Der Bezeichnungsumfang war nicht eindeutig, ebensowenig wie der der SACHSEN. Ethnisch homogene Gebiete mit einer klaren Identität gab es höchstens bei den Römern im Imperium Romanum. Tacitus nannte alle Stämme östlich des Rheins GERMANEN. Das waren Chamaven, Chattuarier, Brukterer, Ampsivarier, Usipeter, Tubanten, Chasuarier u.a.m. Mit den Saliern vom Niederrhein bildeten sie einen lockeren Stammesverbund. Die Salier wurden Verbündete Roms und siedelten im heutigen Nordfrankreich. Für sie kam die Bezeichnung FRANKEN (FREIE) auf, der aber zunächst beschränkt war. Die Normannen, die später aus dem Norden die Bretagne und die Normandie eroberten, wurden erst später FRANKEN genannt, speziell aus der Ferne. “Die Muslime verwendeten diesen Begriff so umfassend, daß König Sigurd I. von Norwegen, als er 1110 ins Heilige Land kam, als ‘Frankenkönig’ beschrieben werden konnte. Die Kreuzfahrer wußten, daß sie allgemein Franken genannt wurden: ‘Die Barbaren sind es gewohnt, alle Abendländer so (Franken) zu nennen’, schrieb Ekkehard von Aura … Noch wesentlich später, im 13. Jahrhundert, herrschte genau dieser generalisierende Sprachgebrauch vor: ‘Alle Menschen, die jenseits des Meeres leben, nennen alle Christen ‘Franken’ und benutzen also den Namen im erweiterten Sinn’, schrieb der Dominikanermönch Simon von Saint-Quentin über die Mongolen. Und genau diesen ‘erweiterten Sinn’ übernahmen die westlichen Kreuzfahrer auf dem ersten Kreuzzug bereitwillig als Selbstbezeichnung.”*
*Bartlett, “Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt”, S. 130f.