Der US-Kongreß (Bild) besteht aus zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat.
Beide Kammern werden gewählt! Dies ist ein sehr großer Unterschied zu Deutschland, wo zwar auch 2 Kammern existieren, aber nur der Bundestag tatsächlich gewählt wird. Der Bundesrat, die Länderkammer, ist nur eine zehntel Portion und wird von den regierenden Länderparteien bestimmt. Auch hier kommt die wählerfeindliche Gesamthaltung des GG zum Ausdruck. Der Länderfinanzausgleich tut ein übriges, ordnungsgemäß sparsame Länder zu bestrafen.
In den USA gibt es diese Einrichtung nicht, jeder Einzelstaat ist für sein Ausgabeverhalten selbst verantwortlich.
7.05.2014 FAZ P. Bahner
"Demokratie kommt ohne Völker aus
"Demokratie kommt ohne Völker aus
Jürgen Habermas hat in
Princeton einen Plan zur Reform der Europäischen Union vorgelegt. Wenn es nach
ihm geht, soll die EU sich die amerikanische Verfassung zum Vorbild nehmen.
Jürgen Habermas hat in einem Vortrag an der Universität
Princeton seinen Plan für eine Reform der Institutionen der Europäischen Union
nach dem Muster der Verfassung der Vereinigten Staaten vorgestellt. Den Mangel
an demokratischer Legitimität soll ein Übergang zur parlamentarischen
Regierungsweise beheben. Der Clou: ein Zweikammersystem wie in
Washington. Den Ministerrat will Habermas in ein Staatenhaus überführen, in das
alle Mitgliedsstaaten die gleiche Zahl von Vertretern entsenden. Die Kommission
als Regierung wäre beiden Kammern verantwortlich.
Den Senat mit den zwei Senatoren pro Bundesstaat
rühmte Habermas als die große staatstheoretische Innovation der amerikanischen
Verfassungsgebung. Die Gründerväter hätten das Prinzip der Gleichheit der
Staaten aus dem Völkerrecht ins nationale Recht übertragen, um die Mitglieder
der Union vor der Überwältigung durch die Bundesgewalt zu schützen. In Europa
möchte Habermas durch dieselbe Vorrichtung erreichen, dass die Einzelstaaten
das in der jeweiligen nationalen Verfassungsgeschichte erreichte demokratische
Niveau verteidigen können. ...“
Zweifellos würde eine Verfassung nach dem Vorbild
des amerikanischen 2-Kammer-Systems die demokratische Legitimität der EU
erhöhen. Dies träfe auch für das System der Schweiz zu. Zu beiden Systemen
gehört aber eine große Selbständigkeit der Kantone und Einzelstaaten. Die
scheint Habermas gleichgültig zu sein. Damit rücken seine
Vorstellungen in ein Zwielicht, denn direkte Abstimmungen der Bürger haben
ihr Fundament in den Regionen. Dort besteht eine überschaubare politische
Öffentlichkeit, in der Gesetze und Regelungen diskutiert und Abstimmungen
durchgeführt werden können. Der einzelne Bürger hat jederzeit, der Möglichkeit
nach, eine Stimme, er stellt keinen 4-Jahres-Blankoscheck aus, den durch eine
5%-Hürde geschützte Parteien zu Versäulung ihrer Macht verwenden können. Je
größer die Einzelstaaten sind, desto schwieriger wird es für den einzelnen
Bürger, sich in einer politischen Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen, desto
schwächer wird sein Stand. Je schwächer er aber ist, desto stärker ist die
Regierung, die diesen Vorteil für sich und gegen den Bürger ausnützt, sei es
mit Vorschriften, sei es mit Fürsorge. Beides verzehrt die Freiheit des
Bürgers. Deswegen scheint mir das Schweizer Modell Vorzüge zu besitzen, weil
darin die Basisrechte des einzelnen Bürgers größere Chancen besitzen als im ebenfalls
akzeptablen US-Modell, das dem Präsidenten eine starke Stellung gibt. Die
Bundesregierung in Bern kann zwar Beschlüsse fassen und sie im Parlament
absegnen lassen, ob die aber in den Kantonen zum Zuge kommen, ist ungewiß. Dort
können Abstimmungen andere Ergebnisse erbringen, wie auch die Möglichkeit zu
schweizweiten Abstimmungsinitiativen die Politik der institutionell eher
schwachen Bundesregierung konterkarieren kann.
Für die Freiheiten des einzelnen Bürgers hat sich
Habermas jedoch nie interessiert. Er ist darin ein echter Aristoteliker, der
vom Staat aus denkt.