Mit dem hätte Margret Boveri ja nie angebändelt
Ernst Jünger fand Boveris "Amerika-Fibel für erwachsene Deutsche" von 1946 prima. Sie helfe ihm, den amerikanischen "Maschinenmenschen in seinem optimalen Lebensraum" besser zu erfassen. (Briefwechsel Boveri/Jünger 1946-73, 2008)
Mir scheint, solche Urteile zeugen vom langlebigen Zauber Platons und dem langen Schatten des Aristoteles. Es gehört wohl viel Metaphysik ins Hirn, um 1944 aus den USA nach Berlin zurückzukehren, wie das die Journalistin und genetisch halbe Amerikanerin Margret Boveri tat, die aber mit ihren Biologen-Eltern in Deutschland aufgewachsen war. Sie hatte eine amerikanische Mutter, pflegte ein Verhältnis mit einem afroamerikanischen Biologen und hatte mehrere Jahre in den USA gelebt - und sah trotzdem alles durch die Brille des platonischen Rational-Totalitarismus der POLITEIA und des rational-kollektivistischen Politikverständnisses des Aristoteles. Angereichert durch die Lektüre Ernst Jüngers. Dabei hätte Boveri durch ihre Biologen-Eltern und ihren Liebhaber gute Voraussetzungen gehabt, ein Vorverständnis dessen zu entwickeln, was Desmond Morris später in seinem Buch "Der nackte Affe" (1967) gebündelt vorlegte.
Wenig hatte sie verstanden von Biologie und Amerika, meinte aber, sie müßte ihren geisteswissenschaftlich und nationalsozialistisch verbildeten deutschen Zeitgenossen 'die Amerikaner' erklären. Bedarf war offenbar vorhanden, denn das Büchlein wurde ein Verkaufserfolg. Allerdings wohl nur bei Akademikern, denn die amerikanischen Soldaten führten sich selbst ein durch den Swing in ihren Klubs. Diese Musik war bereits viel früher in der jungen Generation beliebt, wie man von Axel Springer und aus anderen Quellen weiß. Der Swing war natürlich außerordentlich unplatonisch, schon, weil Platon Instrumentalmusik und überhaupt diverse Tonarten für seinen kommunistisch-faschistischen Staat (POLITEIA) verboten hatte. Adorno verabscheute den Jazz und bezeichnete ihn als "Negermusik". Aber unakademischen Deutschen gefiel diese rhythmisierte Musik, deutsche Musiker griffen sie auf und spielten sie nach. Kurt Edelhagen gründete 1945 seine erste Combo. In Herne!
Aber nicht nur Soldaten waren nach Deutschland gekommen, auch private und organisierte Sozialarbeiter wie die Quäkerin M. Asenath Johnson aus Newtown, Mass., die 1947 in Frankfurt-Bockenheim ein Nachbarschaftshaus betrieb, das von der Besatzungsmacht unterhalten wurde und sich um deutsche Jugendliche kümmerte. Diese teilweise verwaisten, teilweise traumatisierten und zu einem gut Teil verwahrlosten jungen Leute brauchten die Fibel der Jünger-Leserin Boveri nicht. Was wunder. Auch die Care-Pakete kommunizierten auf ihre eigene, unplatonische Art und bedurften keiner Anleitung.
Und dann kam auch noch Elvis! Boveri mußte es erleben. Und was kam noch alles. Heute aber, wo der amerikanische "Maschinenmensch" mit dem teuflischen GOOGLE, dem albernen Apfel und der jüdisch-bolschewistischen Geheimdienstfirma Facebook (alles CIA!) sich die ganze Welt zum "optimalen Lebensraum" machen will, heute brauchen wir dringend eine neue Fibel, ein neues Erklärwerk. Aber Boveri und Jünger sind tot.