Mittwoch, 23. September 2015

Berufung, Beruf, Familie



Der Puritaner wollte Berufsmensch sein, – wir müssen es sein. Denn indem die Askese aus den Mönchszellen heraus in das Berufsleben übertragen wurde und die innerweltliche Sittlichkeit zu beherrschen begann, half sie an ihrem Teile mit daran, jenen mächtigen Kosmos der modernen, an die technischen und ökonomischen Voraussetzungen mechanisch-maschineller Produktion gebundenen, Wirtschaftsordnung erbauen, der heute den Lebensstil aller einzelnen, die in dies Triebwerk hineingeboren werden – nicht nur der direkt ökonomisch Erwerbstätigen –, mit überwältigendem Zwange bestimmt und vielleicht bestimmen wird, bis der letzte Zentner fossilen Brennstoffs verglüht ist. Nur wie »ein dünner Mantel, den man jederzeit abwerfen könnte«, sollte nach Baxters Ansicht die Sorge um die äußeren Güter um die Schultern seiner Heiligen liegen389. Aber aus dem Mantel ließ das Verhängnis ein stahlhartes Gehäuse werden. Indem die Askese die Welt umzubauen und in der Welt sich auszuwirken unternahm, gewannen die äußeren Güter[203] dieser Welt zunehmende und schließlich unentrinnbare Macht über den Menschen, wie niemals zuvor in der Geschichte.”
(Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Religionssoziologie I, UTB S. 203)
Man sollte sich gelegentlich daran erinnern, daß die griechische und römische Antike die Erwerbsarbeit geringschätzte, und der europäische Adel hielt es ebenso. Der englische Gentleman machte sich nicht die Hände schmutzig, noch Agatha Christie erzählt dies von ihrem Vater:
"Ich verstehe nicht, was an Arbeit moralisch richtig sein soll. Mein Vater war ein Gentleman und machte sich sein Leben lang nie die Hände schmutzig, und doch war er ein höchst angenehmer Mensch.“
Ja, sowas.
August Bebel war da ganz anderer Ansicht. In “Die Frau und der Sozialismus” postulierte er, daß nur die Berufsarbeit die Frau emanzipieren könne. So blöd sind sie, die Sozen. Bis heute.

Lassen wir doch die Leute nach ihren Möglichkeiten und Begabungen wählen. Die Menschen unterscheiden sich nämlich beträchtlich. In jedem Fall gilt, daß die Kindererziehung eine in jeder Hinsicht wertvollere Tätigkeit darstellt als ein Dutzendbürojob. Und auch sehr viel mehr Freude gewährt - neben der anstrengenden Arbeit - , als das Politikschwatzfach zu ergreifen. Womöglich schon im Kinderzimmer, wie Christian Lindner.