Sonntag, 26. April 2009

US-Wirtschaft, Stammzellforschung, Geschichten aus dem universalsozialdemokratischen Deutschland



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- "Amerikas Wirtschaft: Obama auf schmalem Grat. Von Claus Tigges, Washington
FAZ 24. April 2009 Barack Obama, Tim Geithner und Ben Bernanke wissen um die geringe Zuverlässigkeit von Konjunkturprognosen in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Die große Unsicherheit, die Unternehmen, Haushalte und Finanzmarktakteure beherrscht, macht die Vorhersage der ökonomischen Entwicklung noch schwieriger als gewöhnlich. Darum äußern der amerikanische Präsident, sein Finanzminister und auch der oberste Währungshüter nur vorsichtig ihre Hoffnung, dass die schwere Rezession, in der Amerika seit Dezember 2007 steckt, in diesem Jahr zu Ende gehen und 2010 zum Jahr einer behutsamen konjunkturellen Erholung werden könnte. ...
Glücklicherweise scheinen die Haushalte aus den bitteren Erfahrungen gelernt zu haben: Sie sparen mehr und bemühen sich um einen Abbau ihrer Schulden. Die niedrigen Volumina neuer Kredite sind nicht nur die Folge der Zurückhaltung der Banken, sondern auch einer geringeren Kreditnachfrage. Die gesunkenen Werte von Immobilien und Aktienportfolios hinterlassen Spuren in der Finanzplanung vieler Familien und lassen sie zögern, sich neues Geld zu leihen. Diese Entwicklung ist durchaus heilsam, und sie trägt dazu bei, die amerikanische Wirtschaft, wie Obama sagt, auf ein solideres Fundament zu stellen.
Umso wichtiger ist es, dass Regierung und Notenbank nicht den Boden bereiten für einen abermaligen auf Pump finanzierten Konsumrausch. Beide wandeln derzeit auf einem recht schmalen Grat: Denn so notwendig und wünschenswert eine Belebung der Kreditvergabe ist, so gefährlich wäre es, wenn die umfangreichen Bemühungen Washingtons Haushalte und Unternehmen letztlich doch nur wieder tiefer in den Schuldensumpf führten. Sie dürfen nicht durch staatliche Garantien und andere Anreize dazu verleitet werden, Kreditverträge zu schließen, die die finanziellen Möglichkeiten der Schuldner übersteigen und unkalkulierbare Risiken heraufbeschwören. Das ist das große Übel, das die aktuelle Krise ausgelöst hat und das nicht zuletzt die Federal Reserve und der amerikanische Kongress zu verantworten haben. Die Fed, weil sie viel zu viel Liquidität in die Wirtschaft gepumpt hat, und der Kongress, weil er sich einer Reform der Immobilienfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae widersetzt und die perversen Anreize zum Hauskauf aufrechterhalten hat.
Der Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft, ob er nun gegen Ende dieses Jahres oder etwas später einsetzt, wird dann dauerhaft tragfähig sein, wenn der Konsum wieder mehr im Einklang mit der Einkommensentwicklung steht und nicht durch riskante, variabel verzinste Darlehen angeheizt wird, die auf den gestiegenen Buchwert des Hauses aufgenommen werden. Die Steuersenkungen für Millionen Haushalte, die Obama als Teil des fast 800 Milliarden Dollar teuren Konjunkturpakets durchgesetzt hat, sind ein Schritt in die richtige Richtung. Was noch fehlt zu einer gesunden Stärkung des privaten Konsums - er trägt immerhin rund zwei Drittel zur Wirtschaftsleistung bei -, ist eine glaubwürdige Verpflichtung zu einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Das laufende Budgetjahr wird die Regierung wohl mit einem atemberaubenden Defizit von rund 1,8 Billionen Dollar abschließen. Doch solange der Präsident sogar Pläne für zusätzliche Milliardenausgaben schmiedet, sind die Steuererleichterungen kaum etwas wert. Denn die Menschen im Lande verstehen durchaus, dass die hohen Schulden eines Tages zurückbezahlt werden müssen. Wachstumsschädliche Steuererhöhungen in erheblichem Umfang lassen sich nur dann vermeiden, wenn Schulden durch Ausgabenkürzungen abgebaut werden.

