Donnerstag, 19. Februar 2009

Wissenschaftliche Arbeit im 9. Jahrhundert


Da sind sie ja!
(Inzwischen schon wieder zugeschneit.)

- " William Schlesinger on IPCC: “something on the order of 20 percent have had some dealing with climate.”
17.02.2009 . This is a bit disturbing, though in retrospect, not surprising. One of our local IPCC wonks at Chico State University, Jeff Price, is a biologist, but lectures me about climate all the same. - Anthony Watts .
During the question and answer session of last week’s William Schlesinger/John Christy global warming debate, (alarmist) Schlesinger was asked how many members of United Nation’s Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) were actual climate scientists. It is well known that many, if not most, of its members are not scientists at all. Its president, for example, is an economist. ..." http://wattsupwiththat.com/ 17.2.

- Rudolf Schieffer, Wissenschaftliche Arbeit im 9. Jahrhundert.
Aus dem Inhalt des Vortrages:
In der langen Geschichte der abendländischen Wissenschaft genießt das 9. Jahrhundert nicht den besten Ruf. Das im Zuge der karolingischen Bildungserneuerung entstandene lateinische Schrifttum über Themen der Theologie, der Philosophie, der Naturkunde, des Kirchenrechts und der Grammatik erhob durchweg keinen Anspruch auf Originalität, sondern konzentrierte sich auf die Vermittlung, Zusammenfassung und didaktische Aufbereitung des überlieferten Wissens der christlichen Spätantike, mitunter auch des klassischen Altertums. Allerdings hat es die allgemeine Entwicklung des (kirchlichen) Bibliothekswesens mit sich gebracht, dass aus dem 9. Jahrhundert in erheblich höherem Umfang als jemals zuvor Handschriften bis heute erhalten sind, darunter nicht ganz wenige, die aus der engsten Umgebung der Verfasser damaliger Werke stammen. Sie erlauben erstmals in der Geschichte der lateinischen Fachprosa konkrete Einblicke in die Materialsammlung, die Organisation der Zitatenvorräte, die Gestaltung von Reinschriften („Veröffentlichung“) wie auch die Fortentwicklung bereits in Umlauf gesetzter Werke zu „Zweitauflagen“. Im Vortrag sollen diese Arbeitsschritte anhand neuerer Editionsprojekte veranschaulicht und analysiert werden.

- Infinion, inzwischen ein Cent-Wert, wer hätte das gedacht? Chips, integrierte miniaturisierte Schaltungen, hielt jedermann vor acht Jahren für einen stabilen Wachstumswert; die Tochter Qimonda steckt inzwischen in der Insolvenz. Auch die einfach erscheinenden Prognosen sind für menschliche Hirne zu anspruchsvoll. Einfach deshalb, weil zu viele Faktoren im Spiel sind.

- Hätte ich auch nicht vermutet: In Indonesien ist der Meerespiegel in der Regel rd. 60 cm höher als gegenüber in Peru / Nordchile; hat mit der Wassertemperatur etc. zu tun (http://www.enso.info/images/titel-index.png) ( El Niño Southern Oscillation )

