"Es ist wohlbekannt, daß Rousseau von Platon direkt beeinflußt wurde. Rousseau kannte auch Platons "Staatsmann" mit seiner Verherrlichung der primitiven Berghirten. … Es ist interessant, wie schnell Voltaire die Gefahren von Rousseaus romantischem Obskurantismus erkannte."
Karl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, S. 404
Der Größte war er, der größte Bewunderer seiner selbst. Das macht zweifellos sein stärkstes Talent aus. Bücher wie seine “Bekenntnisse” und die “Träumereien” fielen deswegen radikal subjektiv und ehrlich aus, wo andere vertuscht und verschwiegen hätten. Seine Schilderung, wie er auf der Straße hinter dem Baum onaniert, hätten andere weggelassen. Aber ein Halbgott braucht das nicht, so war seine Überzeugung.
Auch sonst war er sehr ungeniert. Ein Erziehungsbuch zu schreiben und seine fünf Kinder direkt als Säuglinge ins Waisenhaus zu geben, das hat ihm bisher in der bunten Zunft der Erziehungswissenschaftler niemand nachgemacht.
Auch ansonsten sieht alles sehr zwiespältig bei ihm aus: "Das Vaterland sehen und bis zum Tode nichts anderes sehen als das Vaterland" soll schon das Kleinkind - na, na, na.
Stichwortgeber war er nicht nur für Nationalisten, sondern auch für Kommunisten (Eigentum ist pöse), Antimonarchisten (republikanische Mehrheitsdiktatur), Milieutheoretiker (der Mensch kommt als Engelchen auf die Welt und wird dann von der pösen Gesellschaft verdorben) und Grünfanatiker (zurück zur Natur).
Was bei Rousseau selbst noch im Bereich der dichterischen und philosophischen Spinnerei bleibt, wird bei seinem Anhänger Robespierre in Ströme von Guillotinenblut getaucht.