- Geschichten aus dem universalsozialdemokratischen Deutschland: "Ausgesetzte Kinder
Deutsches Paar bei Aosta aufgespürt.
Die Mutter der Kinder
23. April 2009 Vier Tage, nachdem sie drei kleine Kinder allein in einer Pizzeria im italienischen Aosta-Tal zurückgelassen haben, sind die Mutter und ihr Lebenspartner am Donnerstag von der Polizei gefunden worden. Die beiden waren in einem Waldgebiet rund zehn Kilometer von der Stadt Aosta entfernt unterwegs, als die Einsatzkräfte sie am Nachmittag aufspürten. Sie seien festgenommen worden und sollten im Polizeipräsidium vernommen werden, sagte ein Sprecher der Polizei.
Bislang hätten sie sich noch nicht zu den Gründen ihres Verschwindens geäußert. Es sei Anzeige wegen Aussetzung von Minderjährigen erstattet worden. Auch die Staatsanwaltschaft Siegen hat Vorermittlungen gegen die Mutter aufgenommen.
Der Partner der Mutter
Die 26 Jahre alte Frau aus dem sauerländischen Finnentrop und ihr 24-jähriger Lebensgefährte hatten nach den Worten des Polizeisprechers in Aosta nicht versucht, vor der Polizei zu flüchten. Sie hätten auch keinerlei Widerstand geleistet. Auf die Spur des Paares seien die Ermittler durch mehrere Hinweise gekommen. Die beiden seien auf einem Weg in einem Waldgebiet gelaufen. Italienischen Medienberichten zufolge sind sie bei guter Gesundheit.
Geld- und Rauschgiftprobleme
Am Donnerstag machten sich zwei Jugendamtsmitarbeiter des Kreises Olpe auf den Weg nach Italien, um die Kinder aus einem Heim in Aosta nach Deutschland zurückzuholen. Der Mutter wurde das Sorgerecht vorläufig entzogen. Die Staatsanwaltschaft Siegen leitete ein Vorermittlungsverfahren gegen die Mutter ein. Oberstaatsanwalt Johannes Daheim sagte, man prüfe, ob die Frau ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht verletzt habe. Das setzt allerdings erhebliche Gefahren oder Schäden für die Kinder voraus. „Das Zurücklassen der Kinder in einer Gaststätte scheint diese Voraussetzungen eher nicht zu erfüllen“, so Daheim. Zudem werde geprüft, ob die Mutter ihre Unterhaltspflicht verletzt hat.
Immer weitere Details über die familiären Hintergründe
Unterdessen werden immer weitere Details über die familiären Hintergründe von Ina R. bekannt. So handelt es sich bei ihrem Lebenspartner, dem ledigen und kinderlosen Sascha S. aus Bad Laasphe, um einen flüchtigen Häftling. Er war bis Anfang April unter anderem in der Justizvollzugsanstalt Senne wegen schwerer räuberischer Erpressung inhaftiert. Sascha S. kehrte am 2. April nicht mehr aus einem Urlaub in den offenen Vollzug in die Justizvollzugsanstalt Oelde zurück. Nach einem Bericht der „Westfalenpost“ war S. ein Zellengenosse des leiblichen Vaters der nun im Aostatal ausgesetzten Kinder. Der Mann war wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu zwei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er im November 2006 seine damals sieben Wochen alte Tochter Summer Rose so heftig geschüttelt hatte, dass sie kurz darauf starb. Ina R. bekam dennoch ein weiteres Kind von ihm, den heute acht Monate alten Junes.
In Italien hielten sich Ina R., Sascha S. und die drei Kinder wohl seit Mitte April auf. Am Wochenende strandeten die fünf im Aostatal, als ihrem Kleinwagen der Sprit ausgegangen war. Die „Westfalenpost“ zitiert den Wirt der Pizzeria „Il Capanno“ mit den Worten, die fünf hätten gewirkt wie normale Touristen, die von einem Regenschauer triefend nass geworden sind. Als die junge Mutter und ihr Freund nach dem Essen kurz nacheinander den Gastraum verließen, habe er zunächst geglaubt, sie seien eine Zigarette rauchen gegangen. Als die beiden dann nicht mehr auffindbar waren, sei ihm klargeworden, dass sie in der Pizzeria einen sicheren Ort für die drei Kinder gesucht hätten." FAZ 23.4.09 // Was läßt sich aus dieser Kindernamenwahl schließen?

