Dienstag, 2. August 2011

Am besten dem Säugling auch gleich die Steuernummer eintätowieren

Beamte vermehren sich geschlechtlich und ungeschlechtlich. Vor allem ungeschlechtlich, wie das Wachstum der Arnsberger Bezirksregierung augenfällig macht. Der Beginn im Kaiserreich war bescheiden. Die 1930er Jahre verdoppelten den Regierungspräsidentenbau. Die dritte bauliche Erweiterung übertrifft die Größe der beiden älteren Gebäude zusammengenommen noch einmal. Cyril Northcote Parkinson stellte diese Tendenz zur Verwaltungsvermehrung zuerst bei der englischen Marine fest: je weniger Marineschiffe fuhren, desto stärker wuchsen die Marineministeriumsbeamten. Er fand die gleiche Entwicklung im Kolonialministerium und anderswo. Man könnte über die Vermehrung nutzloser Arbeit lächeln. Mit der Zunahme der Verwaltung gehen jedoch Steuererhöhungen einher, und, noch schlimmer, Freiheitsverluste des verwalteten Bürgers. Und dies beginnt schon früh. Am besten wird schon ganz frühzeitig damit begonnen, den Bürger zum Gegenstand des Öffentlichen Dienstes zu machen: in der Kinderkrippe als Nummer xy in der Gruppe nach geregeltem Ablauf. Dann Kindergarten, dann Schule. Bedauerlicherweise läßt sich vorgeburtlich nichts drehen. Aber danach können die Zwangsschulzeiten wachsen: von vier Jahren auf das Doppelte, dann zehn Jahre. Dem folgten auch die Gymnasialzeiten. Die Schulbeamten, ständig auf ihre Vermehrung bedacht, dehnten die Oberschulzeiten auf neun Jahre. Überflüssigen, toten Schulstoff gibt es genug, um dieses Spielchen des Lebenszeitraubs beliebig auszudehnen Nun gibt es gelegentlich Überraschungen. Vor zehn Jahren wurde unter dem Ostimpuls der achtjährigen Oberschule im Saarland erstmals im Westen das achtjährige Gymnasium eingeführt. Seitdem kämpft eine besonders üble Lobbyistentruppe, die GEW ("Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft") gegen diesen kleinen Freiheitsgewinn für Schüler in einigen Ländern. Das Problem ist alt, aber das Zwinggehäuse der Staatsbeamten war nie stählerner als heute. Sozusagen ein Soft-Soft-Stalinismus. "Selbst wenn noch eine lange Lebensdauer übrigbliebe, müßte man sie sparsam aufteilen, damit sie für notwendige Dinge ausreiche: Doch welch ein Wahnsinn ist es nun, Überflüssiges zu lernen bei diesem großen Zeitmangel! Leb wohl!" (49. Brief an Lucilius, Seneca)