Montag, 18. August 2014

Wehler, Lenin und die taz



„In heutigem Vokabular würde man sagen: Der Prüfungsausschuss warf Wehler eine Ökonomisierung des Geschichtsbildes vor.
Das Primat der Ökonomie
Das stand damals unter Marxismusverdacht, später warf man es – unter umgekehrten Vorzeichen – dem „Neoliberalismus“ vor. Beides traf auf Wehler nicht zu, der sein theoretisches Rüstzeug von dem Soziologen Max Weber bezog. Und doch hatten seine skeptischen Prüfer zweifellos recht: Der Bielefelder Historiker, der kürzlich im Alter von 82 Jahren gestorben ist, hat die deutsche Geschichtswissenschaft von ihren idealistischen Höhen auf die materiellen Grundlagen zurückgeführt. Das war für ihn kein Detail, sondern die Basis jener „Allgemeinen Geschichte“, die er als Lehrstuhlinhaber vertrat.“ So Ralph Bollmann in der FAS v. 19.7.14
Der 33jährige Wehler wollte sich mit der Arbeit „Aufstieg des amerikanischen Imperialismus“ habilitieren.

Hier ist alles krumm und schief. Als Historiker sollte man sich nicht unter 50 habilitieren dürfen, dazu ist die Geschichte ein zu weites Feld und ein zu tiefer Sumpf. Mit 33 fällt man auf fixe Ideen wie den Marxismus und ähnlichen Unsinn herein, weil Lebenserfahrung und Fülle des Wissens fehlen. Und schließlich ist der Begriff des „Imperialismus“ an tatsächliche Imperien gebunden, in denen ein Princeps wie Augustus befiehlt und alle folgen und folgen müssen. Eine Übertragung auf Kolonialreiche der Neuzeit mag noch angehen, weil die Zentrale ihre militärisch gestützten Kolonialbeamten anweisen kann. Dubios wird es aber, wenn Lenin mit seiner kurzschlüssigen Schrift „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ ins Spiel kommt, wie dies bei Wehler doch wohl der Fall war und, abgemildert, blieb. Bei dem frühen Max Weber mag er ebenfalls in die Lehre gegangen sein; Weber zeigt sich in Arbeiten wie "Die Verhältnisse der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland" durchaus marxnah, doch löste er sich von solcher Inspiration und wurde der „Marxtöter“, als den man ihn kennt.

Ob der FAS-Journalist Bollmann bei Wehler studiert hat? Nein, er kommt von der „taz“.