NZZ 17.11. 2012
“Doch drängt es hindu-nationalistische Kritiker, mehr und mehr öffentlichen Einfluss auszuüben. Offen fordern sie, dass nur noch Hindus den Hinduismus lehren dürften. Aber wem gehört eigentlich der Hinduismus? Die rechten Hindus sollten sich klarmachen, dass der Hinduismus-Begriff aus dem Westen stammt. Wenn sie dann, wie bei manchen Städtenamen, auf alte indische Bezeichnungen zurückgreifen wollen, sind sie in großer Verlegenheit.
Was wäre denn der indische Begriff für "Hinduismus"? Sie werden nicht anders können und wie Wendy Doniger gerade die transkulturelle Vielseitigkeit des Hinduismus darstellen müssen. Diese Fähigkeit, vieles zu ertragen und nicht nur das eine zu wollen, kann durchaus als ein Modell für das unvermeidliche Zusammenwachsen der Religionen und Kulturen dienen.” So Axel Michaels in seiner Rezension von Wendy Donigers Buch “The Hindus” (FAZ 20.5.10)
“Das unvermeidliche Zusammenwachsen der Religionen und Kulturen” ist vielleicht nur so eine westliche Feuilleton-Idee. Das Buch der Religionswissenschaftlerin Doniger wurde nach langem Rechtsstreit 2014 in Indien verboten. So ist das mit den luftigen Gedanken. Im Raume wird hart zugeschlagen. Vor allem wird auch bei den Frauen in Indien hart zugeschlagen: “Jede Stunde stirbt in Indien eine Frau, in Brand gesteckt von gierigen Ehemännern. Sie verlangen als Mitgift Fernseher, Motorrad, iPad. …” (Mitgift-Morde, Brautverbrennung, WELT 10.10.13)
Wenn man dann einen Blick auf das Pro-Kopf-Einkommen (BIP Kaufkraftparitäten) wirft, sieht es ebenso finster aus. In der Reihe der Schwellenländer Rußland, Brasilien, Südafrika, China und Indonesien rangiert Indien weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Vor ihrem eventuell frühen Tod heißt das für die Frauen, daß sie sehr hart arbeiten müssen und schon als Mädchen hemmungslos von den Eltern ausgebeutet werden.
Verzeichnete Indien 2013 kaufkraftbereinigt ein Pro-Kopf-Einkommen von 4.077 USD (Platz 132), so lag es beim kleinen Nachbarn Bhutan bei 6.370 USD (Platz 113). Ein so niedriges Einkommen bedeutet stets ein karges Leben und doppelte Arbeit, für die Frauen dreifache Arbeit. Daher steht Bhutan auf Platz 136 (von 187) des Human Development Index (HDI,deutsch Index für humane Entwicklung). In diesen Index findet auch die Lebenserwartung und die Beschulung Eingang. Den schlechten Rangplatz finden Bhutans Oberpriester und Politiker nicht schön. Sie haben daher ein großes Gehirnwäscheprogramm gestartet, das sie “Bruttoinlandsglück” nennen. Es soll auch die vielen Arbeitslosen ablenken von den Schweinereien der regierenden Eliten.