderlichen Nährstoffe in höchst konzentrierter Form. Als Eiweißquelle ist es physiologisch besser als Nahrungspflanzen, und dieser Umstand spiegelt sich in der unter vorstaatlichen Dorfvölkern praktisch universell verbreiteten Neigung, bei Umverteilungsfesten Fleisch gegenüber pflanzlicher Nahrung den Vorzug zu geben.” Das Schweinefleisch enthält zudem mehr Kalorien als Rinderfleich.

Das Schwein lebt im und am Wald, der aber im Nahen Osten abgeholzt wurde mit der Folge, daß das Land versteppte.

“Schweinezucht brachte Kosten mit sich, die für das ganze Subsistenzsystem in den heißen, semiariden Landstrichen des Nahen Ostens eine Bedrohung darstellten. … Das im 3. Buch Mose aufgezeichnete Verbot hatte daher den Vorteil der Endgültigkeit: Indem es auch eine Schweinezucht in geringem Umfang für unrein erklärte, half es die schädliche Neigung zu unterdrücken, sie in großem Umfang zu betreiben.”

(Marvin Harris, Kannibalen und Könige, 1977, S. 168ff.)

So entpuppt sich manche Legende, nicht nur bei den Schweinen, als eine Maßnahme mit anderem Hintergrund. Das tut der Legende und der Dauer ihrer Gültigkeit keinen Abbruch. Deswegen versuchen alle Gläubigen - egal, auf welchem Gebiet - eine Legende zu schaffen, die die Jahrhunderte überdauert.