Donnerstag, 16. Juni 2016

Lichtblick


Es gibt nicht viel Ernsthaftes aus der Philosophie zu vermelden. Das liegt nicht zuletzt an der irrationalen Grundverfassung des Menschen. Aber er kann das Denken nicht lassen, und manchmal kommt dabei etwas heraus. Das kann man für den Düsseldorfer Vortrag des Bielefelder Philosophen Rüdiger Bittner vermerken, der fragt:
Unterstehen wir legitimer politischer Herrschaft?
Seine Thesen lauten:
  1. Die Amtsträger der Bundesrepublik üben Herrschaft aus.
  2. Ihre Herrschaft ist nicht legitim.
  3. Illegitimer Herrschaft zu unterstehen ist nicht selbst ein Schaden oder ein
  4. moralisches Ärgernis.
  5. Die Bundesrepublik ist eine Demokratie und eine Republik in einem schwachen Sinn dieser Ausdrücke.
  6. Nur ihre Klugheit kann Menschen im Handeln leiten.
Zu 1: Bittner bezieht sich hier hauptsächlich auf Max Weber: Herrschaft ist die Chance, für eine Anweisung auch gegen Widerstand Gehorsam zu erzielen.
Zu 2: Das ist eine starke Behauptung für alle, die während langer Schuljahre gelernt haben, daß alles geordnet und legitim ablaufe. Rüdiger hält dagegen, daß nur dann Legitimität vorliege, wenn der Bürger direkt zugestimmt habe, wie dies etwa bei einem Arbeitsvertrag zuträfe.
Im Falle der herrschenden Regierung und ihrer Amtsträger habe der Bürger einen Kandidaten vor einem anderen Kandidaten gewählt, der wiederum von einer Parteiführung ausgesucht wurde. Was die gewählten Kandidaten im Amt unternehmen würden, sei unbekannt zum Zeitpunkt der Wahl. Es läge deshalb eine nur schwache Legitimität vor.
Trotzdem müsse man damit leben, die Handlungen der Amtsträger müssen nicht notwendig schädlich sein (3+4).
Die Aussperrung des Wählers von direkten Entscheidungen und direkten Wahlen qualifiziere Deutschland nur als eine Schwundform von Demokratie und Republik. (5) Für die Legitimitätsjubelei vergangener Jahre gebe es daher keine echte Grundlage. Es bleibe pragmatisches Handeln nach Prüfung und Klugheit und der internationale Vergleich, wo etwas zu lernen sei.
Fürwahr ein Vortrag jenseits der vorherrschenden Seminarschwafelei.