Keine Meierin.
- Polen bekommt Patriots, das Baltikum sollte folgen; die Ostsee-Pipeline ist zu überdenken, weil die geistige Unabhängigkeit Deutschlands und auch der EU zu klein ist, um auch noch die Energieabhängigkeit zu vergrößern.
- Rücktritt: Frontstaat Pakistan ohne Musharraf
- Noch ein Pudel Putins: Gasprom-Agent Schröder ernennt seinen imperialen Chef noch nicht zum Friedensfürsten, aber heißt Saakaschwili einen "Hasardeur".
Putins Provinz ist ohne westliche Technik und Kapital nur eine halbdiktatorische Putin-Provinz, die nicht einmal ihr Öl und Gas ökonomisch effizient selbst fördern kann - Georgien hat in den wenigen Jahren seiner Unabhängigkeit dagegen viel erreicht - dieses Beispiel wollen der Kreml-Herrscher und seine Höflinge sowie Agenten demonstrativ zerstören.
- Ein gutes Buch veraltet nicht: "Rezepte für eine bessere Schulpolitik
Ein wissenschaftlich fundiertes Plädoyer
Die Pisa-Studie hat heftige Debatten über die Qualität der Schulbildung ausgelöst. Der Ökonom Ludger Wössmann will die Diskussion versachlichen. Er präsentiert zwölf Rezepte für eine bessere Schulpolitik, die auf international vergleichender Forschung beruhen.
mbe. Es geschieht nicht häufig, dass ein Wissenschafter seine Forschungsergebnisse so pointiert und allgemeinverständlich an die Öffentlichkeit trägt. Ludger Wössmann, der als einer der renommiertesten Bildungsökonomen in Deutschland gilt, spricht in seinem Buch eine klare Sprache. Er präsentiert die «zwölf grossen Irrtümer» der Schulpolitik und stellt ihnen ebenfalls zwölf wissenschaftlich fundierte Rezepte für ein besseres Bildungssystem entgegen. Die Intention wird schnell deutlich: Die Politik soll beeinflusst werden, der Wissenschafter will Reformen anstossen. Zur Untermauerung seiner lauteren Absichten wird der Autor auf dem Buchumschlag gar als «engagierter junger Vater» dargestellt – es scheint, dass ökonomische Kompetenz allein in Bildungskreisen wenig zählt. Die Ausführungen Wössmanns verdienen aber Aufmerksamkeit nicht nur in Deutschland, dem hauptsächlichen Fokus des Buches, sondern auch in der Schweiz und in andern Ländern.
Fehlende Anreize im Bildungssystem
Wössmann reitet gewissermassen auf der Welle, die die Pisa-Studie zur Qualität der Schülerleistungen vor einigen Jahren ausgelöst hat. Die international vergleichende Untersuchung hat laut dem Autor zwar in vielen Ländern zu einem Schock über das schlechte Abschneiden geführt, eine seriöse Diskussion über die Gründe sei aber kaum in Gang gekommen. Hier setzt Wössmann an: Aus der Pisa-Studie und anderen, weniger bekannten Vorgänger-Untersuchungen lasse sich viel darüber lernen, was in der Schulpolitik wirklich funktioniere. Seine Forschung verfolgt den Ansatz, aus dem Vergleich international unterschiedlicher Schulsysteme jene Faktoren herauszudestillieren, die zu einer hohen Qualität der Schulbildung führen. Mit diesen «harten Fakten» sollen Vorurteile widerlegt werden, die die schulpolitische Debatte immer noch dominierten.
Wössmann tritt dabei gegen Mythen sowohl von linker wie auch von konservativer Seite an. Er widerlegt etwa das Vorurteil, dass es auf das, was Pisa und andere Studien messen, gar nicht ankomme. Im Gegenteil zeigt sich etwa, dass Länder mit guten Testergebnissen ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum aufweisen und dass grosse Unterschiede zwischen den besten und den schlechtesten Schülern mit einer grossen Einkommensungleichheit in einem Land verbunden sind. Auch der Mythos, dass man einfach mehr Geld in die Bildung zu investieren brauche, kommt schlecht weg. Es gebe schlicht keinen Zusammenhang zwischen den Bildungsausgaben pro Schüler und der Qualität der Schulbildung. Wössmann führt das darauf zurück, dass Geld wenig bringe, wenn die Anreize der Akteure im Bildungswesen nicht richtig gesetzt seien. Es brauche deshalb eine grössere Schulautonomie, mehr Privatschulen, eine ausgebaute Wahlfreiheit für die Eltern bei der Schulwahl, gleichzeitig aber auch ein System von zentralen Prüfungen, um die Qualität der Ausbildung unabhängig zu kontrollieren. Solche ökonomischen Vorschläge stossen vorab in linken Kreisen auf grossen Widerstand.
Aber auch mit konservativen Mythen will Wössmann aufräumen. Seine Forschungsergebnisse zeigen etwa, dass man die Chancengleichheit in der Bildung stark verbessern kann, wenn man die Kinder gezielt in ein System frühkindlicher Bildung einbezieht. Überlasse man den Nachwuchs ausschliesslich der Verantwortung der Familie, vergebe man vor allem bei Kindern mit sozial benachteiligtem Hintergrund wichtige Chancen. Auch die frühe Trennung von guten und schlechten Schülern hält der Autor für verfehlt. Eine spätere Aufteilung auf verschiedene Schulformen habe Vorteile für benachteiligte Kinder, und es zeige sich, dass die Besseren dabei nicht schlechter abschnitten.
Auf Leistung ausgerichtet
Letztlich plädiert Wössmann für ein Bildungssystem, das gute Leistungen belohnt und schlechte bestraft. Er ist sich dabei durchaus bewusst, dass die Vorschläge nicht einfach so umgesetzt werden, denn sie widersprechen oft den Eigeninteressen der Beteiligten. Auch gibt er nicht vor, seine Forschungsergebnisse stellten die «abschliessende» Wahrheit dar. Aber Beispiele wie jenes des Pisa-Vorbilds Finnland zeigen, dass der Weg zu einem besseren und gleichzeitig gerechteren Schulsystem möglich ist.
Ludger Wössmann: Letzte Chance für gute Schulen. Die zwölf grossen Irrtümer und was wir wirklich ändern müssen. ZS-Verlag, München 2007. 184 S., € 17,- Rez. FAZ 30.11.07