Montag, 24. August 2009

NATO, Karl Schlögel, „Terror und Traum. Moskau 1937“




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- 22.8.38 : Hitler-Stalin-Pakt .
Geschichtsbild ohne lästige Fragezeichen
Siebzig Jahre nach dem sowjetischen Pakt mit Hitler hat in Russland der staatlich geförderte Kult um den Sieg ohne Fragezeichen und die Rechtfertigung von Stalins Politik wieder Konjunktur. Die kritische Beschäftigung mit den Kriegsursachen wird indessen immer weniger gern gesehen. ... Mit Putin Rückkehr zur alten sowjetischen Bewertung.
Der staatlich geförderte Kult um den Sieg ohne Fragezeichen hat wieder Konjunktur. Die kritische Beschäftigung mit den Kriegsursachen wird indessen immer weniger gern gesehen, und hinter dem retuschierten offiziellen Bild vom Sieg lugt Stalin wieder deutlicher als dessen Konstrukteur hervor. Die Debatte über die geheimen Abmachungen zwischen Hitler und Stalin sei abgeschlossen, sagte Putin vor vier Jahren kurz und bündig und kehrte im gleichen Atemzug zur alten sowjetischen Bewertung des Nichtangriffspaktes mit Hitler zurück. Die Sowjetunion habe schließlich die Sicherheit an den Westgrenzen garantieren müssen.
Präsident Medwedjew ging noch weiter. Er berief eine Kommission ein mit dem Ziel, Geschichtsfälscher zu entlarven, die Geschichte (des Zweiten Weltkriegs) zum Nachteil der russischen Interessen umschreiben. In der Duma wurde über Strafmaßnahmen gegen Sünder nachgedacht. Nach dem Urteil im Nürnberger Prozess stehe fest, hieß es, dass Nazi-Deutschland den Krieg entfesselt habe. Wer daran rüttele, etwas anderes behaupte und dadurch Russland in den Dreck ziehe, mache sich strafbar und müsse die Folgen tragen. Die russische Akademie der Wissenschaften übernahm die Rolle eines Transmissionsriemens und forderte in einem Schreiben die zeitgeschichtlichen Institute auf, nach Geschichtsfälschern zu fahnden. Die Institute lieferten Material. Die Initiatoren des Schreibens bestreiten zwar, dass dem Denunziantentum in „vaterländischer Absicht“ - wieder - Tür und Tor geöffnet werden solle. Aber eines der Mitglieder der Präsidentenkommission beklagte öffentlich, dass der russische Staat darauf dringe, die Geschichte zum Instrument der großen Politik zu degradieren. Das gab es schon einmal - in der langen sowjetischen Nacht einer gefesselten Geschichtswissenschaft." FAZ 22.8.09

/// Wenn sich zwei Schurken treffen und einen Pakt schließen, dann bedeutet das Krieg. Hitler sah sich gegen England und Frankreich im Vorteil, Stalin sah diese drei Länder erst im Krieg und dann erschöpft und sich selbst als Sieger am Atlantik.- Es kam ganz anders. Und es wäre auch ganz anders gekommen, wenn sich US-Präsident Wilson mit seinen Friedensvorstellungen 1918 in Versailles durchgesetzt und Frankreichs Schikanediktat verhindert hätte. Die Appeasementpolitik hat Hitler Zeit und innenpolitischen Erfolg gebracht und Hitlers Aggressivität unterstützt. Außer Wilson haben praktische alle europäischen Politiker versagt. Sie haben der Weimarer Demokratie vorenthalten, was sie dem Diktator dann zugestanden haben. Sie haben durch die Schikanen gegenüber den deutschen Demokraten den Aufstieg des Erzverbrechers gefördert, der sich schon in den zwanziger Jahren in "Mein Kampf" klar als solcher in seinen Absichten ausgewiesen hat.

- Karl Schlögel, „Russland-Deuter“
Der in Frankfurt/Oder lehrende Osteuropahistoriker Karl Schlögel gilt als einer der besten Kenner der russischen Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Seinen Studien über Moskau und St. Petersburg als Laboratorien der Moderne hat er nun ein Werk über die kulturellen Auswirkungen des Stalinismus folgen lassen („Terror und Traum. Moskau 1937“, München 2008). Darin beschreibt er, wie in den 1930er Jahren die politische Herrschaft der Bolschewiki an einer Überzahl innenpolitischer Konflikte zu zerbrechen drohte: vor allem durch die völlige Zerstörung der agrarischen Grundlage der russischen Gesellschaft und die Überforderung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die forcierte Industrialisierung. Stalins Ausweg: die Konstruktion ständiger Verschwörungen und deren Bekämpfung in den „Säuberungen“ einerseits, die Beschwörung eines Kults der Modernisierung andererseits. Beides kulminiert im Jahr 1937: Terror und Technikrausch. Reinhard Lauterbach spricht mit Karl Schlögel über das, was die 1930er Jahre langfristig in der sowjetischen und der russischen Gesellschaft hinterlassen haben."
/// U-Bahn-Marmor in Moskau, Hungersnot auf dem Land, Elend auch in der Stadt, wo ganze Familien in einem Zimmer hausen und für die geringen Lebensmittel stundenlang in langen Schlangen warten mußten.

- NATO. Hat 1938 gefehlt: Am 24. August 1949 trat der Nordatlantikvertrag in Kraft und sollte – unter anderem unter dem Eindruck der Berlin-Blockade - den „freien Westen“ vor einem jederzeit möglichen Angriff durch die Sowjetunion schützen. Nachdem Roosevelt, der bereits mit seiner törichten New-Deal-Politik die amerikanische Rezession verlängert hatte, Stalin bis Berlin vorrücken und die Länder Osteuropas versklaven ließ, fanden Truman und Churchill eine realistischere Sicht auf den Expansionwillen Stalins. Daraus wurde ein Pakt, der Demokratie und Freiheit in Westeuropa gerettet hat und sie bis heute sichert.

- Aristoteles und die Zeit: "Es reiht sich an das bisher Versprochene, über die Zeit zu handeln. Zuerst nun ist es wohlgethan, Zweifel über sie vorzulegen, nach äußerlicher Begriffbestimmung, ob sie zu dem Seienden gehört oder zu dem Nichtseienden; sodann welches ihre Natur ist. Daß sie nun überhaupt nicht ist, oder Einschränkungen und Dunkelheiten, könnte man aus Folgendem argwöhnen. Ein Theil nämlich von ihr ist gewesen, und ist nicht, der andere aber wird sein, und ist noch nicht." A., Physik, Buch IV, Kap. 10
"Notwendig gilt also: Es bewegt sich das Bewegte in einer Zeit, und es ruht in einer solchen das Ruhende." A., Physik, Buch VI, Kap. 3 /// 
 Vielleicht hätte er doch besser arbeiten gehen sollen?

- - ' Otto Gerhard Oexle. Setzen, Aristoteles, sechs!
"Die aristotelische Wissenschaft und die scholastische Wissenschaft des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts waren nicht Forschung", beschied Oexle ... Die Geschichtswissenschaft als empirische Hypothesenwissenschaft, das, lieber Aristoteles, ist Forschung. ' Oexle zum 70., FAZ 24.8.