Dienstag, 1. Juni 2010
Köhlers Amtsrespekt / Adenauers Westpolitik / Porst-Konkurs
Westbindung: De Gaulle und Adenauer 1962 in Paris
Bild: dpa Hamburg / rororo
- "Nicht genug Respekt für das Amt? Amtsrespekt? Das scheint mir ein wilhelminischer Begriff zu sein. Köhlers Begründung für seinen Rücktritt vermag nicht zu überzeugen - ein Amtsinhaber muß sich den Respekt erwirtschaften, den er beansprucht. Zumal der Bundespräsident nur sehr schwach legitimiert ist - er wird nicht einmal direkt gewählt.
Das Bundespräsidentenamt ist als Ersatzmonarchie entworfen - eine Art Frühstücksdirektorenamt, wenn man so will. Hat sich das nicht überlebt? Wäre nicht eine zweite Parlamentskammer mit einer längeren Legislaturperiode und Machtausstattung, mit dem Auftrag, längerfristige Perspektiven einzunehmen, wichtiger? Die Wahl der nicht zu vielen Mitglieder, vielleicht 100, sollte alle 5 Jahre stattfinden für jeweils nur ein Drittel der Sitze, und für etwa 12 Jahre gelten; kandidieren dürften nur Nichtberufspolitiker über 50, politische Karrieren aus dem Kinderzimmer ohne Berufs- und Lebenserfahrung, wie sie zunehmend im Bundestag vorkommen, wären konfrontiert mit Seniorität. Diese 2. Kammer, eine Art "Oberhaus", müßte alle Gesetze des Bundestages gegenzeichnen, hätte auch das Recht zu eigener Gesetzesinitiative, und übernähme auch alle anderen Aufgaben des Bundespräsidenten.
- Foto-Unternehmenserbe Porst gestorben
(1922-2010)
SED-Mitglied Hannsheinz Porst, Erbe der Fotohandelskette „Photo Porst”, verstarb Ende April in Nürnberg. Er war ein schillernder Bankrotteur. Zweimal in seinem Leben musste er vor Gericht - wegen Steuerhinterziehung und wegen Spionage für die Honecker-Diktatur. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt und saß einen Teil der Strafe ab.- 1960 rückte er als Chef in Vaters Firma ein, 1972 verschenkte er sie an die 1400 Mitarbeiter ("totale Mitbestimmung"), 1982 war das Unternehmen pleite. Für diese eindrucksvolle Lektion in Sachen angewandter Marxismus wollen wir den smarten Porst-Erben nicht vergessen.
- 'Brandt und die "spezifische deutsche Lebenslüge"
Zu "Nicht auf dem Abstellgleis verharren!" (F.A.Z., "Politische Bücher" vom 25. Mai): Petra Weber resümiert in ihrer Rezension des letzten Bandes ...'
/// Im letzten Band der "Berliner Ausgabe" des Willy-Brandt-Nachlasses 1982 bis 1992, der jetzt erschien, läßt sich Brandts Wendung von der Ablehnung der deutschen Wiedervereinigung hin zu einem Schulterschluß mit Kohl gegen die eigene Partei SPD nachlesen.
Es ist schön, wenn ein Politiker etwas dazulernt. Unschön ist, sich zuvor in ideologische Positionen zu verrennen. Adenauer hat Westpolitik betrieben und auf diese Weise die westliche Zivilisation nach der Nazi-Diktatur gegen den vordringenden Stalinismus gesichert. Es war legitim, daß seine Nachfolger sich um eine neue Ostpolitik bemühten. Daß die Brandt-Scheel-Politik so einfallslos ausfiel, begleitet von einer Schönfärberei der DDR-Diktatur und einer Ablehnung der polnischen Opposition SOLIDARNOSZ sowie der tschechischen CHARTA 2000, das kann wenig überzeugen.
Ohne diese neue Ostpolitik mit ihren zahlreichen finanziellen Zuwendungen an den Osten wären die Stalinnachfolger sehr viel früher zusammengebrochen. Siehe Hannsheinz Porst. So gesehen war die fehlende Ostpolitik Adenauers eine weitaus bessere Ostpolitik, als es die seiner Nachfolger Brandt und Scheel war.
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