- Großartig: "Stammzellforschung
Reprogrammierung ohne Gentransfer

Hans Schöler, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, dessen Arbeitsgruppe einer der Schrittmacher bei der Entwicklung von iPS-Zellen ist.
FAZ 23. April 2009 Einem deutsch-amerikanischen Forscherteam ist ein weiterer Durchbruch in der Stammzelltechnik gelungen. Die Biologen, darunter Hans Schöler vom Max- Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, programmierten Mäusezellen in pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen: induzierte pluripotente Stammzellen) zurück, ohne dafür Gene in die Zellen einzuschleusen. Die Reprogrammierung wurde lediglich durch die Zugabe einiger Proteine bewerkstelligt. Diese Technik könnte einmal die Nutzung der umstrittenen embryonalen Stammzellen ersetzen.
Dafür müssten diese Technik bei menschlichen Zellen erprobt und aus den neuen piPS-Zellen (protein-induzierte pluripotente Stammzellen) einzelne Gewebe entwickelt werden.Da die deutsch-amerikanische Gruppe im Gegensatz zu anderen Forschern keinerlei zusätzliche Gene in die Hautzellen einsetzte, umging sie geschickt die potenzielle Gefahr von Krebs bei einem möglichen späteren medizinischen Einsatz. „Bei den genetischen Eingriffen kann es zu einer Inaktivierung anderer Gene oder sogar zu einer Entartung der Zelle kommen“, erläuterte Schöler.
Ziel jahrelanger Versuche
„Die Zugabe von Proteinen dagegen stellt nach heutigen Kenntnissen kein Risiko für das Erbgut dar.“ Die nun gewonnenen piPS-Zellen entwickelten sich in die drei grundlegenden Keimblätter, aus denen in der Embryoentwicklung alle Organe und Gewebe hervorgehen. Das Team unter Leitung von Sheng Ding vom Scripps Research Institute in Kalifornien beschreibt die Arbeit im Journal „Cell Stem Cell“ (online vorab).
Auf dieses Verfahren haben viele Forscher jahrelang hingearbeitet. Der nächsten Schritt sei natürlich die Übertragung der Technik auf menschliche Zellen, sagte Schöler, und warnte vor verfrühten Hoffnungen. Der Einsatz solcher Zellen als alternative Quelle für Zellersatztherapien liege in fernerer Zukunft.
Patientenspezifisch Therapien im Blick
Mit den piPS-Zellen lassen sich laut Schöler auch Krankheitsentwicklungen analysieren und patientenspezifische Therapien optimieren. „Es ist möglich, eine Reihe von Krankheiten quasi in die Kulturschale zu bringen“, sagte der Stammzellforscher. Da die piPS-Zellen im Gegensatz zu den seit 2006 üblichen iPS-Zellen ohne genetische Eingriffe erzeugt wurden, „sind sie unbelasteter, und die Aussagen, die man aufgrund der Untersuchung solcher Zellen treffen kann, sind genauer.“
Das Forscherteam hatte zunächst vier Kontrollproteine zu den Zellen gegeben. Die Zellen nahmen die Proteine auf, verdauten sie aber nach kurzer Zeit. Daher musste der Zyklus viermal wiederholt werden, bis die Zellen vollständig zurückprogrammiert waren. Die Kontrollproteine ließen die Forscher von Bakterien produzieren. Bei diesen waren genau jene vier Gene angeschaltet, die zuvor zur Rückprogrammierung von Zellen dienten.
Eine rasante Entwicklung
Damit hat sich die Reprogrammierung von Zellen in den vergangenen drei Jahren rasant entwickelt: 2006 gelang es Biologen erstmals, Zellen mit Hilfe von vier Kontrollgenen in iPS-Zellen zurückzuentwickeln. Später benötigten sie immer weniger Gene oder setzten sie nur noch vorübergehend in die Zellen ein. Nun ist der Schritt zur genfreien Reprogrammierung gelungen.