“Ähnlich wie Recht nur noch als positives Recht anerkannt wird, obwohl das Rechtsgefühl sich schwerlich damit abfindet, ist auch alles wissenschaftliche Wissen kontingent und abhängig von den Bedingungen, die die Formulierungen und Reformulierungen einschränken. Das besagt nicht, daß pures Belieben herrscht; wohl aber, daß die Domestikation des Unwahrscheinlichen von systemeigenen Bedingungen abhängt, die ihrerseits nur durch systemeigene Operationen geändert werden können und nur, wenn dies Erklärungen (Reformulierungen) mit größerer Reichweite und Anschlußfähigkeit ermöglicht. Entsprechend ist Wahrheit eine wissenschaftsspezifische Markierung, die als Moment eines Codes nur in diesem System anschlußfähig ist.
In der gesellschaftlichen Umwelt übernimmt man die so markierte Kommunikation als Wissen. Man überschätzt die Sicherheit dieses Wissens und vor allem die Verläßlichkeit als Handlungsgrundlage.”
(Luhmann, Die Wissenschaft der Gesellschaft, S. 256)