„AFRIKANISCHES DENKEN Die Kunst des Palavers
Vincent Cespedes im Gespräch mit Michael Magercord
Wie können sich das westliche und afrikanische Denken gegenseitig befruchten? Im Gespräch mit dem DLF zeigt der französische Philosoph Vincent Cespedes eine Antwort auf. Eine der vielen spannenden afrikanischen Kulturtechniken sei das Palaver, das auch euro-afrikanisch funktionieren könne.
Michael Magercord: Ein Dialog der Kulturen - wie oft wird er eingefordert! Doch wie soll man ihn führen? Zumal, wenn die Dialogpartner zwei so unterschiedliche Kulturen sind wie die schwarzafrikanische und die westlich-europäische?
Der Blick auf Afrika ist geprägt von der Sorge vor Flüchtlingsströmen oder der Ausbreitung von Seuchen. Andererseits werden auf dem schwarzen Kontinent große Zukunftspotenziale verortet. Nicht mehr nur der Rohstofflieferant Afrika findet Beachtung, sondern auch seine junge und dynamische Bevölkerung.
Bislang dominieren wirtschaftliche Interessen den Austausch zwischen Afrika und Europa, doch gibt es darüber hinaus auch kulturelle Anknüpfungspunkte in den beiden benachbarten Kontinenten?
Der französische Denker und Autor Vincent Cespedes ist davon überzeugt. Als angewandte Philosophie bezeichnet der 41-Jährige seine zahlreichen Bücher, Fernsehauftritte und Vorträge, in denen auch immer wieder vom schwarzen Kontinent die Rede ist. Denn erst im Dialog mit Afrika könne die westliche Moderne die vornehmliche Aufgabe der Philosophie bewältigen, nämlich sich selbst zu erkennen.
Vincent Cespedes fordert ein großes Palaver zwischen den beiden Kulturen und bietet eine erste Anleitung dazu - mit ganz praktischen Folgen für den Alltag. Palaver. Afrikanisches Denken. Der französische Philosoph Vincent Cespesdes im Gespräch mit Michael Magercorf.
"Das aber bedeutet die Entzauberung der Welt: Nicht mehr wie der Wilde, für den es solche Mächte gab, muss man zu magischen Mitteln greifen, um die Geister zu beherrschen oder zu erbitten, sondern technische Mittel und Berechnung leisten das." Max Weber, 1919
Vincent Cespedes: Wir befinden uns in einer Sinnkrise, die Max Weber die Entzauberung der Welt nannte. Wir sind immer noch entzaubert, doch wollen wir uns wieder verzaubern lassen, wissen aber nicht mehr, wie das vor sich gehen könnte. Was wir stattdessen erleben, ist ein Rückzug der Religionen, der Ideologien, der großen, uns einigenden Erzählungen. Afrika aber könnte uns zeigen, wie man nach wie vor in den großen Erzählungen leben kann. ...“ (DLF 8.3.15)
Sinnkrise? Unsinn! Einzelne befinden sich immer in irgendwelchen Krisen. Das gehört zum Menschsein dazu. Auch Gesellschaften verändern sich, und auch dort gibt es Krisen. Auch Modekrisen. Zum Beispiel die Zulassung von illegalen Eindringlingen in großer Zahl aus unzivilisierten Ländern. Die die Beschneidung von Mädchen mit nach Europa bringen, nach Paris und London, oder ihre Familienkommandostrukturen. Oder gar den Aberglauben in den schlimmsten Formen:
“Schon wieder ist nahe dem Viktoriasee in Tansania ein Albino bei einem Ritualmord getötet worden. Das Verbrechen scheint diesmal besonders verwerflich: Das Opfer war 18 Monate alt.
Im Norden Tansanias ist ein seit Samstag vermisstes Baby in einem Wald im Bezirk Geita tot und verstümmelt aufgefunden worden. Das gab die Polizei am Mittwoch bekannt. Yohana Bahati, ein 18 Monate altes Mädchen, war bei einem nächtlichen Überfall auf das Haus seiner Mutter entführt worden. Die Mutter, die sich gegen die Eindringlinge wehrte, liegt mit Verletzungen in einem Spital in Mwanza, dem Hauptort der gleichnamigen Region am Viktoriasee. Eine um zwei Jahre ältere Schwester des Opfers, ebenfalls ein Albino, steht unter Polizeischutz.
Makabrer Schwarzhandel
Die Verfolgung von Albinos kommt im zentralafrikanischen Gebiet der grossen Seen immer wieder vor, aber nirgends so häufig wie in Tansania. Laut einem Bericht des Uno-Hochkommissariats für Menschenrechte aus dem Jahr 2013 werden Albinos unter manchen abergläubischen Afrikanern als Gespenster angesehen, die kein irdisches Leben führen und straflos aus der Welt geschafft werden können. Laut Varianten des Irrglaubens bringen Körperteile von Albinos Glück. Irreguläre Goldgräber tragen manchmal Amulette aus Knochen von Albinos, Fischer im Viktoriasee knüpfen Haare von Albinos an ihre Netze, und Albino-Frauen müssen befürchten, vergewaltigt zu werden, weil es HIV-Infizierte gibt, die glauben, durch Sex mit ihnen geheilt zu werden. …” (NZZ 21.2.15)