- Essay von Matthias Horx, Teil 2 : Die Hysterische Gesellschaft . " Wenn die Ernte ausblieb, Naturereignisse unseren Vorfahren Verderben brachten, entstanden nicht selten Überreaktionen, in denen mörderische Feindbilder und kompensatorische Gewalt eine große Rolle spielten. Die Untergangs-zeremonien der Maya-Priester, die ihren Opfern das Herz bei lebendigem Leibe herausrissen, stellten nichts anderes als den verzweifelten Versuch dar, die Naturkräfte zu beeinflussen. Die Halbinsel Yukatan war – damals wie heute – von Wetterextremen geprägt. Dürreperioden wechselten sich mit tropischen Stürmen ab, Erdbeben und Vulkanausbrüche erzeugten ein Klima der Unsicherheit. In der streng hierarchischen Magie-Welt der Mayas entstand eine „hysterische Erzählung“, ein eskalierendes Symbolsystem.Warnung war in ihr Gegenteil umgeschlagen: in Überritualisierung von Angst.
Um Wandel zu meistern, benötigt jede Gesellschaft eine realistische Vorstellung der Kräfte und Dynamiken, die sie verändern. Als die Finnen Anfang der 90er einen massiven Zusammenbruch ihrer Volkswirtschaft erlebten – 15 Prozent Verlust des Bruttosozialprodukts! – begann in der finnischen Gesellschaft eine ehrliche Diskussion. Schnell war klar, dass der Niedergang der alten industriellen Wirtschaftskerne – Bergbau und Holzwirtschaft vor allem für die sowjetischen Märkte – von Dauer sein würde. Man einigte sich auf ein Zukunftsprojekt, bei dem Wirtschaft, Politik und Bürger eng kooperierten. Heute haben 95 Prozent (!) der 20-jährigen Finnen Hochschulberechtigung. Finnland hat all sein Streben auf die Ressourcen Bildung und Technologie gerichtet – und gehört zu den vitalsten Volkswirtschaften der Welt. Gewiss: Kleine Länder haben es leichter, Wandlungsprozesse zu gestalten. Der soziale Konsens in Skandinavien ist ein anderer als im Riesenflächenstaat Deutschland. Die finnische Gesellschaft verfügt zudem in besonderem Ausmaß über eine Ressource, die für jeden Wandel existenziell ist: Vertrauen. Genau diese kostbare Ressource zerstört der Alarmismus und der daraus wuchernde Populismus des Politischen, dessen unseliges Wirken wir heute im Lafontaineschen Hetzjargon erleben müssen.
KRISOTAINMENT ist der richtige Begriff für jene endemische Neigung, im Zyklus von zwei Monaten eine neue generalisierte Weltkatastrophe durchs mediale Dorf zu treiben. Wertezerfall. Neue Armut. Generationenkrieg. Artensterben, Fettleibigkeit. Weltislamismus, Rinderwahn. Feinstaub, Klimakatastrophe. Bankencrash, Managerabzocke. Von diesen Angst-Brandings nährt sich eine riesige Warn- und Mahn-Industrie, gegen deren Sog offenbar auch Klügere nicht gefeit sind – Sandra Maischberger etwa, die kluge Interviews zu führen vermochte, stellt ebenso wie Anne Will, ihr Sofa für populistisches Trash-Bashing zur Verfügung, in dem jede Angst politisch und mental funktionalisiert wird. Der Autor Christian Schüle notiert zu diesem Fear Business: „Als Geschäft und Industrie zielt Entertainment auf dreierlei: Geld, Langeweile und Erschütterbarkeit des sozialen Friedens, vornehmlich durch Simulation von Angst!“
Aber, aber, höre ich die Kritiker sagen, kann Übertreibung nicht nützlich sein? Wenn die steigenden Wasserspiegel der Klimakatastrophe statt sechs Meter am Ende doch nur ein paar Zentimeter betragen werden – wir haben gewarnt! Gelobt sei der Club of Rome, dessen Prognosen zwar alle falsch waren, aber es diente ja der guten Sache! Es fällt uns gar nicht auf, welches Menschenbild hinter einer solchen Argumentation steckt. Es handelt sich um eine neudeutsche Variante der Schwarzen Pädagogik, in der sich der 68er-Fundamentalismus mit der reaktionär-konservativen Zivilisationskritik verbündet. Bisweilen denkt man, diese Krisen würden nur erfunden, damit Zeigefingern und Besserwissen, mit dem Generationen von deutschen Oberlehrern ihre Schutzbefohlenen gedemütigt haben, ungehemmt weitergehen können.
Hunderte von Generationen vor uns lebten kurze, harte Leben in Hunger, Unterdrückung, im Krieg. Sie mögen dadurch Hoffnung geschöpft haben, dass eines Tages Menschen leben würden, die lange Lebensspannen in Freiheit verbringen könnten. Wir sind gemeint, und wir sollten dankbar dafür sein, dass wir es sind! Diese Zeilen schrieb der amerikanische Publizist Gregg Easterbrook in „The Progress Paradox“. Dankbarkeit, welch altmodisches, kostbares Wort! Kann sich irgendjemand vorstellen, dass unsere Umwelt heute sauberer, die Ehen glücklicher, die Menschen auf vielfältige Weise selbstbewusster sind? Dass in der globalisierten Welt Milliarden von Menschen endlich eine Chance auf einen zunächst bescheidenen Wohlstand haben?
Wer seine Segnungen nicht anerkennen kann, der versündigt sich – vor allem an denjenigen, denen es wirklich schlechtgeht. Das ist der eigentliche Skandal – und der perfide Egoismus – des Welterrettertums unserer Zeit.
Nein, dies ist kein Plädoyer für die heile Welt. „Die Welt ist nicht gut. Aber sie kann besser werden“, formulierte Erich Kästner. Was ich einklage ist, dass wir unseren Diskurs an die reale Komplexität der Welt anpassen. Was ich verlange ist ein gewisser Mindeststandard im Dialog mit der Realität. Eine Haltung im Umgang mit Gefahren, die ich „erwachsen“ nennen möchte. Nüchternheit, Augenmaß, ein konstruktiver Wille zur Lösung.
Den Fernseher abstellen. Den Unsinn nicht mehr glauben. Die Neugier entdecken – auf die Welt in ihrer Vielfalt und Widersprüchlichkeit. Wer dieses Experiment wagt, sollte sich auf ein robustes Ausstiegsmandat gefasst machen. Wer öffentlich bezweifelt, dass uns die große Flutwelle verschlingt/der Islam die Welt erobert/der Kapitalismus an allem schuld ist/die Verteuerung von Öl und Weizen das Ende des Wohlstands bedeutet, erntet den vollen Zorn der Verwalter des Schreckens und ihrer fanatischen Adepten. " Focus 28/2008